Название | Der Geist von King Valley |
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Автор произведения | Zsolt Majsai |
Жанр | Языкознание |
Серия | Geschichten einer Kriegerin |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783956673399 |
Aber wieso wollen sie das Zeug mir andrehen?
Eigentlich weiß ich die Antwort: Weil ich mich von Anfang an standhaft weigere, in teuren Designerklamotten herumzulaufen, auch im Büro, von wenigen Ausnahmen abgesehen, wenn die Umstände es zweckmäßig erscheinen lassen. Man sieht mir schlichtweg nicht an, wer ich bin.
Im Vorgarten meiner Eltern steht eine riesige Hüpfburg und daneben ein nicht weniger riesiges Zelt, in dem Futter und Getränke für die Eltern verkauft werden, während die Sprößlinge durch die Gegend hüpfen.
Ich schaffe es, unbemerkt in unser Haus zu gelangen, finde aber nur Danny vor. Er beschwert sich lautstark über die ungewohnten Umstände. Nur wo Herrchen ist, das erzählt er mir nicht.
Kurzerhand greife ich nach der Leine und beschließe, dass mir im Moment egal ist, was James treibt. Wahrscheinlich wurde auch er eingespannt und steht an irgendeinem Waffelverkaufsstand. Selbst schuld, wenn er das mit sich machen lässt.
Ich überlege kurz, in welche Richtung ich gehen soll, und entscheide mich für rechts. Wenn ich zurückgehe Richtung Auto, muss ich wieder am Grundstück meiner Eltern vorbei, und es ist nicht sicher, dass ich auch ein zweites Mal Glück habe.
Das Straßenfest reicht in den Park hinein, spart aber die letzten zehn Grundstücke aus. Ich beschließe spontan, bis zum Ende von King Valley zu laufen, was Danny mit irritierten Blicken quittiert. Da er aber angeleint ist, bleibt ihm nichts anderes übrig, als mir zu folgen. Und schon bald hat er vergessen, dass er eigentlich einen anderen Weg gehen wollte.
Während ich den Lärm allmählich zurücklasse, taucht vor mir das Ende der Straße auf. Nach dem letzten Haus beginnt ein Waldstück, durch das ein asphaltierter Weg führt, über den man hinunter an die Küste fahren kann.
Meine Aufmerksamkeit wird plötzlich von einer Katze in Anspruch genommen. Um genau zu sein, ist es eigentlich Danny, der auf die Katze aufmerksam wird, er teilt mir nur auf seine Art mit, dass ihn die Katze wirklich sehr, sehr interessiert.
Und da er inzwischen nicht mehr angeleint ist, verschwinden Katze und Hund in der engen Gasse zwischen Hausnummer 64 und 68.
Wobei, Gasse ist dafür eindeutig übertrieben. Früher, vor mindestens zweihundert Jahren, war hier vielleicht mal ein Fußweg. Jetzt ist er jedenfalls zugewuchert und nur für Katzen und dickfellige Retriever als Weg nutzbar. Für Frauchen in einem dünnen, kurzärmeligen T-Shirt, Jeans und Slippern ist er eine Zumutung. Eine schmerzhafte, da die Dornen sich nicht nur ineinander, sondern auch in Frauchens Haut verhaken. Von daher ist es kein Wunder, dass sie wild fluchend und schimpfend dort ankommt, wo den Retriever offensichtlich seine Jagdbegeisterung verlassen hat.
„Verdammte Scheiße, Danny! Bist du völlig bescheuert geworden? Mann!“
Danny schaut kurz hoch, dann schnuppert er intensiv weiter. Was ist denn mit dem los? Ich beschließe, mir genauer anzusehen, was sein Interesse geweckt hat.
Ich mustere den Kellereingang. Ob das die Reste von Hausnummer 66 sind? Das hieße ja, dass es früher tatsächlich noch ein weiteres Haus hier gegeben hat. So wie der Kellereingang liegt, müsste die 68 eigentlich 66 heißen. Sehr merkwürdig.
Ich sehe Danny an, der neben mir sitzt und mich beobachtet.
„Du bist damit noch nicht aus dem Schneider“, erkläre ich ihm. „Deinetwegen wurde meine Fähigkeit, mich zu regenerieren, stark in Anspruch genommen. Und da runter kommen wir auch nicht, das ist so zugewuchert, ich würde einige Liter Blut verlieren, bis ich es freigelegt hätte. Und auch wenn es dir zu verdanken ist, dass ich nun weiß, was sich hier befindet, entschuldigt das noch lange nicht den Schock, den du der armen Katze versetzt hast.“
Danny wedelt mit dem Schwanz, sagt aber sonst nichts dazu. Typisch Mann eben.
