Ange Pitou Denkwürdigkeiten eines Arztes 3. Александр Дюма

Читать онлайн.
Название Ange Pitou Denkwürdigkeiten eines Arztes 3
Автор произведения Александр Дюма
Жанр Зарубежная классика
Серия
Издательство Зарубежная классика
Год выпуска 0
isbn



Скачать книгу

eine Wirkung hervor, die Mademoiselle Angélique entfernt nicht vorhersah, und die Pitou sicherlich ebenso wenig erwartete.

       V.

      Ein philosophischer Pächter

      Pitou lief, als ob ihm alle Teufel der Hölle auf den Fersen wären, und war in einem Augenblick außerhalb der Stadt.

      Als er sich um die Ecke des Kirchhofs wandte, wäre er beinahe mit der Nase auf das Hinterteil eines Pferdes gefallen.

      »Ei! mein Gott,« sagte eine sanfte Stimme, »wohin laufen Sie denn so, Herr Ange? Sie haben uns so erschreckt, daß Cadet beinahe durchgegangen wäre.«

      »Ah! Mademoiselle Katharine,« rief Pitou, mehr seine eigenen Gedanken, als die Frage des Mädchens beantwortend, »ah! Mademoiselle Katharine, welch ein Unglück, mein Gott, welch ein Unglück!«

      »Jesus! Sie machen mir bange,« sagte das Mädchen, sein Pferd mitten auf der Straße anhaltend. »Was giebt es denn, Herr Ange?«

      »Es giebt,« antwortete Pitou, als ob er ein Sündengeheimnis enthüllen sollte, »es giebt, daß ich nicht Abbé sein werde, Mademoiselle Katharine.«

      Doch statt sich in dem Sinne zu gebärden, den Pitou erwartete, schlug die Billotte ein gewaltiges Gelächter auf.

      »Sie werden nicht Abbé sein?« sagte sie.

      »Nein,« antwortete Pitou bestürzt; es scheint, das ist unmöglich.

      »Nun! so werden Sie Soldat,« versetzte Katharine.

      »Soldat?«

      »Allerdings. Mein Gott! man muß wessen einer solchen Kleinigkeit nicht in Verzweiflung geraten! Anfangs glaubte ich, Sie hätten mir den Tod Ihrer Mademoiselle Tante zu verkündigen.«

      »Ah!« sprach Pitou mit Empfindung, es ist gerade dasselbe für mich, wie wenn sie tot wäre, da sie mich fortjagt.

      »Verzeihen Sie, es fehlt Ihnen die Befriedigung, sie beweinen zu können,« entgegnete Katharine.

      Und sie lachte auf das heiterste, was bei Pitou abermals ein Aegernis bereitete.

      »Haben Sie denn nicht gehört, daß sie mich fortjagt!« rief der Schüler in Verzweiflung.

      »Ei! desto besser!«

      »Sie sind sehr glücklich, daß Sie so lachen können, und das beweist, daß Sie einen äußerst angenehmen Charakter haben, da der Kummer der andern keinen großen Eindruck auf Sie macht.«

      »Und wer sagt Ihnen denn, daß ich Sie, wenn Ihnen ein wahres Unglück zustieße, nicht beklagen würde, Herr Ange Pitou.«

      »Sie würden mich beklagen, wenn mir ein wahres Unglück zustieße? Sie wissen also nicht, daß ich keine Mittel mehr habe?«

      »Abermals desto besser!« rief Katharine. Pitou wußte gar nicht mehr, was er denken sollte.

      »Und essen!« sagte er, »man muß doch essen, Mademoiselle! besonders ich, der ich immer Hunger habe.«

      »Sie wollen also nicht arbeiten,« Herr Pitou?

      »Arbeiten! was? Herr Fortier und meine Tante Angélique haben mir mehr als hundertmal wiederholt, ich tauge zu nichts. Ah! wenn man mich zu einem Tischler, oder zu einem Stellmacher in die Lehre gethan hätte, statt einen Abbé aus mir machen zu wollen! Hören Sie Mademoiselle Katharine,« fügte Pitou mit einer Gebärde der Verzweiflung bei, »es ruht offenbar ein Fluch auf mir.«

      »Ach!« sprach Katharine mitleidig, denn sie kannte, wie jedermann, die klägliche Geschichte von Pitou, »es ist etwas Wahres an dem, was Sie da sagen, mein lieber Herr Ange, doch warum thun Sie Eines nicht?«

      »Was?« fragte Pitou, der sich an den zukünftigen Vorschlag von Katharine anklammerte, wie ein Ertrinkender sich an einen Weidenzweig anklammert. »Sprechen Sie, was?«

