Название | Die Taube |
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Автор произведения | Александр Дюма |
Жанр | Зарубежная классика |
Серия | |
Издательство | Зарубежная классика |
Год выпуска | 0 |
isbn |
Sie haben mich gefragt,was ich von meinem Fenster aus sehe,ich habe es Ihnen gesagt; prägen Sie diese dreifache Aussicht Ihrem Gedanken ein, beschäftigen Sie Ihren Geist, um Ihr Herz zu zerstreuen; Ihr Heil auf dieser Welt und in der anderen liegt ganz in dem Worte: Vergessen Sie!
Neunter Brief,
Sie sagen mir zu vergessen. Hören Sie, was in mir vorgeht, sobald die Dunkelheit sich verbreitet; dann, begreifen Sie etwas Entsetzliches, Unerhörtes, Unnatürliches? Nämlich daß während meines Schlafes der Todte nicht mehr Todt ist, der Gestorbene zum Leben zurückgekehrt,er ist bei mir mit seinem langen schwarzen Haaren, seinem bleichen und männlichen Gesichte; voll von dem Gepräge des Adels seines Geschlechts. Er ist da, ich spreche mit ihm, ich strecke die Hand aus, ich rufe aus; Du lebst also noch! Du liebst mich also immer noch! Und er antwortet mit Ja, daß er noch lebt, daß er mich immer noch lieb, und dieselbe unaufhörliche, regelmäßige, fast materielle Erscheinung erneuert sich jede Nacht,um erst mit den ersten Strahlen der Tages zu verschwinden.Ei! mein Gott,was habe ich nicht gethan,damit diese Erscheinung, ohne Zweifel das Werk des Engels der Finsterniß,aufhöre, mich zu Quälen! Ich habe mich unter geweihtem Buchsbaum begraben, ich habe geweihte Rosenkränze um meinen Hals und um meine Handgelenke geschlungen, ich habe ein Kruzifix auf meine Brust gelegt, und bin mit über die Füße des göttlichen Märtyrers gefalteten Händen eingeschlafen: Alles ist eitel, vergebens, fruchtlos gewesen; der Tag führt mich zu Gott zurück, aber die Dunkelheit zu ihm, ich bin wie jene Königin, von welcher der Dichter Homer spricht, und von der jede Nacht die Arbeit jeden Tages wieder auflöste.
Wenn es keine Nacht, keinen Schlaf, keine Träume mehr gäbe, so würde ich vielleicht vergessen.
Können Sie das von Gott erlangen?
Zehnter Brief
Alles, was man von Gott durch das Gebet erlangen kann, werde ich für Sie erlangen, denn Sie sind wirklich verwundet, und die Wunde ist tief und blutend.
Lassen Sie uns beten.
Elfter Brief
Ich weiß nicht, ob ich, seitdem ich Ihnen schreibe, mehr Ruhe empfinde, aber zuverlässig empfinde ich mehr Erleichterung.
Das kommt daher, weil mein Leben eine mächtige Zerstreuung erhalten hat; ich war ohne Familie, allein in der moralischen und in der materiellen Welt, bald auf den Knieen, bald auf einem Grabe liegend, bald weinend, immer verzweifelnd, und jetzt finde ich plötzlich einen Bruder wieder.
Denn es scheint mir, daß Sie für mich ein Bruder sind. Es scheint mir, daß dieser Bruder, den ich nicht kannte, Frankreich verlassen hat, bevor ich geboren wurde. Es scheint mir, daß ich ihn erwartet, ihn ohne Unterlaß gesucht habe. Jetzt ist er zurückgekehrt. Jetzt, ohne sich durch die Gegenwart zu offenbaren, offenbart er sich durch die Stimme. Ich sehe ihn nicht, aber ich höre ihn. Ich berühre ihn nicht, aber ich verstehe ihn.
Sie haben keinen Begriff, wie sehr diese so glänzend von ihrer Feder ausgemalte Landschaft meine Gedanken beschäftigt hat. Man leugne mir nicht die Wunder des doppelten Gesichts: das doppelte Gesicht besteht. Durch die beharrliche Kraft meines Willens ist diese Landschaft mir gegenwärtig, in meinem Geiste wie in einen Spiegel zurückgegeben. Ich sehe Alles, von dem rosenfarbigen Dunste des Morgens, der sich hinter dem Hügel erhebt, bis zu dem Hereinbrechen der grauen Schatten des Abends, ich höre Alles, von dem Geräusche der Blume an, die ihren Kelch dem Morgenthaue öffnet, bis zu dem Gesange der Nachtigall, der sich in der Einsamkeit und in dem Schweigen der Nacht verlängert.
