Die Mohicaner von Paris. Александр Дюма

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Название Die Mohicaner von Paris
Автор произведения Александр Дюма
Жанр Зарубежная классика
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Издательство Зарубежная классика
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auf den Aschermittwoch im Hofe einen Apothekers hörte

      Die Operation war beendigt, der Kranke im Hospital; die jungen Leute hatten sich nur aus den Weg zu begeben mit dem tröstlichen Gedankens, daß, würde sie nicht die Laune erfaßt haben, Morgens um drei Uhr in den Straßen von Paris umherzulaufen., ein Mensch gestorben wäre, der vielleicht noch dreißig bis vierzig Jahre zu leben hatte.

      Ehe sie sich aber wieder auf den Weg begaben, verlangte Salvator von seinem Wirthe Wasser und ein Becken. um seine von Blut befleckten Hände zu waschen.

      Das Wasser fand sich im Vorrath, die Waschbecken waren aber selten bei dem würdigen Apotheker; das einzige, das er besaß, enthielt das aus den Adern des Zimmermanns gezogene Blut. und Salvator hatte ihn ermahnt, dieses Blut sorgfältig aufzubewahren, um es dem Doktor zu zeigen, der am andern Morgen seinen Besuch im Hospital machen würde.

      Das Verlangen des jungen Mannes erschien also Anfangs als eine Indiscretion.

      Der Apotheker schaute rings umher und sagte endlich zu Salvator:

      »Ei wenn Sie sich die Hände mit frischem Wasser waschen wollen, gehen Sie in den Hof und waschen Sie sich dieselben am Pumpbrunnen.«

      Salvator nahm dies an; es waren auch einige Tropfen Blut auf die Hände von Jean Robert gespritzt: dieser folgte seinem Freunde.

      Doch ein äußerst angenehmer Eindruck hielt sie auf der Schwelle der Thüre des Hofes zurück.

      Sie schauten sich an

      In der That, ihr Erstaunen war groß: sie hörten plötzlich, in dem Augenblick, wo sich die Küchenthüre den Apothekers geöffnet, unter dem Schweigen und der Ruhe dieser heiteren Nacht wie, durch einen Zauber die melodischsten Akkorde erklingen.

      Woher kamen diese lieblichen Töne? von welchem Orte? von weichem himmlischen Instrument? Ganz nahe dabei war die hohe Mauer des Klosters. Entführte der Ostwind der Orgel der Kirche diese bezaubernden Accorde, um sie den spärlichen Wanderern der Rue Saint-Jacques zu bringen?

      War die heilige Cäcilie selbst vom Himmel in dieses fromme Haus herabgestiegen, um den Aschermittwoch zu feiern?

      Erhob sich die Seele einer im Alter der Engel gestorbenen Novize bei den Tönen dieser göttlichen Harfen zum Himmel?

      Die Melodie, welche unsere zwei jungen Leute hörten, war weder eine Opernarie, noch das heitere Solo eines vom Maskenballe heimkehrenden Musikers.

      Eh war vielleicht ein Psalm. ein Kirchenlied, ein Blatt aus einer alten biblischen Musik gerissen.

      Das von Rachel, welche ihre Sühne in Roma beweint und nicht getröstet sein will, weil sie nicht mehr waren.

      Das war es; denn wenn man diese Melodie hörte, glaubte man, wie klagende Schatten als heilige Hymnen der Kindheit, als religiöse Melancholien von Sebastian Bach und Palestrina vorüberziehen zu sehen.

      Hätte man dieser richtenden Fantasie einen Namen geben müssen, so würde man sie: Resignation, genannt haben.

      Kein mehr oder minder ausdrucksvoller Name hätte sich besser geschickt.

      Die Melodie nahm zu Gunsten des Musikers ein.

      Der Musiker mußte melancholisch und ergeben sein, wie seine Musik; die zwei jungen Leute hatten gleichzeitig diese Idee.

      Sie fingen also damit an, daß sie thaten, was sie hier zu thun beabsichtigten. Nämlich, daß sie die Hände waschen, wonach sie den Musiker aufzusuchen fest entschlossen waren

      Nachdem die Operation beendigt, brachte ihnen der Apotheker eine Serviette, wogegen ihm Jean Robert, um ihn für die Mühe, die man ihm gemacht, zu entschädigen, ein Fünf-Franken-Stück bot.

      Um diesen Preis hätte sich der Apotheker gern dreimal in der Nacht stören lassen

      Er verwickelte sich auch in Danksagungen.

      Als Jean Robert dies sah, bat er ihn um Erlaubniß, noch einige Augenblicke im Hofe bleiben zu dürfen, um die klagende Melodie zu hören, die sich fortwährend mit der Überfülle der Improvisation verbreitete.

