Название | Der Pilger Kamanita: Ein Legendenroman |
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Автор произведения | Karl Gjellerup |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 4064066118839 |
"Ich sehe, lieber Freund," fuhr der schlimme Spaßmacher fort, "daß dieser Gedanke von dem Zauber Kamas dich in großen Schrecken versetzt, und in der Tat müssen wir etwas tun, um seinem Zorn zu entgehen. Da ist aber ein Weiberrat nicht zu verachten. Ich will dies magische Bild meiner geliebten Medini zeigen, die auch mit beim Tanze war und überdies die Milchschwester der schönen Vasitthi ist."
Hiermit wollte er sich mit dem Bilde entfernen. Da ich nun wohl merkte, was der Schelm vorhatte, hieß ich ihn warten, weil dem Bilde noch eine Inschrift fehlte. Ich mischte mir die schönste feurig-rote Farbe und in gar kurzer Zeit schrieb ich mit den zierlichsten Schriftzügen einen vierzeiligen Vers, der sehr einfach den Vorgang mit dem goldenen Ball erzählte. Wenn man aber die Zeilen rückwärts las, besagte der Vers, daß jener Ball, mit dem sie gespielt hatte, mein Herz sei, das ich selber ihr zurückschickte, wenn sie es auch davonjage; man konnte aber auch den Vers quer durch die Zeilen von oben nach unten lesen, und dann enthielt er eine Klage über die Verzweiflung, in die mich die Trennung von ihr gestürzt hatte; las man aber in umgekehrter Richtung, dann wurde man gewahr, daß ich doch zu hoffen wagte.
Von dem, was ich solchermaßen hineingeheimnißt hatte, ließ ich aber nichts verlauten, und so war denn Somadatta von dieser Probe meiner Dichtkunst, die ihm gar zu einfach schien, auch nicht sonderlich erbaut. Er meinte, ich müsse durchaus davon sprechen, wie Gott Kama, durch meine Askese in Schreck versetzt, das Zauberbild zu meiner Versuchung hervorgezaubert und mich dadurch überwunden hätte--wie denn jeder immer am meisten von seinem eigenen Witze entzückt ist.
Als nun Somadatta das Bild entführt hatte, fühlte ich mich in einer gehobenen und tatkräftigen Stimmung, weil doch nun ein Schritt getan war, der vielleicht in seinen Folgen zum ersehnten Glücksziel führen mochte. Ich konnte wieder essen und trinken, und nachdem ich mich gestärkt hatte, nahm ich die Vina von der Wand und ließ ihre Saiten bald melodisch seufzen, bald jubeln, während ich den himmlischen Namen Vasitthi in immer neuen Tönen wiederholte.
So fand mich denn auch Somadatta, als er mehrere Stunden später mit dem Bild in der Hand wieder hereintrat.
"Die ballspielkundige Zerstörerin deiner Ruhe hat auch gedichtet," sagte er, "aber vielen Sinn finde ich eben nicht in ihren Versen aufgespeichert, wenn auch die Schrift für ungewöhnlich hübsch gelten darf."
Wirklich gewahrte ich--mit welchem Entzücken, vermag ich nicht zu sagen--einen zweiten Vierzeiler, der mit Schriftzügen wie zarte Blütenzweige auf das Brett gleichsam hingehaucht war. Somadatta freilich hatte keinen Sinn darin finden können, denn das Ganze bezog sich eben auf das, was er nicht bemerkt hatte, und zeigte mir, daß die Holde meine Strophe in allen Richtungen--rückwärts, nach unten und aufwärts--richtig gelesen hatte, was mir einen hohen Begriff von ihrer Bildung und ihren Kenntnissen gab, wie denn auch ihr feiner Geist sich in der anmutig scherzenden Wendung zeigte, mit welcher sie meine feurige Erklärung als eine höfliche Galanterie hinnahm, der man nicht allzu große Bedeutung beimessen dürfe.
Nun versuchte ich freilich auch dieselben Lesemethoden auf ihre Strophe anzuwenden, in der Hoffnung, vielleicht doch ein verblümtes Geständnis oder irgend eine geheime Botschaft, wohl gar die Einladung zu einem Stelldichein darin zu finden; jedoch vergeblich. Ich sagte mir denn auch sogleich, daß dies gerade ein Beweis der höchsten und feinsten weiblichen Gesittung sei: die Liebliche zeigte mir, daß sie wohl imstande sei, die Subtilität und die verwegenen Pfade des männlichen Geistes zu verstehen, daß sie sich aber nicht verleiten lasse, seinen Spuren zu folgen.
Über meine enttäuschte Erwartung wurde ich nun auch sofort durch die Worte Somadattas getröstet.
"Aber diese Schönbrauige, wenn sie auch keine große Dichterin ist, hat doch wahrlich ein gutes Herz. Sie weiß, daß ich schon seit langer Zeit meine geliebte Medini, ihre Milchschwester, nicht gesehen habe, außer in großer Gesellschaft, wo nur die Augen sprechen können, und auch die nur verstohlen. Und so gibt sie uns Gelegenheit, uns in der folgenden Nacht auf der Terrasse des väterlichen Palastes zu treffen. Diese Nacht ist es leider nicht möglich, weil ihr Vater ein Gastmahl gibt; so lange müssen wir uns also gedulden. Vielleicht hast du Lust, mich bei diesem Abenteuer zu begleiten?"
