Ãœberrascht von Freude. C. S. Lewis

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Название Ãœberrascht von Freude
Автор произведения C. S. Lewis
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783765571510



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diese Rolle so bewusst wie ein Schauspieler, hielt sie unter unaussprechlicher Mühe aufrecht und ließ sie mit einem Seufzer der Erleichterung von mir abfallen, sobald mein Bruder und ich endlich in unsere Droschke taumelten und die Heimfahrt (der einzig angenehme Teil des Abends) begann. Ich brauchte Jahre, um zu entdecken, dass in einer gemischten Versammlung von Leuten in ihren besten Kleidern auch so etwas wie echte menschliche Kommunikation stattfinden konnte.

      Mich beeindruckt in diesem Zusammenhang die eigenartige Mischung aus Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit in unserem Leben. Man macht uns Vorwürfe für unsere wirklichen Fehler, aber in der Regel nicht bei den richtigen Gelegenheiten. Kein Zweifel, dass ich ein eingebildeter Junge war, und das warf man mir auch vor; aber diese Vorwürfe richteten sich meistens auf ein Verhalten, in dem sich diese Einbildung gar nicht ausdrückte. Erwachsene werfen Kindern oft Eitelkeit vor, ohne sich klarzumachen, in welcher Hinsicht Kinder im Allgemeinen oder dieses Kind im Besonderen wohl zur Eitelkeit neigen.

      So war es mir zum Beispiel jahrelang ein völliges Rätsel, warum mein Vater es als „Affektiertheit“ brandmarkte, wenn ich mich beklagte, dass die neue Unterwäsche kratzte und juckte. Heute ist mir alles klar; er dachte dabei an eine gesellschaftliche Legende, die eine empfindliche Haut mit Kultiviertheit in Verbindung bringt, und nahm an, ich wolle mich nur als besonders kultiviert darstellen. In Wirklichkeit hatte ich von dieser gesellschaftlichen Legende noch nie gehört, und wenn Eitelkeit dabei im Spiel gewesen wäre, so wäre ich viel stolzer darauf gewesen, eine Haut wie ein Seemann zu haben. Man warf mir also ein Vergehen vor, das zu begehen ich gar nicht fähig war.

      Bei einer anderen Gelegenheit nannte mich jemand „affektiert“, weil ich danach gefragt hatte, was „stir about“ sei. Nun steht dieser Ausdruck in der irischen Umgangssprache für Porridge. Und wer behauptet, das Niedere nicht zu kennen, der muss, das ist für manche Erwachsene offensichtlich, wohl vorgeben wollen, er stehe besonders „hoch“. Doch der wirkliche Grund für meine Frage war einfach, dass ich das Wort nun einmal noch nie gehört hatte; hätte ich es gekannt, ich wäre stolz darauf gewesen, es zu gebrauchen.

      Oldies Schule nahm, wie Sie sich erinnern werden, im Sommer 1910 ein von niemandem beklagtes Ende, sodass für meine weitere Ausbildung neue Vorkehrungen getroffen werden mussten. Mein Vater verfiel nun auf einen Plan, der mir höchst willkommen war. Ungefähr eine Meile von unserem neuen Haus entfernt erhoben sich die hohen Ziegelsteinmauern und Türme des Campbell College, das ausdrücklich zu dem Zweck gegründet worden war, Jungen aus Ulster alle Vorzüge einer Public-School-Ausbildung zu bieten, ohne dass sie dazu erst die Irische See überqueren mussten. Mein cleverer Cousin, der Sohn von Onkel Joe, war bereits dort und kam gut zurecht.

      Es wurde beschlossen, dass ich als Interner dorthin gehen sollte, aber jeden Sonntag die Erlaubnis bekam, nach Hause zu gehen. Ich war entzückt. Dass irgendetwas Irisches schlecht sein könne, glaubte ich nicht, nicht einmal eine Schule; zumindest gewiss nicht so schlecht wie alles, was ich bisher von England kannte. Also ging ich nach „Campbell“.

      Ich besuchte diese Schule nur für kurze Zeit, sodass ich nicht versuchen werde, sie zu beurteilen. Sie war ganz anders als alle englischen Public Schools, von denen ich je gehört habe. Auch dort gab es „Präfekten“, aber sie hatten keine Bedeutung. Offiziell waren auch dort die Schüler nach englischem Muster in einzelne „Häuser“ unterteilt, doch das war nur eine formale Fiktion, außer im Zusammenhang mit Mannschaftsspielen (die nicht obligatorisch waren) nahm kein Mensch Notiz davon. In sozialer Hinsicht war die Schülerschaft viel „gemischter“ als auf den meisten englischen Schulen; ich saß dort Seite an Seite mit Bauernsöhnen. Der Junge, mit dem ich einer Freundschaft am nächsten kam, war der Sohn eines Händlers, der noch bis vor Kurzem mit seinem Vater in dessen Lieferwagen die Runde gemacht hatte, weil der Fahrer Analphabet war und „die Bücher“ nicht führen konnte. Ich beneidete ihn sehr um diese angenehme Beschäftigung, und er, der arme Kerl, blickte darauf zurück wie auf ein goldenes Zeitalter. „Vor einem Monat, Lewis“, sagte er immer, „hätte ich um diese Zeit keine Aufgaben machen müssen. Ich wäre gerade von meiner Runde zurückgekommen und ein Eckchen am Tisch wäre zum Tee für mich gedeckt gewesen und es hätte Würstchen zum Tee gegeben.“

      Für mich als Historiker ist es stets ein Gewinn gewesen, dass ich Campbell kennengelernt habe, denn ich glaube, es war ganz ähnlich wie die großen englischen Schulen vor Arnolds Zeiten. Es gab richtige Kämpfe dort, mit Sekundanten und (glaube ich) auch Wetten und hundert brüllenden Zuschauern. Schikanen gab es auch, obwohl ich davon nicht ernsthaft betroffen wurde, und von der starren Hierarchie, die moderne englische Schulen beherrscht, war dort keine Spur zu finden. Jeder Junge nahm genau den Platz ein, den er sich durch seine Fäuste und seine Gewitztheit erringen konnte.