      »Bleiben Sie, so lange Sie wollen,« antwortete der Apotheker.

      »Doch Sie?« fragte Jean Robert.

      »Ah! das belästigt mich in keiner Hinsicht, da ich meine Thüre wieder schließen und mich zu Bette legen werde.«

      »Wie werden wir aber hinaus kommen?«

      »Die Hausthüre wird bloß mit der Klinke und dem Riegel geschlossen: Sie brauchen nur den Riegel zu ziehen und die Klinke aufzuheben, und Sie sind auf der Straße.«

      »Wer wird die Thüre wieder schließen?«

      »Ah! bah! die Thüre! ich möchte so viel tausend Livres Einkommen haben, als sie im Jahre offen bleibt.«

      »So geht Alles gut« sagte Jean Robert.

      »Ja, Alles geht gut,« erwiderte entzückt der Apotheker.

      Dann schloß er wieder seine Thüre und ließ die zwei jungen Leute als Herren des Hofes zurück.

      Mittlerweile hatte sich Salvator einem Fenster des Erdgeschosses genähert, durch dessen Läden man Licht erblickte.

      Offenbar kam aus dem Zimmer, auf das dieses Fenster ging, die Melodie.

      Salvator zog die Läden an sich sie waren innen nicht angehakt und gaben nach.

      Da erblickten sie durch eine Oeffnung des Vorhangs einen jungen Mann von ungefähr dreißig Jahren, der auf einem ziemlich hohen Tabouret saß und Violoncell spielte.

      Obschon ein Musikheft auf einem Pulte, der vor ihm stand, geöffnet war, schien doch der junge Mann seine zum Himmel aufgeschlagenen Augen nie auf die Blätter zu senken; er schien sogar nicht einmal das Bewußtsein des Stückes, das er spielte, zu haben, seine Haltung war die eines Menschen, der der tiefsten Seelenpein preisgegeben ist; seine Hand führte maschinenmäßig den Bogen, doch seine Gedanken waren anderswo.

      Es fand offenbar in ihm ein entsetzlicher Kampf statt, ohne Zweifel der Kampf des Willens gegen den Schmerz, denn von Zeit zu Zeit verdüsterte sich seine Stirne, und während er die traurigsten Accorde aus seinem Instrumente hervorgehen ließ, schloß er die Augen, als ob er, die äußeren Dinge nicht mehr sehend, mit ihnen das Gefühl seines inneren Schmerzes verloren hätte. Endlich schien das Instrument wie ein Mensch im Todeskampfe, einen herzzerreißenden Schrei auszustoßen, und der Bogen entfiel den Händen des Musikers.

      War die Seele besiegt, der Mensch weinte!i

      Zwei große stille Thränen flossen über seine Wangen.

      Der Musiker nahm sein Taschentuch. wischte sich langsam die Augen ab, steckte das Taschentuch wieder ein, neigte sich, hob den Bogen auf, setzte ihn aus die Saiten seines Violoncells und nahm seinen Gesang gerade da wieder auf, wo er ihn unterbrochen hatte.

      Das Herz war besiegt; die Seele schwebte über dem Schmerze mit den Flügeln der Stärke.

      Die zwei jungen Leute hatten eine tiefe Aufmerksamkeit und ein mächtiges Interesse dem einsamen Drama gewidmet, das vor ihren Augen in Erfüllung gegangen.

      »Nun?« sagte Salvator mit fragendem Tone.

      »Es ist unglaublich!« erwiderte Jean Robert, eine Thräne trocknend, die am Winkel seines Auges perlte.

      »Das ist der Roman, den Sie suchten. mein lieber Dichter; er ist hier in diesem armseligen Hause, in diesem Menschen, der leidet. in diesem Violoncell, das weint.«

      »Kennen Sie diesen Menschen?« fragte Jean Robert.

      »Ich? Ganz und gar nicht,« antwortete Salvator; »ich weiß seinen Namen nicht; ich habe ihn nie gesehen; doch ich brauche ihn nicht zu kennen, um ihnen zu sagen. daß in ihm eines der düstersten Blätter vom Buche des menschlichen Herzens ist. Der Mann, der seine Thränen abwischt und mit dieser Einfachheit wieder zum Werke schreitet, ist ein starker Mann, das schwöre ich Ihnen, und daß dieser Mann geweint hat muß sein Schmerz ungeheuer sein. Treten wir ein und bitten wir ihn, uns seine Geschichte zu erzählen.«

      »Was denken Sie?« versetzte Jean Robert. Indem er stehen blieb.

      »Ich