La San Felice. Александр Дюма

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Название La San Felice
Автор произведения Александр Дюма
Жанр Зарубежная классика
Серия
Издательство Зарубежная классика
Год выпуска 0
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Kugel hatte Angiolina gerade mitten in die Stirn getroffen.

      »Außer sich vor Schmerz faßte ihr Gatte sie in seine Arme, trug sie auf ihr Bett, neigte sich über sie, und bedeckte sie mit Küssen. Alles aber war umsonst. Sie war todt.

      »Bei dieser schmerzlichen letzten Umarmung aber fühlte er plötzlich das Kind, welches im Schoße der Todten zuckte.

      »Er stieß einen Schrei aus, ein Blitz durchzuckte ein Gehirn und er ließ seinerseits seinem Herzen die beiden Worte entschlüpfen:

      »Mein Kind!«

      »Die Mutter war todt, aber das Kind lebte. Das Kind konnte gerettet werden.

      »Mit gewaltiger Selbstbeherrschung trocknete er sich den Schweiß, der auf seiner Stirn perlte, und die Thränen, welche seinen Augen entrannen. Dann murmelte er mit sich selbst sprechend: »Sei ein Mann!« Hierauf nahm er sein Besteck, öffnete es, wählte das schärfte seiner Instrumente und entriß, das Leben aus dem Schooße des Todes ziehend, das Kind den zerrissenen Eingeweiden der Mutter.

      »Dann legte er es noch mit Blut bedeckt in ein Tuch, welches er mit den vier Zipfeln zusammenknüpfte, nahm das Tuch zwischen die Zähne, eine Pistole in jede Faust, und sprang, selbst mit Blutüberströmt, mit bis an die Ellbogen gerötheten Armen und mit dem Blick den Platz messend, den er zu überschreiten, und die Zahl der Feinde berechnend, die er zu bekämpfen hatte, die Stufen hinab, öffnete das Thor des bischöflichen Palastes und stürzte sich mit gesenktem Haupte mitten unter das Menschengewimmel, indem er zwischen den zusammengebissenen Zähnen hindurchschrie:

      »Platz für den Sohn der Todten!«

      »Zwei Bewaffnete wollten ihn aufhalten; er schoß sie beide nieder. Ein dritter versuchte ihm den Weg zu versperren; er streckte ihn durch einen Schlag mit der Kolbe seiner Pistole zu seinen Füßen nieder. Er rannte über den Platz trotz des Feuers der Wächter und ohne daß eine ihrer Kugeln ihn getroffen hätte, erreichte einen Wald, durchschwamm den Biferno, sah auf einer Wiese ein ohne Aufsicht weidendes Pferd, schwang sich auf den Rücken desselben, erreichte Manfredonia, ging an Bord eines dalmatischen Fahrzeuges, welches eben den Anker lichtete, und erreichte Triest.

      »Das Kind war ich. Das Uebrige des Abenteuers kennen Sie bereits. Sie wissen, wie fünfzehn Jahre später der Sohn der Todten seine Mutter rächte.

      »Und nun,« setzte der junge Mann hinzu, »nun, wo ich Ihnen meine Geschichte erzählt habe, nun, wo Sie mich kennen, beschäftigen wir uns mit dem, was ich zu thun gekommen bin. Es bleibt mir noch eine zweite Mutter zu rächen – das Vaterland!«

       Neuntes Capitel.

      Die Wahrsagerin

      Zum Verständnisse der Thatsachen, welche wir hier erzählen und besonders um der Harmonie willen, welche diese Thatsachen gegenseitig bewahren müssen, ist es nöthig, daß unsere Leser einen Augenblick den politischen Theil dieses Werkes, dem wir zu unserm großen Bedauern keinen geringern Umfang zu geben vermocht, verlassen, um mit uns eine Excursion in die malerischen Partien zu unternehmen, welche sich auf solche Weise daran knüpfen, daß wir die eine nicht von der andern trennen können.

      Demzufolge gehen wir, wenn unser Leser uns wieder zum Führer nehmen will, wieder über das Brett, welches Nicolino Caracciolo in seinem Eifer, das Seil herbeizuschaffen, welches so viel zur Rettung des Helden unserer Geschichte – denn wir wollen nicht länger verschweigen, daß es die Rolle ist, welche wir ihm bestimmt – beigetragen, von seinem doppelten Stützpunkte wegzunehmen vergessen.

      Nachdem wir das Brett passiert, steigen wir die Böschung hinab, gehen zu derselben Thür hinaus, welche uns Einlaß gewährt, und den Abhang des Pausilippo hinunter, bis wir, nachdem wir an dem Grabmale Sannazar's und an dem Landhause des Königs Ferdinand vorbei sind, mitten in Mergellina zwischen dem ebengedachten Gebäude und dem sogenannten Löwenbrunnen vor einem Hause Halt machen, welches in Neapel gewöhnlich das Palmenhaus genannt wird, weil in dem Garten desselben ein stattliches Exemplar dieser Familie eine Kuppel von mit goldenen Früchten geschmückten Orangenbäumen um zwei Drittheile seiner Höhe überragt.

