Название | Der Müller von Angibault |
---|---|
Автор произведения | Жорж Санд |
Жанр | Зарубежная классика |
Серия | |
Издательство | Зарубежная классика |
Год выпуска | 0 |
isbn |
Das Gemach war mit dem geschmacklosen Luxus der Gasthauszimmer ausgerüstet. Der neue Boden desselben war noch gänzlich ungebohnt, die Vorhänge von schreiendfarbiger Indienne waren an kupfernen Ornamenten vom schlechtesten Geschmack aufgehängt. Die Verzierungen des Kamins entsprachen an Grellheit und Hässlichkeit jenen, welche man einfältigerweise dem Geschmack der Renaissance auf Rechnung setzt, ein sehr reicher Kronleuchter hatte noch die Papierstücke und Bindfadenschnüre um seine Zieraten von vergoldeter Bronze, womit dieselben während des Transports verwahrt gewesen; die Möbeln trugen rot und weiß gestreifte Staubdecken, so dass ihre Überzüge von Wollendamast nie zum Vorschein kommen konnten, und da man in Pachthöfen den Unterschied zwischen einem Salon und einem Schlafzimmer nicht kennt, standen zwei, noch nicht mit Vorhängen versehene Betten, mit den Füßen dem Fenster zugekehrt, links und rechts von der Türe. Man sagte sich in der Familie in die Ohren, es wäre dies das Brautgemach von Jungfer Rose.
Das ganze Haus gefiel Marcelle so wenig, dass sie beschloss, nicht in demselben zu wohnen. Sie erklärte daher, dass sie ihren Wirten nicht die geringste Störung verursachen möchte und dass sie sich in dem Weiler irgendein Bauernhaus zur Nachtherberge aussuchen wolle, im Fall sich nicht in dem alten Schloss ein wohnliches Zimmer fände. Die letztere Idee schien der Frau Bricolin einige Unruhe zu verursachen und sie unterließ nichts, um ihren Gast davon abzubringen.
»Es ist allerdings wahr«, sagte sie, »dass in dem alten Schloss jederzeit ein Gemach vorhanden war, welches man das Herrschaftszimmer nannte. Wenn der Herr Baron, Ihr seliger Gemahl, uns die Ehre eines Besuches antun wollte, so setzte er uns zuvor in Kenntnis und wir konnten dann alles herrichten, so dass er nicht gar zu schlecht beherbergt war. Aber bei alldem ist das unglückliche alte Schloss so traurig, so zerfallen! Die Ratten und Eulen verführen darin einen so entsetzlichen Lärmen, und das Dachwerk ist in einem so schlechten Zustande, die Mauern sind so wackelig, dass man in Wahrheit nicht mit Sicherheit dort schlafen kann. Ich begreife nicht, was für einen Narren der Baron an diesem Zimmer gefressen haben konnte. Er wollte nie eines bei uns annehmen, als ob er sich zu erniedrigen geglaubt, wenn er eine Nacht außer seinem alten Schlosse zugebracht hätte.«
»Ich will dieses Zimmer sehen, und wenn es mir eine sichere Nachtherberge bietet, so wünsche ich weiter nichts. Indessen bitte ich, Sie möchten sich durch mich in nichts stören lassen; ich will Ihnen auf keine Weise lästig werden.«
Rose drückte hierauf ihren Wunsch, der Frau von Blanchemont ihr eigenes Gemach abzutreten, in so liebenswürdiger Weise und mit so zuvorkommender Miene aus, dass ihr Marcelle freundlich die Hand drückte, ohne indessen von ihrem Entschluss abzustehen. Der Anblick des alten Schlosses und ein instinktmäßiger Widerwillen gegen Frau Bricolin ließen sie ein für alle Mal eine Gastfreundschaft zurückweisen, welche sie doch in der Mühle so herzlich angenommen. Sie wehrte sich noch gegen die zeremoniöse Zudringlichkeit der Pächterin, als Herr Bricolin eintrat.
8. Kapitel.
Der bäuerische Emporkömmling
Herr Bricolin war ein Mann von fünfzig Jahren, kräftig und von regelmäßiger Gesichtsbildung, Seine starken Gliedmaßen hatten aber bereits einen tüchtigen Ansatz von Fett, wie es bei allen bemittelten Landbewohnern der Fall ist, welche, den größten Teil des Tages in freier Luft und meistens zu Pferde zubringend, gerade so vieler Anstrengung sich unterziehen, die hinreichte, ihre Gesundheit und ihren Appetit zu erhalten. Dank dem Einfluss der frischen Luft und fortwährender Bewegung ertragen diese Leute die Ausschweifungen der Tafelfreuden lange Zeit ohne Nachteil, und obgleich während der Feldgeschäfte sich ihr Anzug von dem der arbeitenden Bauern nur wenig unterscheidet, so macht es doch der erste Anblick schon unmöglich, sie mit den letztern zu verwechseln. Während der Bauer immer mager, wohlproportioniert und von gebräunter Hautfarbe ist, ist dagegen der Herrenbauer von seinem vierzigsten Jahr an immer mit einem großen Bauche, einem schwerfälligen Gang und einem weingrünen Gesicht begabt, was alles auch die schönste Organisation gemein und hässlich machen muss.
