Die beliebtesten Jungmädelgeschichten von Else Ury. Else Ury

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Название Die beliebtesten Jungmädelgeschichten von Else Ury
Автор произведения Else Ury
Жанр Книги для детей: прочее
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Издательство Книги для детей: прочее
Год выпуска 0
isbn 9788027238576



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Bedeutung. Also erst eine große Tüte mit Kirschen erstanden. Selig nahmen sie Vronli und Kaschperle in Empfang.

      »Nachher darf der Kaschperle die Kirschle auch trage, gelt, Tanteli?« bat der Kleine.

      Annemarie nickte freundlich.

      »‘s ischt noch zu arg klein, ‘s Büble, dasch geht nit«, spielte sich Vronli als große Schwester auf.

      Annemarie maß der Debatte keine weitere Bedeutung zu. Sie hatte wichtige Überlegungen. Sollte sie heute abend Schmarren mit geschmorten Stachelbeeren vorbereiten, wie man es mittags mit den Freundinnen verabredet hatte? Es gab lebende Fische auf dem Markt – »arg guet sein’s«, pries sie die Verkäuferin an. Freilich, die Vor-und Zubereitung derselben war Annemarie ein Buch mit sieben Siegeln. Aber wozu gab’s denn eine Frau Veronika? Wie würden die Freundinnen staunen, wenn sie ihnen so ein extragutes Mahl auftischte.

      Die Fische wurden erstanden. Auch Stachelbeeren, Eier, Butter und Tomaten wanderten in den Korb.

      »So, Kinder, nun können wir heim!« Stolz wandte Annemarie sich nach ihren kleinen Trabanten um. Ja, wo waren denn die? Ihr Blick überflog die Reihen mit farbenleuchtenden Obst-und Gemüseständen.

      Kein Vronli, kein Kaschperle. Aber dort am Neptunsbrünnle, wo die Fischstände waren, erklang eine schreiende Kinderstimme. Die mußte zum Kaschperle gehören.

      »Vronli, Kaschperle, was ist denn?« Annemarie beschleunigte ihren Schritt. Sie dachte nicht anders, als den Kindern sei etwas zugestoßen.

      »Gibscht oder gibscht nit, du garscht’ges Ding du!« Mit beiden Fäusten ging der kleine Wüterich auf die Schwester zu, die lachend die Tüte mit Kirschen hoch über ihrem Kopf hielt.

      »Grein’ doch nit so, Büble, ‘sch Mädle wird di scho’ Kirschle gebe«, begütigte eine dicke Marktfrau den schreienden Buben.

      Aber »‘sch Mädle« dachte gar nicht daran.

      »Arg wüscht bischt, lueg, da kommt’sch Tanteli«, versuchte es den Kleinen von der Tüte abzulenken.

      Der aber wollte nicht das Tanteli, sondern die Kirschen. Ein erneuter Ansturm, diesmal auch noch von nagelbeschlagenen Stiefeln unterstützt, erfolgte. Annemarie, die sich vergeblich bemühte, die kleinen Kampfhähne zu trennen, geriet mitten in das Kriegsgewühl.

      »Schämst du dich denn gar nicht, Kaschperle, so unartig zu sein – Vronli, ich nehm’ euch nie wieder mit zum Einkaufen –

      Annemaries Stimme verhallte unter Kaschperles Gebrüll.

      Das junge Mädchen hob den Arm, um Vronli die Kirschen der Zwietracht zu entreißen. Ein Stoß, ein wütender, von Kaschperles kräftigen kleinen Armen, da flog der bunte Marktkorb mit seinem noch bunteren Inhalt mitten hinein in das Steinbassin des Neptunsbrünnle. Die Fischlein, die das Heimatselement fühlten, begannen sofort dem sie einengenden Papier sich zu entwinden und luftig in dem klaren Wasser umherzuschwimmen. Die Butter und die Tomaten schwammen als Soße zur gefälligen Auswahl hinterdrein. Dazwischen segelte Frau Veronikas Marktkorb. Die Stachelbeeren waren nach allen Himmelsrichtungen entsprungen. Ach, und die Eier – die Eier waren das allerschlimmste! An Annemaries weißem Sommerkleid sickerte es goldgelb herab, in Kaschperles braunem Kraushaar leuchtete es golden und Vronlis Schürzlein hatte auch sein Teil abbekommen.

      Die klebrigen Eiweißhände weit von sich spreizend, stand Doktors Nesthäkchen »versteinert«, wie der Neptun droben, mitten auf dem Tübinger Marktplatz.

      Gerechter Strohsack – da schwammen all die guten Dinge, auf deren Einkauf sie so stolz gewesen. Und obendrein noch das Lachen und gutmütige Spötteln der Marktweiber ringsum.

      »Fangen’s doch d’ Fischle wieder – Kinderle, geht’s daher, sucht’s halt de Beerle z’samme!« Von allen Seiten regnete es gute Ratschläge.