      Nachdem wir dieses Haus erreicht, welches wir der Neugier unserer Leser so genau bezeichnet, um nicht die zu erzürnen, welche vielleicht mit einer kleinen Thür zu schaffen haben könnten, die in der Mauer angebracht ist und sich gerade dem Punkte gegenüber befindet, wo wir stehen geblieben sind, verlassen wir die Straße, gehen längs der Gartenmauer hin und erreichen einen Abhang, von welchem wir, wenn wir uns auf die Fußspitzen stellen, vielleicht einige der Geheimnisse erspähen können, welche diese Mauern in sich schließen.

      Und es müssen reizende Geheimnisse sein, welchen unsere Leser nicht umhin können ihre ganze Sympathie zuzuwenden, sobald sie nur die Person gesehen, welche uns diese Geheimmisse kennen lehren soll.

      Trotz des immer noch rollenden Donners, trotz der leuchtenden Blitze, trotz des heulenden Sturmes, welch die Orangenbäume schüttelt, deren Früchte, sich von ihren Zweigen ablösend, wie ein goldener Regen herabfallen und die Palme hin- und herdreht, deren lange, breite Blätter aufgelösten Haarflechten gleichen, erscheint nämlich eine junge Frauengestalt von zwei- bis dreiundzwanzig Jahre in einem battistenen Pudermantel und mit einem über den Kopf geworfenen Spitzenschleier von Zeit zu Zeit auf eine steinernen Rampe, welche aus dem Garten nach dem erste Stockwerke führt, wo, nach einem Lichtstrahle zu urtheilen der jedes Mal, wo die Thür sich öffnet, sichtbar wird, die Wohngemächer sich zu befinden scheinen.

      Diese Erscheinungen sind nicht von langer Dauer, den jedesmal, wenn die Dame erscheint, oder ein Blitz zuckt oder ein Donnerschlag kracht, stößt sie einen leichten Schrei aus, macht das Zeichen des Kreuzes und geht wieder hin ein, indem sie die Hand auf die Brust drückt, wie um da heftige Schlagen ihres Herzens zu beschwichtigen.

      Wer sie so, trotz der Furcht, welche ihr der Aufruhr der Elemente einzujagen scheint, so von fünf zu fünf Minuten hartnäckig diese Thür öffnen sähe, welche sie jedes mal mit Zögern öffnet und erschrocken wieder schließt, würde darauf wetten wollen, daß diese ganze Ungeduld und Aufregung eine unruhige oder eifersüchtige Liebende verrathe welche den Gegenstand ihrer Neigung erwartet oder belauert.

      Dennoch aber würde man sich, wenn man dies glaubt vollständig täuschen. Keine Leidenschaft hat bis jetzt die Oberfläche dieses Herzens, eines wahrhaften Spiegels der Keuschheit, getrübt und in dieser Seele, wo alle sinnlich und feurigen Gefühle noch schlummern, wacht blos kindische Neugier. Nur diese ist es, welche, die Macht einer jener bis jetzt unbekannten Leidenschaften entlehnend, all diese Unruhe und Aufregung verursacht.

      Ihr Milchbruder, der Sohn ihrer Amme, ein Lazzarone der Marinella, hat auf ihr dringendes Bitten versprochen, ihr eine alte Albaneserin zuzuführen, deren Prophezeiungen für untrüglich gelten.

      Diese alte Wahrsagerin gehört einer Familie an, welche schon bei dem Tode Skanderbegs des Großen, das ißt im Jahre 1467, die ursprüngliche Heimat mit den Gebirgen Calabriens vertauscht und seit dieser Zeit ihre vermeinte Sehergabe von Generation zu Generation vererbt hat.

      Was die junge Dame, welche die Wahrsagerin erwartet, betrifft, so empfindet sie gleichzeitig Furcht, während die Zukunft zu kennen wünscht, welcher sie bis jetzt blos mit seltsamen Ahnungen entgegensieht.

      Ihr Milchbruder hatte ihr versprochen, ihr noch diesen Abend um Mitternacht, zu der kabbalistischen Stunde, die Person zuzuführen, welche – während ihr Gemahl bis um zwei Uhr Morgens den Festlichkeiten des Hofes beiwohnen muß – ihr die räthelhaften Geheimnisse jener Zukunft offenbaren kann, die Licht und Schatten für ihre Träume ist.

      Sie erwartete also ganz einfach den Lazzarone Michele, der Narr genannt, und die Wahrsagerin Nanno.

      »Uebrigens werden wir bald sehen, ob man uns getäuscht hat.

      Drei regelmäßig auf einander folgende Schläge haben sich an der kleinen Thür des Gartens in dem Augenblick vernehmen lassen, wo aus den braunen Wolken große, schwer Regentropfen herabzufallen beginnen.

      Auf das Geräusch dieser Schläge schwebt etwas, was einer Gazewolke gleicht, an dem Geländer der Rampe hin die Gartenthür öffnet sich, läßt zwei Personen eintreten um schließt sich dann wieder hinter ihnen.

      Eine