      Aus meiner Sicht war der größte Nachteil dort, dass man sozusagen kein Zuhause hatte. Nur einige der ältesten Schüler hatten eigene Arbeitszimmer. Wir anderen gehörten nirgendwohin, außer wenn wir bei den Mahlzeiten am Tisch saßen oder abends in einem riesigen „Aufgabensaal“ unsere Aufgaben machten. Die Freistunden verbrachte man damit, sich all den unerklärlichen Bewegungen entweder zu entziehen oder anzupassen, die eine Menschenmenge vollführt, wenn sie hier mal dünner und dort mal dichter wird, in einem Moment ihren Schritt verlangsamt und im nächsten wie eine Flut in eine bestimmte Richtung strömt, mal sich zu zerstreuen scheint und dann wieder zusammenklumpt. In den kahlen Ziegelsteingängen hallte ein ständiges Getrampel von Füßen wider, in das sich Pfiffe, Balgereien und stürmisches Gelächter mischten. Entweder war man in Bewegung oder man „hing herum“ – in Toiletten, in Lagerräumen, in der großen Eingangshalle. Es war fast so, als hätte man sein Domizil auf einem Bahnhof aufgeschlagen.

      Die Schikanen hatten den zweifelhaften Vorzug, dass es ehrliche Schikanen waren, im Gegensatz zu Schikanen, die durch das Präfektensystem gerechtfertigt und sanktioniert waren. Meistens gingen sie von Banden aus, Gruppen von acht oder zehn Jungen, die diese unendlichen Flure auf der Suche nach Beute durchstreiften. Ihre Angriffe, obwohl sie stürmisch waren, bemerkte das Opfer immer erst zu spät; wahrscheinlich gingen sie in dem allgemeinen, endlosen Durcheinander und Lärm unter. Wurde man gefangen genommen, so konnte das ernste Folgen haben; zwei Jungen, die ich kannte, wurden an einen verschwiegenen Ort verschleppt und vertrimmt – übrigens ohne jede Leidenschaft, denn ihre Entführer kannten sie nicht einmal persönlich; Vartpour Vart.

      Doch als ich das einzige Mal selbst erwischt wurde, war mein Schicksal viel milder und vielleicht eigenartig genug, um berichtet zu werden. Als ich wieder einigermaßen zu mir gekommen war, nachdem man mich mit halsbrecherischer Geschwindigkeit durch ein Labyrinth von Gängen geschleppt hatte, fand ich mich als einer von mehreren Gefangenen in einem niedrigen, kahlen Raum wieder, der (glaube ich) von einer einzigen Gasflamme spärlich beleuchtet wurde. Nach einer Pause zum Atemholen führten zwei der Wegelagerer den ersten Gefangenen hinaus.

      Ich bemerkte jetzt, dass entlang der gegenüberliegenden Wand ungefähr einen Meter über dem Boden mehrere Rohre waagerecht verliefen. Mit Beunruhigung, aber ohne Überraschung sah ich, wie der Gefangene gezwungen wurde, sich zu bücken und den Kopf unter das unterste Rohr zu stecken, sodass er genau die richtige Stellung für eine Abstrafung einnahm.

      Doch die Überraschung folgte auf dem Fuße. Sie erinnern sich, dass der Raum im Halbdunkel lag. Die beiden Banditen gaben ihrem Opfer einen Schubs, und im nächsten Augenblick war kein Opfer mehr da. Es war verschwunden; spurlos und ohne einen Laut. Es sah aus wie die reinste schwarze Magie.

      Ein weiteres Opfer wurde hinausgeführt; wieder musste es die Stellung für eine Abreibung einnehmen; und wieder kam statt der Abreibung – Auflösung, Atomisierung, Vernichtung.

      Endlich war ich selbst an der Reihe. Auch ich bekam den Schubs von hinten und – fiel durch ein Loch oder eine Luke in der Wand in einen finsteren Raum, der sich als Kohlenkeller erwies. Ein weiterer kleiner Junge kam mir hinterhergepurzelt, die Tür wurde hinter uns zugeschlagen und verriegelt und mit einem Freudengeheul stürmten unsere Entführer davon, um neue Opfer zu finden. Zweifellos befanden sie sich in einem Wettkampf mit einer rivalisierenden Bande, mit der sie am Ende ihre „Beute“ messen würden. Wir wurden bald wieder freigelassen, sehr schmutzig und mit ein wenig steifen Gliedern, aber sonst unbeschadet.

      Bei Weitem das Wichtigste, das mir in Campbell widerfuhr, war, dass ich dort Sohrab and Rustum im Unterricht