La San Felice. Александр Дюма

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Название La San Felice
Автор произведения Александр Дюма
Жанр Зарубежная классика
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Издательство Зарубежная классика
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eines Einverständnisses mit den französischen Republikanern hin gehängt wurden, bewies, daß die neapolitanische Regierung nur auf die Gelegenheit wartete, um die äußerste Strenge zu entwickeln und daß sie diese Gelegenheit, wenn sich dieselbe darböte, nicht versäumen würde.

      Nachdem die Conferenz beendet wäre, sollte sie in allen ihren Einzelheiten dem französischen Gesandten mitgetheilt werden und ihm zur Richtschnur seines Benehmens gegen einen Hof dienen, dessen Treulosigkeit mit Recht in der Neuzeit denselben Ruf gewonnen wie die karthaginiensische Treue im Alterthum.

      Wir haben gesagt, mit welchem Eifer ein Jeder dem jungen Officier entgegengeeilt war, und man kann sich denken, welchen Eindruck auf die empfängliche Organisation dieser Männer des Südens diese kaltblütige Tapferkeit machen mußte, welche die Gefahr schon vergessen zu haben schien, als diese kaum erst entschwunden war.

      Wie begierig die Verschworenen auch sein mochten, die Neuigkeiten zu erfahren, deren Ueberbringer er war, so verlangten sie doch, daß er vor allen Dingen von Nicolind Caracciolo, der von derselben Körpergröße und Stärke war wie er und dessen Haus in der Nähe des Palastes der Königin Johanna stand,2 einen vollständigen Anzug annehme und diesen gegen seinen vom Seewasser durchnäßten zu vertausche, welcher in Verbindung mit der Frische des Ortes, an welchem man sich befand, für die Gesundheit des Gescheiterten ernste Uebelstände zur Folge haben konnte.

      Trotz aller Einwendungen, die er dagegen erhob, mußte er doch nachgeben.

      Er blieb demgemäß allein mit seinem Freund Hector Caraffa, der durchaus die Stelle eines Kammerdieners bei ihm vertreten wollte.

      Als Cirillo, Manthonnet, Schipani und Nicolino wieder eintraten, fanden sie den strengen republikanischen Officier in einen eleganten Stutzer verwandelt, denn Nicolino Caracciolo gehörte, eben so wie sein Bruder der Herzog von Rocca Romana, zur Zahl der jungen Herren, welche in Neapel die Mode angaben.

      Als unser Held die Männer, welche sich auf einen Augenblick entfernt, wieder eintreten sah, ging er seinerseits ihnen entgegen und sagte in vortrefflichem Italienisch:

      »Meine Herren, mit Ausnahme meines Freundes Hector Caraffa, welcher die Güte gehabt hat, sich für mich zu verbürgen, kennt mich hier Niemand, während ich im Gegentheile Sie alle als gelehrte Männer oder als erprobte Patrioten kenne. Ihre Namen sind zugleich die Geschichte Ihres Lebens und berechtigen Sie zu dem Vertrauen Ihrer Mitbürger. Mein Name dagegen ist Ihnen unbekannt und Sie wissen von mir wie Caraffa und durch Caraffa blos einige muthige Thaten, welche ich mit den bescheidensten und unbekanntesten Soldaten der französischen Armee gemeinsam habe. Wenn man aber im Begriffe steht, für eine und dieselbe Sache zu kämpfen, für eine und dieselbe Idee sein Leben aufs Spiel zu setzen, ja vielleicht auf einem und demselben Blutgerüste zu sterben, so ist die Pflicht eines redlichen Mannes, sich kennen zu lernen und kein Geheimniß für diejenigen zu haben, die keines für ihn haben. Ich bin Italiener wie Sie, meine Herren, ich bin Neapolitaner wie Sie, nur mit dem Unterschiede, daß Sie zu verschiedenen Epochen Ihres Lebens geächtet und verfolgt worden sind, während ich schon vor meiner Geburt geächtet ward.«

      Das Wort »Bruder!« entrang sich Aller Munde, die Hände Aller streckten sich den beiden offenen Händen des jungen Mannes entgegen.

      »Die Geschichte meines Lebens oder vielmehr meiner Familie ist eine sehr traurige,« fuhr er fort, indem eine Augen ins Weite hinausblickten, als ob er ein für Alle außer für ihn selbst unsichtbares Phantom suchte. »Sie wird hoffentlich für Sie ein neuer Antrieb sein, die verhaßte Regierung zu stürzen, welche auf unserem Vaterlande lastet.«

      Er schwieg einen Augenblick und fuhr dann fort:

      »Meine ersten Erinnerungen datieren aus Frankreich. Mein Vater und ich, wir bewohnten ein kleines Landhaus, welches ganz allein mitten in einem großen Walde stand. Wir hatten blos einen Diener; wir empfingen Niemandes Besuch; ich entsinne mich nicht einmal mehr des Namens dieses Waldes.