Dabei lachte er ganz verschmitzt, und ich lachte ebenso und sicherte ihm meine Begleitung zu. In der vortrefflichsten Laune nahmen wir das Brettspiel, das an die Wand gelehnt war, und wollten uns durch diese den Geist anregende Beschäftigung die Zeit verkürzen, als ein Diener hereintrat und sagte, ein Fremder wünsche mich zu sprechen.
Ich ging in die Vorhalle und traf da den Bedienten des Gesandten, der mir sagte, ich müsse mich zur Abreise fertig machen und mich schon in dieser Nacht mit meinen Wagen im Hofe des Palastes einfinden, damit man beim ersten Morgengrauen aufbrechen könne.
Meine Verzweiflung kannte keine Grenzen. Ich wähnte, ich müsse unversehens irgend eine Gottheit beleidigt haben. Sobald ich meine Gedanken einigermaßen sammeln konnte, stürzte ich zum Gesandten und log ihm eine Menge vor von einem Geschäft, das noch nicht ganz abgewickelt wäre und unmöglich in so kurzer Frist zum gedeihlichen Abschluß gebracht werden könnte. Mit heißen Tränen beschwor ich ihn, die Reise nur noch um einen Tag zu verschieben.
"Du sagtest mir doch schon vor acht Tagen, daß du fertig wärest," entgegnete er.
Ich aber versicherte ihm, daß sich nachher unverhofft noch eine Aussicht auf einen bedeutenden Gewinn eröffnet hätte. Und das war auch keine Unwahrheit, denn welcher Gewinn hatte für mich mehr zu bedeuten, als die Eroberung dieses unvergleichlichen Mädchens?--Und so gelang es mir denn endlich, ihm diesen einen Tag abzulisten.
Die Stunden des folgenden Tages vergingen schnell mit den nötigen Reisevorbereitungen, so daß mir die Zeit, trotz meiner Sehnsucht, nicht allzu lang wurde. Als der Abend hereinbrach, standen die Karren beladen im Hof. Alles war zum Vorspannen bereit, um, sobald ich--noch vor Morgengrauen--erschien, aufbrechen zu können.
VI. AUF DER TERRASSE DER SORGENLOSEN
ls es nun völlig Nacht geworden war, begaben wir, Somadatta und ich, uns in dunkelfarbiger Kleidung, hoch aufgeschürzt, fest gegürtet und das Schwert in der Hand, nach der Westseite des palastartigen Hauses des reichen Goldschmiedes, wo sich die Terrasse über der steilen Felswand einer Schlucht befand. Mit Hilfe einer mitgebrachten Bambusstange erkletterten wir nun, die wenigen Vorsprünge geschickt benutzend, die in tiefen Schatten gehüllte Felsenwand, überstiegen dann mit Leichtigkeit die Mauer und befanden uns nun auf einer großen, mit Palmen, Asokabäumen und prächtigen Blumenpflanzen aller Art geschmückten Terrasse, die, in Mondlicht gebadet, sich vor uns ausbreitete.
Nicht weit von mir entfernt sah ich die der Lakshmi ähnliche Großäugige, die mit meinem Herzen Ball spielte, neben einem jungen Mädchen auf einer Ruhebank sitzen, und bei diesem Anblick fing ich an so heftig an allen Gliedern zu zittern, daß ich mich an die Brüstung lehnen mußte, deren marmorne Kälte meine in Feuersglut schon entschwindenden Sinne erfrischte und stärkte. Indessen war Somadatta auf seine Geliebte zugeeilt, die mit einem leisen Ruf aufgesprungen war.
Nun faßte ich mich denn auch so weit, daß ich mich der Unvergleichlichen nähern konnte, die, anscheinend überrascht durch die Ankunft eines Fremden, sich erhoben hatte und unschlüssig schien, ob sie bleiben oder gehen sollte, während sich ihr Auge, wie das der erschreckten jungen Antilope, wiederholt mit Seitenblicken aus dem äußersten Augenwinkel auf mich richtete, wobei sie wie eine vom leisen Winde geschaukelte Ranke bebte. Ich aber stand da in beständig wachsender Verwirrung, mit gesträubten Wangenhaaren und weit aufgeblühten Augen und konnte nur mühsam einige Worte von dem unverhofften Glück, sie hier zu treffen, hervorstammeln. Als sie aber meine große Zaghaftigkeit bemerkte, schien sie selber ruhiger zu werden. Sie setzte sich wieder auf die Bank und lud mich mit einer lässigen Bewegung ihrer Lotushand ein, neben ihr Platz zu nehmen, während sie mit einer Stimme, die sehr leicht und gar lieblich zitterte, mir versicherte, sie sei sehr glücklich