Und ich sehe Alles das auf eine solche Weise, daß wenn ich mich jemals in dem Kreise befände, den Ihre Blicke übersehen, ich sagen würde: Da sind die entflammten Hügel, hier sind die Schneegebirge, hier sind die Silberbäche, hier sind die Flüsse, hier sind die Olivenbäume, hier sind die Granatbäume, hier sind die Oleander, hier sind die Myrthen, hier ist es, hier ist es!
Dann sehe ich noch Ihre Einsiedelei, wie sie sich über die Mauern des Gartens mit ihrem mit Jasmin und Reben verschleierten Fenster erhebt; dann sehe ich Sie selbst in Ihrer weißen Zelle, zu den Füßen Ihres schönen Christus knieend, indem Sie für sich und besonders für mich beten.
Sagen Sie mir, wer dieser König ist, dessen Porträt sich in Ihrer Zelle befindet, dieser König, für den Sie eins besondere Verehrung haben, damit auch ich ein Porträt dieses Königs habe, damit ich eine Verehrung mehr habe, welche Ihre Verehrung ist.
Dann möchte ich auch Sie sehen. . . o! nur durch den Gedanken; beruhigen Sie sich. Sie haben mir gesagt, daß die Vergangenheit für Sie nicht mehr Bestände, und daß ich Sie nur über die Gegenwart und über die Zukunft befragen sollte. Lassen wir die Vergangenheit in dem Nichts und sagen Sie mir, wie alt Sie sind, unter welchen Zügen ich mir ein dem Ihrigen ähnliches Bild entwerfen muß, sagen Sie mir, seit welcher Zeit Sie in diese Einsiedelei eingezogen sind, sagen Sie mir, wann Sie gänzlich von der Welt Abschied zu nehmen gedenken.
Ich möchte auch wissen, in welcher Entfernung wir von einander. sind. Ist es möglich, das zu berechnen?
Sie scheinen mir so gut, daß ich nicht fürchte, Sie zu ermüden. Sie scheinen mir so gelehrt, daß ich nicht fürchte, Sie um das Unmögliche zu fragen.
Ich will an das denken, was Ihre Antwort enthalten kann, und wenn ich sie erhalten Habe, werde ich an das denken, was sie enthalten wird.
Geh, geliebte Taube, geh und kehre schnell zurück.
Zwölfter Brief
Wie Sie sehen, ist es mir, indem ich Ihren Geist beschäftigte, gelungen, einen Augenblick lang Ihr Herz zu zerstreuen.
Man muß die Seele wie den Körper behandeln, lassen Sie einen Kranken einen Augenblick lang vergessen, daß er leidet, und er wild einen Augenblick lang nicht mehr leiden.
Sie wollen, daß ich Ihnen von mir spreche, Sie wollen suchen, ob in dem physischen oder in dem moralischen Manne, der lebendig und unbekannt ist, etwas von dem Tobten liegt, den Sie geliebt haben: es sei, hören Sie.
Ich bin am l. Mai 1607 in Fontainebleau geboren, ich bin alt dreißig Jahre und vierzehn Tage. Ich bin groß, ich habe schwarze Haare; ich habe blaue Augen, eine bleiche Gesichtsfarbe, eine hohe Stirn.
Ich habe mich seit dem 17. Januar 1633 von der Welt zurückgezogen, und ich habe das Gelübde gethan, mich, wenn sich gewisse Dinge in meinem Schicksale nicht änderten, nach fünf Jahren meiner Zurückgezogenheit Gott zu widmen.
Ich habe mich in Folge einer großen politischen Katastrophe, in welcher meine theuersten Freunde untergegangen sind, von der Welt zurückgezogen, in Folge eines großen persönlichen Schmerzes, in welchem mein Herz gebrochen worden ist.
Das Porträt dieses Königs, das in meiner Zelle ist und für den ich eine ganz besondere Verehrung habe, ist das des König Heinrichs IV.
Jetzt wünschen Sie zu wissen, in welcher Entfernung wir von einander sind: es ist drei Uhr weniger einige Minuten, ich werde meinen Brief von Schlag drei Uhr datieren, dem Augenblicke, wo ich unsere Botin stiegen lassen werde.
Die Tauben legen fünfzehn bis sechzehn Meilen in der Stunde zurück; ich habe Gelegenheit gehabt, das unter gewissen Umständen zu erforschen, in denen ich mich Ihres Dienstes bedient habe: merken Sie sich die Stunde,