      Doktors Nesthäkchen wäre am liebsten auf und davon gelaufen. Aber es konnte die teuren Sachen doch unmöglich preisgeben. In manch einer ungewöhnlichen Situation hatte es sich schon befunden und stets den Humor dabei behalten und mit den anderen um die Wette gelacht. Aber heute versagte der Humor.

      »Sollen wir angeln helfen, Fräulein Annemarie?« Eine lustige Männerstimme erklang hinter der Erstarrten. Alles Blut sagte sie ihr zum Herzen. Rudolf Hartenstein, den photographischen Apparat in der Hand, mit dem er Stadtaufnahmen gemacht, stand hinter ihr, daneben Anneliese Bergholz. Sie lachte Tränen über das malerische Stilleben im Neptunsbrünnle.

      Das überlebte Annemarie nicht. Ohne zu überlegen, tat sie das, was sie gleich hatte tun wollen – heidi – fort war sie!

      »Aber Fräulein Annemarie, Sie tun ja grad’, als ob Ihnen alle Felle davongeschwommen wären. Es sind doch halt nur Fische!« Vergeblich versuchte Rudolf die Flinke einzuholen. »Geben’s mir doch wenigstens eine Hand – – –«

      Was – die klebrigen Eierpfoten? Das fehlte gerade noch. Annemarie beschleunigte das Tempo. Eiligst in eins der alten Giebelhäuser hinein, die Stiegen hinauf, nun kam sie in der oberen Gasse wieder Im Erdgeschoß heraus. Sie kannte sich hier schon gut aus. So – ein tiefer Atemzug – sie war ihrem Verfolger entgangen.

      Was würde Frau Veronika nur sagen? Ohne Korb, ohne Ware und ohne Kinder kam sie zurück. Letztere sammelten noch immer Stachelbeeren auf dem Marktplatz ein.

      Scheu schlich sie sich an der Küche vorbei. Oben angelangt, nahm sie erst die Reinigung ihres äußeren Menschen vor. Gut, daß Marlene und Ilse sie nicht in diesem Aufzug erblickten, daß die im Kolleg waren. Das gäbe sonst sicher Anlaß zu endlosen Neckereien.

      Eigentlich hatte sie sich doch mächtig dämlich benommen, daß sie auf und davon gelaufen war. Wie meistens kam Nesthäkchen erst hinterher zu dieser Einsicht. Gute Miene zum bösen Spiel machen und retten, was noch zu retten war. Das wäre viel schlauer gewesen. Wenn sie es sich jetzt nachträglich klar machte, so war es weniger das Erscheinen von Rudolf Hartenstein, als das Lachen seiner Cousine, das sie in die Flucht gejagt. Von der wollte sie sich nicht auslachen lassen. Nein, von der nicht! Und da benahm sie sich wie ein dummes Gör und gab durch ihr Davonlaufen erst recht Grund zum Lachen. Nesthäkchen ballte die Hände. Krebsrot wurde es vor Ärger.

      »Fräulein Annemarie – Fräulein Annemarie!« Vom Gärtchen her erklang Dr. Hartensteins Stimme.

      Sollte sie sich taub stellen?

      »Kommen’s nur, Fräulein Annemarie, wir haben halt alles wieder beieinand’«, schallte es von neuem herauf.

      Nesthäkchen schielte durch die Gardine. Er war allein, ohne die Cousine. In der Hand schwang er ein Netz mit Fischen. Vronli und Kaschperle mit Korb und Tüten, durchaus nicht schuldbewußt, sondern ganz fidel an seiner Seite.

      Wie der Wind war Annemarie unten.

      »Herr Doktor, was haben Sie bloß von mir gedacht – – –«

      »Daß es leichter ist, Medizin zu studieren, als auf dem Wochenmarkt Einkäufe zu machen«, lachte Rudolf. »So – da wären die Fischle, kragt’s alles dem Mutterli in die Küche, Kinderle. Und ein andermal seid’s braver. Und Sie, Fräulein Annemarie, müssen’s halt jetzt auch brav sein, und zum Dank, daß ich so fleißig für Sie geangelt hab’, den versprochenen Spaziergang mit mir machen.«

      »Gehen Sie denn nicht mit Ihrer Cousine Anneliese?« Halb freudig, halb zaghaft klang’s.

      »Nein, ich geh’ halt mit der Annemarie«, lachte der junge Arzt.

      Was dachte Doktors Nesthäkchen jetzt noch an Fische, Schmarren und Stachelbeeren und an die hungrigen Freundinnen! Es schritt an Rudolf Hartensteins Seite über rebduftende Höhen bei Grillengezirpe und Sonnengeflirr weit hinaus ins Neckartal.

      Und hätte sich die gute Frau Veronika nicht erbarmt, dann hätte man im Dreimäderlhaus heute hungrig zu Bette gehen müssen.

      9. Kapitel

       Lustige Schwabenstreiche