      »Sie haben einen Gönner, wie mir scheint.«

      »Den Herrn Doktor Gilbert.«

      »Sie waren der Klassenkamerad seines Sohnes, da er, wie Sie, beim Abbé Fortier erzogen worden ist.«

      »Ich glaube wohl, und ich habe es mehr als einmal verhindert, daß er geprügelt wurde.«

      »Nun denn! warum wenden Sie sich nicht an seinen Vater? Er wird Sie nicht verlassen.«

      »Ah! ich würde das sicherlich thun, wenn ich wüßte, was aus ihm geworden ist. Aber vielleicht weiß es Ihr Vater, Mademoiselle Billot, da der Doktor Gilbert sein Grundherr ist.«

      »Ich weiß, daß er ihm einen Teil der Pachtgelder nach Amerika zu schicken hatte, und daß er das andere einem Notar in Paris übergeben mußte.«

      »Ah!« sagte Pitou seufzend, nach Amerika; »das ist sehr fern.«

      »Sie würden nach Amerika gehen?« fragte das Mädchen, beinahe erschrocken über den Entschluß von Pitou.

      »Ich, Mademoiselle Katharine? Nie! nie! Wenn ich wüßte, wo und was ich essen sollte, so befände ich mich sehr wohl in Frankreich.«

      »Sehr wohl,« wiederholte Katharine.

      Pitou schlug die Augen nieder. Das Mädchen schwieg. Dieses Stillschweigen dauerte einige Zeit. Pitou war in Träumereien versunken, die den Abbé Fortier, einen logischen Mann, sehr in Erstaunen gesetzt hätten.

      Von einem dunkeln Punkte ausgegangen, hatten sich diese Träumereien aufgeklärt; dann wurden sie verworren, obgleich glänzend wie Blitze, deren Ursprung verborgen, deren Quelle verloren ist.

      Cadet hatte sich indessen im Schritt in Marsch gesetzt, und Pitou ging neben Cadet, eine Hand auf einen der Körbe gestützt. Katharine aber, die ihrerseits träumte wie Pitou seinerseits, ließ die Zügel auf dem Halse ihres Renners hängen, ohne daß sie befürchtete, er konnte durchgehen. Ueberdies gab es kein Ungeheuer auf dem Wege, und Cadet war von einer Rasse, die keine Ähnlichkeit mit den Pferden von Hippolyt hatte.

      Pitou blieb maschinenmäßig stehen, als das Pferd stehen blieb. Man war vor dem Pachthof angekommen.

      »Ah! Du bist es, Pitou,« rief ein Mann von mächtiger Gestalt, der ziemlich stolz vor einer Lache aufgepflanzt war, wo er sein Pferd trinken ließ.

      »Ei! mein Gott! ja, Herr Billot, ich bin es.«

      »Abermals begegnet diesem armen Pitou ein Unglück, sagte Katharine, während sie vom Pferde sprang, ohne sich darum zu bekümmern, ob ihr auffliegender Rock die Farbe ihrer Kniebänder zeigen würde. Seine Tante jagt ihn fort.«

      »Und was hat er denn wieder der alten Betschwester gethan?« fragte der Pächter.

      »Es scheint, ich bin nicht stark genug im Griechischen,« antwortete Pitou.

      Er prahlte, der Geck; im Lateinischen, hätte er sagen müssen.

      »Nicht stark genug im Griechischen?« fragte der Mann mit den breiten Schultern, »und warum willst du stark im Griechischen sein?«

      »Um den Theokrit zu erklären und die Iliade zu lesen.«

      Und wozu würde es dir nützen, den Theokrit zu erklären und die Iliade zu lesen?

      »Das würde mir helfen Abbé zu werden.«

      »Bah! versetzte Herr Billot; kann ich Griechisch? kann ich Lateinisch? kann ich Französisch? kann ich schreiben? kann ich lesen? Verhindert mich das, zu säen, zu ernten und einzufahren?«

      »Ja, doch Sie, Herr Billot, Sie sind nicht Abbé, Sie sind Ackermann, agricola, wie Virgil sagt. O fortunatos nimium  . . .«

      »Nun, glaubst du denn, ein Ackermann komme einem Pfaffen nicht gleich, sprich doch, schlimmer Chorknabe, besonders wenn dieser Ackermann sechzig Morgen Land in der Sonne und eintausend Louisd'or im Schatten hat?«

      »Man hat mir immer gesagt, Abbé zu sein, sei das beste, was es auf der Welt gebe; es ist wahr,« fügte Pitou auf seine angenehmste Weise lächelnd bei, »ich hörte nicht immer auf das, was man mir sagte.«

      »Und das war nicht schlecht, sondern recht. Du siehst, daß ich Verse mache, wenn ich mich damit befasse. Mir scheint,