Dr. Norden Jubiläumsbox 9 – Arztroman. Patricia Vandenberg

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Название Dr. Norden Jubiläumsbox 9 – Arztroman
Автор произведения Patricia Vandenberg
Жанр Языкознание
Серия Dr. Norden Box
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740934224



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Lorenz ihr zu. Er knipste die Nachttischlampe an und sah ihr dabei zu, wie sie versuchte, auf einem Bein stehend aus der Hose zu schlüpfen. Der Versuch misslang. Glücklicherweise landete sie nicht auf dem Boden, sondern auf dem Bett. Glucksend ließ sie sich von ihrem Freund aus der Hose helfen und kroch schließlich zu ihm unter die Decke.

      »Hmmm, du riechst so gut!«, murmelte sie und kuschelte sich eng an ihn. »Wie hab ich es nur so lange ohne dich ausgehalten?« Dieser Gedanke kam ihr immer wieder einmal den Sinn.

      »Das frage ich mich auch immer wieder«, gestand Lorenz und vergrub seine Nase in ihrem duftenden Haar.

      »Glaubst du, wir wären zusammen geblieben, wenn du nicht nach Amerika gegangen wärst?« Auf einmal war Janine völlig nüchtern und starrte Löcher in die dunkle Nacht. Wie so oft in letzter Zeit musste sie an die Zeit denken, als ihr ehemaliger Verlobter den Auftrag seines Vater bekommen hatte, in Amerika eine Zweigstelle der erfolgreichen Medizintechnik-Firma zu eröffnen. Natürlich hatte Lorenz sie gebeten, mit ihm zu kommen. Doch ihre neue Stelle in der Praxis Dr. Norden hatte sie davon abgehalten. Ein paar Monate hatte Janine mit Lorenz eine Fernbeziehung geführt, ehe ihre Liebe still und leise zu Ende gegangen war.

      Seither hatte es immer mal wieder einen Mann in ihrem Leben gegeben. Doch nie war mehr daraus geworden, und allmählich sehnte sich Janine wieder nach einer festen Beziehung. In diese Sehnsucht hinein war Lorenz aus Amerika zurückgekommen. Seinem Vater, dem alten Patriarchen Carl Herweg, ging es gesundheitlich nicht gut, und der Sohn erwog, ganz nach Deutschland zurückzukehren. War das eine neue Chance für ihre Liebe? »Hätten wir dann sogar geheiratet?«

      »Ehrlich gesagt weiß ich es nicht. Aber das können wir ja jetzt herausfinden«, schien Lorenz ihre Gedanken lesen zu können. »Ich jedenfalls hätte gute Lust dazu.«

      Janine antwortete nicht sofort, sondern genoss seine sanften Berührungen auf ihrer Haut und den Schauer, den seine zärtlichen Hände über ihren Rücken jagten.

      »Ich glaube, ich auch.«

      Diese verhaltene Antwort irritierte Lorenz.

      »Du glaubst es?«, hakte er verunsichert nach.

      »Wenn es nur um dich ginge, würde ich mich sofort kopfüber in das Abenteuer stürzen«, versuchte Janine, ihn zu beruhigen. »Dein Vater ist der einzige Wermutstropfen in dieser Geschichte.« Der alte Patriarch hatte alles dafür getan, die Beziehung zwischen seinem Sohn und der neun Jahre älteren ehemaligen Krankenschwester zu stören.

      »Mein Vater kann froh sein, dass ich in Amerika alles stehen und liegen gelassen habe und zu ihm gekommen bin«, erklärte Lorenz eigensinnig. »Ich lasse es nicht zu, dass er sich in meine Angelegenheiten einmischt. Nicht mehr.«

      »Aber er wird es wieder versuchen, wenn er von uns erfährt«, seufzte Janine. »Deshalb halten wir es lieber vor ihm geheim.« Sie schmiegte sich noch enger an Lorenz und schloss die Augen. In seinen Armen fühlte sie sich so sicher wie nirgendwo sonst auf der Welt und ehe sie es sich versah, war sie in einen tiefen Schlaf gefallen, der keinen Platz für Träume ließ.

      *

      »Wo bin ich? Was ist passiert?« Aufgeschreckt durch ein Zerren an ihrem Arm fuhr Janine hoch.

      Entgeistert starrte sie den Mann an, der vor ihr stand und auf sie einredete.

      »Janine, komm, du musst aufstehen. Meinem Vater geht es schlecht. Seine Haushälterin hat angerufen. Er ist am Frühstückstisch zusammen gebrochen.«

      Mit einem Satz war Janine aus dem Bett. Sie achtete nicht auf den dröhnenden Kopfschmerz und auch nicht auf ihre trockene Kehle. In Windeseile wusch sie sich und zog sich an, und nur zehn Minuten später waren sie auf dem Weg zu Carl Herweg.