Auch bei solchen, welche ihr Glück sich selbst zu verdanken und ihr Leben in gezwungener bäurischer Mäßigkeit begonnen haben, findet man keine Ausnahmen von dieser Verplumpung der Gestalt und dieser Weinröte der Farbe, ja, man hat sogar die unleugbare Beobachtung gemacht, dass der Bauer, wenn er es dahin gebracht hat, nach Gefallen Fleisch zu essen und Wein zu trinken, unfähig zur Arbeit wird und dass ihn eine Rückkehr zu seinen früheren, einfacheren Gewohnheiten unwiederbringlich und schnell dem Tod entgegenführt. Man könnte sagen, dass das Geld, an welchem sie mit Leib und Seele hangen, bei ihnen zu Fleisch und Blut werde und dass der Verlust ihres Vermögens sie entweder um das Leben oder um die Vernunft bringe. Jedes humane Gefühl, jede religiöse Rücksicht sind beinahe unvereinbar mit dieser Verwandlung, welche der Reichtum in ihrem physischen und moralischen Sein bewirkt. Es wäre sehr unnütz, sich darum über sie zu entrüsten: sie können nicht anders sein. Sie mästen sich, um zuletzt einen Schlagfluss zu bekommen oder blödsinnig zu werden. Ihre Fähigkeiten, Reichtümer zu erwerben und zu erhalten, anfangs so ausgezeichnet, erlöschen schon gegen die Mitte ihrer Laufbahn hin, und bald fallen sie in Apathie, Unordnung und Unfähigkeit. Keine soziale Idee, kein Gefühl des Fortschritts hält sie aufrecht. Die Verdauung wird das Hauptgeschäft ihres Lebens und ihr Reichtum, den sie so eifrig angehäuft, bringt sie, bevor sie sich noch in demselben recht befestigt haben, in tausend Verlegenheiten und wird durch tausend Ungeschicklichkeiten gefährdet, abgesehen sogar von der Eitelkeit, welche sie in Spekulationen verlockt, die ihre Mittel übersteigen, und zwar in einem Grade, dass diese Reichen beinahe immer gerade dann zugrunde gerichtet sind, wenn man sie am meisten beneidet. Soweit war Herr Bricolin noch nicht.
Er stand noch in dem Alter, in welchem Tat- und Willenskraft noch in ihrer ganzen Stärke sich befinden und folglich dem zweifachen Rausche des Stolzes und der Unmäßigkeit die Waage halten können. Allein es genügte, seine etwas zugedrückten Augen, seinen ungeheuren Schmerbauch, seine leuchtende Nase und das nervöse Zittern zu sehen, welches die Gewohnheit eines Morgengläschens, d. h. die Gewohnheit, nüchtern anstatt des Kaffees zwei Flaschen weißen Wein zu trinken, seiner gewaltigen Hand verliehen hatte, um den nicht allzu entfernten Zeitpunkt vorauszusehen, wo dieser so tatkräftige, in Geschäften so vorsichtige und unerbittliche Mann alles verlieren würde, die Härte seiner Seele nicht ausgenommen, Gesundheit, Gedächtnis, Urteilskraft, um ein abgeschwächter Trunkenbold, ein widerlicher Schwätzer und ein leicht zu betrügender Hausherr zu werden. Sein Gesicht musste einmal hübsch gewesen sein, obgleich aller Feinheit ermangelnd. Seine scharfmarkierten Züge bezeugten ungewöhnliche Energie und Klugheit. Sein Auge war lebhaft, schwarz und hart, sein Mund sinnlich, seine Stirne schmal und niedrig, sein Haar kraus, seine Sprache kurz und rasch. In seinem Blicke lag keine Falschheit, in seinem Gebaren keine Verstellung. Er war kein Betrüger und der große Respekt, welchen er von dem Dein und Mein hegte, machte ihn der Schelmerei unzugänglich. Zudem hinderte ihn schon der Zynismus seiner Habsucht, seine Absichten zu verbergen, und wenn er zu Seinesgleichen gesagt hatte: »Mein Interesse ist dem deinigen entgegen!« so glaubte er, er hätte unübertrefflich tugendhaft und rechtlich gehandelt und mit dieser Ankündigung einen Akt der äußersten Redlichkeit ausgeübt. Halb Bürger, halb Landmann, trug er heute, als am Sonntag, einen Anzug, der zwischen dem eines Bauers und dem eines Herren die Mitte hält. Sein Hut stand an Höhe denen des einen dieser Stände weit nach, sowie an Breite der Krempen denen des andern. Er trug eine graue Bluse, welche, um Brust und Lenden eng anliegend, ihm das Ansehen eines wandelnden Fasses gab. Seine Stiefeln rochen unzweifelhaft nach dem Stalle und sein Halstuch von schwarzer Seide war mit einer Fettkruste überzogen.
Diese kurzangebundene und barsche Person machte einen unangenehmen Eindruck auf Marcelle, und das unabänderlich um den Geldpunkt sich hin und her bewegende Gespräch des Mannes erweckte in ihr noch weniger Sympathie, als die zudringlichen Zuvorkommenheiten seiner Ehehälfte.
Das Resultat des Geredes, welches Marcelle von Seiten des Herrn Bricolin zwei Stunden lang auszuhalten hatte, ist folgendes. Das Gut Blanchemont war zu einem starken Drittteil seines Wertes mit Schulden belastet. Der verstorbene Baron hatte überdies außer den Pachtgeldern noch beträchtliche Vorschüsse empfangen und zwar gegen enorme Zinsen, welche Herr Bricolin, wie er sagte, zu fordern genötigt gewesen in Betracht der Schwierigkeit, sich zu den landläufigen Zinsen Geld zu verschaffen. Frau