„Ich glaube, du hast kein Gewissen, mein Lieber. Na komm, wir gehen zurück in die Zuvilisation.“
Der Hund bellt erfreut, als wir uns auf den Rückweg begeben, und rennt vor. Jetzt hätte ich gern sein dickes Fell.
Plötzlich spüre ich etwas, wie ein Berührung, und bleibe abrupt stehen. Eigentlich war es zu leicht für eine echte Berührung, mehr wie ein Windhauch. Ich sehe mich um. Früher hätte ich das als Halluzination abgetan, aber da ich nun schon seit über einem Jahr weiß, dass diese Welt auch von ziemlich üblen Gestalten bevölkert wird, die man als normaler Mensch oft gar nicht wahrnimmt, bin ich wachsamer geworden.
Ich kann nichts sehen oder hören, was irgendwie verdächtig wäre. Vielleicht habe ich es mir tatsächlich nur eingebildet. Meine Nerven sind sicherlich nicht die besten seit der Sache mit Emily und den Vampiren.
Aber eigenartig ist das schon.
Der Scheibenwischer läuft mit höchster Geschwindigkeit, trotzdem sehe ich kaum durch die Windschutzscheibe. Einen so heftigen Regen habe ich schon lange nicht mehr erlebt. Ohne meine erweiterten Sinne als Kriegerin müsste ich im Schritttempo fahren, wie die anderen auch.
Trotzdem fahre ich langsamer, als ich eigentlich könnte, um nicht aufzufallen. Dass ich etwas schneller bin als alle anderen, das kann ich zur Not mit der Technik, über die mein Wagen verfügt, erklären.
Kurz bevor ich auf die King Valley einbiege, regnet es immer noch heftig. Das Wasser steht auf der Straße und massiert den Unterboden des Autos. Kurzentschlossen fahre ich auf das Grundstück meiner Eltern, um entgegen der sonstigen Angewohnheiten Danny mit dem Wagen abzuholen.
Und obwohl ich direkt vor dem Hauseingang parke, bin ich bis auf die Haut durchnässt, als ich unter dem Vordach ankomme. Höchstens zehn Sekunden war ich im Regen, aber das hat gereicht.
Habe ich überhaupt schon jemals so einen Regen erlebt?
Nicholas starrt mich erstaunt an und meint: „Wieso sind Sie so nass?“
„Weil es regnet!“ Ich streiche die nassen Haare aus meinem Gesicht. „Ich bin nur die paar Meter vom Auto zur Tür gerannt, aber als wäre ich durch einen Wasserfall gelaufen.“
„Soll ich Ihnen einen Bademantel bringen?“
„Danke, geht schon, Nicholas. Wo sind meine Eltern?“
„Im Salon.“
Danny bemerkt mich als Erster und begrüßt mich stürmisch. Nachdem ich das hinter mich gebracht habe, lasse ich mich auf die cremefarbene Couch fallen.
Meine Mutter mustert mich missbilligend. „Warum hast du dir nicht von Nicholas einen Bademantel geben lassen? Du versaust ja noch die Couch.“
„Ihr könnt ja von den Einnahmen des Straßenfestes eine neue kaufen“, erwidere ich.
„Die sind nicht für uns, sondern für die Obdachlosen. Tue nicht so, als wenn du das nicht wüsstest.“
„Wie viel ist denn überhaupt zusammengekommen?“ Ich erhebe mich und gehe zur Bar, nachdem niemand Anstalten macht, mir einen Drink zu mixen. Sind die jetzt echt sauer wegen der Couch? Ich kann ja auch nichts für den Regen.
Ich entscheide mich für einen Whisky und kehre zurück auf meinen Platz. Die Stelle, wo ich gesessen habe, ist nass, und man sieht einen dunklen Fleck. Aber das wird trocknen. Das Leder ist imprägniert. Die wollen mich nur bestrafen, weil ich dem blöden Straßenfest überhaupt nichts abgewinnen kann und mich vollständig herausgehalten habe.
„127.899,42 ND“, antwortet meine Mutter triumphierend.
„Das ist ja eine Menge Geld. Da haben wohl einige tief in den Spendenbeutel gegriffen.“
„Dann wäre weniger drin“, erwidert mein Vater stirnrunzelnd. „Du wirkst, als wärst du etwas durcheinander.“
„Ich gehe nur zu selten in die Kirche, diese Feinheiten habe ich nicht ständig abrufbereit.“ Oh Mann, was ist heute los? „Und das kriegt alles der Obdachlosenverein?“
„Im Prinzip ja.“