      »Was ist passiert?«, erkundigte sich Lorenz bald darauf bei der Haushälterin, bemüht darum, seiner Stimme einen festen Klang zu verleihen. »In letzter Zeit ging es ihm doch wieder besser.«

      »Ich weiß auch nicht, was plötzlich los ist«, klagte Kirsten und führte Sohn und Freundin ins Wohnzimmer, wo Carl Herweg auf der Couch lag. »Heute früh hat sich seine Arm- und Beinmuskulatur plötzlich verkrampft. Zuerst war auch das Gesicht betroffen, aber das ist wieder besser geworden.«

      Lorenz nickte und trat ans Krankenlager seines Vaters.

      »Hallo, Vater«, begrüßte er ihn trotz seiner Sorgen zurückhaltend. Seit der alte Patriarch ihn nach Atlanta geschickt hatte, hatte sich das Verhältnis zwischen Vater und Sohn wieder getrübt. »Ich habe vorsichtshalber Janine mitgebracht«, erklärte er die Anwesenheit seiner Freundin.

      »Was will sie hier? Sie konnte mir in der Praxis auch nicht helfen. Und Dr. Norden auch nicht«, schimpfte Carl Herweg trotz seiner Beschwerden ungehalten. »All die unnötigen Untersuchungen… macht es euch eigentlich Spaß, unschuldige Bürger zu drangsalieren?«, wandte er sich an Janine, die sich unverzüglich an die Arbeit gemacht hatte und Puls und Atmung kontrollierte.

      »Einen Vorteil hatten Ihre Besuche bei uns allemal«, gab die ehemalige Krankenschwester unbeeindruckt zurück. »Im Normalfall würde ich Sie für einen Schlaganfallpatienten halten und sofort in die Klinik bringen lassen.«

      »Und in meinem besonderen Fall?«, erkundigte sich der alte Herweg ungeduldig.

      »Rate ich auch ohne diese Diagnose zur Klinik«, gab Janine lakonisch zurück. »Es wird Zeit, dass wir Ihrer Erkrankung endlich auf den Grund gehen.«

      Bei diesen Worten schoben sich Carl Herwegs buschige, graue Augenbrauen unheilverkündend über seinen Augen zusammen.

      »Sie wissen genau, dass ich nicht in die Klinik will«, polterte er zornig.

      »Bisher haben Dr. Norden und alle anderen diesen Wunsch respektiert. Aber wie krank wollen Sie noch werden, bevor Sie sich helfen lassen?«, stellte Janine eine berechtigte Frage. Sie hatte alle Untersuchungen gemacht, die sie beherrschte. Den Rest musste sie den Ärzten in der Klinik überlassen.

      »Helfen? Als ob Sie mir schon je geholfen hätten«, ließ sich Carl Herweg nicht beeindrucken.

      Es war schließlich Lorenz, der ein Machtwort sprach und anschließend die Nummer der Behnisch-Klinik wählte. Gleichzeitig telefonierte Janine mit der Praxis, um Wendy mitzuteilen, dass sie später zur Arbeit kommen würde. Der Name ›Carl Herweg‹ genügte, damit die langjährige Assistentin von Dr. Norden im Bilde war.

      »Na, dann viel Spaß!«, scherzte Wendy und konnte sich lebhaft vorstellen, wie Janine am anderen Ende der Leitung die Augen verdrehte. »Der Senior schaut übrigens auch gleich in der Klinik vorbei. Er ist schon unterwegs«, fügte sie tröstend hinzu und verabschiedete sich von ihrer Freundin und Kollegin.

      Nicht lange danach lief Janine neben der Krankenliege des alten Herweg durch die Notaufnahme. Ein paar Kollegen waren herbeigeeilt und ließen sich informieren.

      »Das hier ist Carl Herweg«, erklärte Janine. Sie hatte früher als Krankenschwester gearbeitet und kannte viele der Mitarbeiter. So auch Schwester Elena, die sich ebenfalls um den Patienten bemühte. »Er ist beim Frühstück zusammen gebrochen und hatte Krampfanfälle in Armen, Beinen und Gesicht.«

      »Schlaganfall?«, war Matthias Weigands erster Verdacht. Er war an diesem Morgen für die Ambulanz zuständig und übernahm das Klemmbrett mit den wichtigsten Daten, die die Sanitäter schon aufgenommen hatten.

      Janine verneinte.

      »Er leidet schon seit Wochen unter Kopfschmerzen und Abgeschlagenheit. In der Hirnflüssigkeit fanden sich vermehrt Zellen, Eiweiß und Zucker.«

      »Klingt nach aseptischer Meningitis«, bemerkte der Internist.

      Doch Janine schüttelte den Kopf.

      »Das haben die Kollegen auch schon vermutet. Aber im Kernspin fiel ihnen eine Region in der Mitte des Gehirns auf, die anders aussah als gewohnt. Weitere Untersuchungen wurden nicht gemacht, weil Herr Herweg nicht wollte«, bemerkte sie mit einem strengen Blick auf den Patienten.

      »Warum soll ich in der Klinik sein, wenn es mir besser geht?«, schimpfte der alte Mann