      »Oft, am Tage sowohl, als in der Nacht ward mein Vater abgeholt. Er stieg dann zu Pferde, nahm seine chirurgischen Instrumente mit und folgte der Person, welche ihn abrief. Dann erschien er zwei, vier, sechs Stunden, zuweilen erst am nächsten Tage wieder, ohne zu sagen, wo er gewesen war. Erst später erfuhr ich, daß mein Vater Wundarzt war und daß er sich so oft entfernte, um Dienste zu leisten, für welche er niemals Bezahlung annahm.

      »Er allein beschäftigte sich mit meiner Erziehung, doch muß ich sagen, daß er mehr auf die Entwicklung meiner körperlichen Kraft und Gewandtheit bedacht war, als auf die meines Geistes.

      »Er lehrte mich indessen lesen und schreiben und unterrichtete mich dann in der lateinischen und griechischen Sprache. Wir redeten bald italienisch, bald französisch. Die ganze Zeit, die uns nach diesen verschiedenen Lectionen übrig blieb, ward den Uebungen des Körpers gewidmet.

      »Diese bestanden in Reiten, Fechten und Schießen mit Büchse und Pistole.

      »Mit zehn Jahren war ich ein vortrefflicher Reiter, eine Schwalbe im Fluge verfehlte ich selten und traf mit meinen Pistolen ein an einem Faden hin- und herbaumelndes Ei fast auf jeden Schuß.

      »Ich hatte soeben mein zehntes Jahr zurückgelegt, als wir nach England abreisten. Dort blieb ich zwei Jahre. Während dieser zwei Jahre ward ich im Englischen durch einen Lehrer unterrichtet, den wir ins Haus nahmen und der bei uns aß und schlief. Nach Verlauf von zwei Jahren sprach ich das Englische eben so geläufig wie das Französische und Italienische.

      »Ich war etwas über zwölf Jahre alt, als wir England verließen, um nach Deutschland zu reisen. In Sachsen blieben wir. Auf dieselbe Weise, wie ich die englische Sprache gelernt, lernte ich auch die deutsche und nach Verlauf von weiteren zwei Jahren war mir diese letztere Sprache eben so geläufig wie die drei andern.

      »Während dieser vier Jahre hatte ich auch meine physischen Studien fortgesetzt. Ich war ein vortrefflicher Reiter, ein Fechter ersten Ranges und hätte dem besten Tiroler Jäger den Preis als Schütze streitig machen können.

      »Nie hatte ich meinen Vater gefragt, warum er mich alle diese Studien machen ließ. Ich fand Vergnügen daran und da mein Geschmack mit seinem Willen übereinstimmte, so hatte ich Fortschritte gemacht, die mich selbst angenehm beschäftigten, während sie zugleich ihm zufriedenstellten.

      »Uebrigens aber war ich bis jetzt in der Welt umhergewandert, ohne dieselbe eigentlich zu sehen. Ich hatte in drei Ländern gewohnt, ohne sie kennen zu lernen. Mit den Helden des alten Griechenland und des alten Rom war ich genau bekannt, von meinen Zeitgenossen dagegen wußte ich nichts.

      »Ich kannte weiter Niemanden als meinen Vater. Mein Vater war mein Gott, mein König, mein Meister, meine Religion. Mein Vater befahl, ich gehorchte. Meine Erkenntnisse und mein Wille kamen von ihm. Von Recht und Unrecht hatte ich für mich selbst nur sehr schwankende Begriffe.

      »Ich zählte fünfzehn Jahre, als mein Vater eines Tages zu mir sagte, wie er schon früher zweimal gesagt hatte: »Wir reisen ab.« Es fiel mir nicht einmal ein, ihn zu fragen:

      »Wo reisen wir hin?«

      »Wir passierten Preußen, den Rheingau, die Schweiz, wir überstiegen die Alpen. Ich hatte erst deutsch, dann französisch gesprochen; plötzlich, als wir am Gestade eines großen Sees anlangten, hörte ich eine neue Sprache reden. Es war die italienische. Ich erkannte meine Muttersprache und zitterte vor Freuden.

      »In Genua schifften wir uns ein und in Neapel stiegen wir ans Land. In Neapel hielten wir uns einige Tage auf. Mein Vater kaufte zwei Pferde und schien bei der Wahl derselben mit großer Aufmerksamkeit zu Werke zu gehen.

      »Eines Tages kamen zwei herrliche Thiere, Bastarde von der englischen und arabischen Race, in den Stall. Ich versuchte das, welches für mich bestimmt war, und war ganz stolz, Herr eines solchen Thieres zu sein.

      »Eines Abends brachen wir von Neapel auf und ritten einen Theil der Nacht hindurch. Gegen zwei Uhr des Morgens langten wir in einem kleinen Dorf an, wo wir Halt machten.

      »Hier ruhten wir aus bis um sieben Uhr Morgens.

      »Um sieben Uhr frühstückten wir. Ehe wir wieder aufbrachen, sagte mein Vater zu mir: »Salvato, lade deine Pistolen.«

      »Dieselben sind schon



<p>2</p>

Der Verfasser hat denselben Nicolino Caracciolo, von welchem hier die Rede ist, persönlich gekannt. Derselbe bewohnte noch im Jahre 1860 dieses Haus, wo er 1863 in einem Alter von dreiundachtzig Jahren starb.