Geister, Frauen Und Andere Einbildungen. Stephen Goldin

Читать онлайн.
Название Geister, Frauen Und Andere Einbildungen
Автор произведения Stephen Goldin
Жанр Научная фантастика
Серия
Издательство Научная фантастика
Год выпуска 0
isbn 9788873041191



Скачать книгу

das es den Kräften, die in der Stadt zugange sind, ermöglicht, Materie in jeglicher Form, die sie wünschen, zu erzeugen. Alle diese vorläufigen Schlüsse setzen unglaublich große technische Fähigkeiten seitens der Erbauer der Stadt voraus. Es scheint nun absolut notwendig, dass wir das Geheimnis der Stadt lüften.

      „Es muss eine zentrale Steuereinheit geben, einen Ort, wo die höheren Gehirnfunktionen der Stadt sitzen. Du musst diese Stelle finden, und sie lahmlegen, ohne sie zu zerstören, sodass sie gefahrlos untersucht werden kann.“

      „Aber wie soll ich das tun?“ protestierte Ryan.

      „Im Moment gibt es nicht genug Daten, um eine solche Frage zu beantworten“, antwortete Java-10. „Du musst erst mehr über das System herausfinden.“

      „Es könnte gefährlich werden.“ Ryan wiederholte Baels Drohung bezüglich der Albträume. „Kannst du nicht noch ein paar Männer herunter schicken, um mir zu helfen?“

      Die Antwort war unmittelbar, und grausam in ihrer Unverblümtheit. „Nein. Wenn ein Mann das nicht schafft, dann sind die Chancen zu gering, dass eine Gruppe es schaffen könnte. Wenn die Stadt dich besiegt, dann wird sie auch jeden anderen besiegen, den wir hinunter schicken könnten. Wir können keine weiteren Leben riskieren. Wenn du versagst, dann muss die Stadt zerstört werden, egal wie wertvoll sie ist.“ Und ohne ihm auch nur viel Glück zu wünschen, unterbrach Java-10 die Verbindung.

       ***

      Es war spät am Nachmittag. Der rote Stern, der für diese Welt die Sonne darstellte, ging unter und wurde zu einem aufgedunsenen Ball aus Blut, als er sich dem Horizont näherte. Sein Licht änderte die Färbung der gesamten Stadt und die Art, wie die Gebäude die makabren Farbtöne mit einem Gefühl von gruseliger Freude reflektierten, wirkte Unheil verkündend. Die ständig anwesende Brise wurde kühler, und Ryan, der im offenen Gelände stand, zitterte unwillkürlich.

      Er hatte seit dem Frühstück nichts mehr gegessen und wurde nach den ungewöhnlichen Ereignissen des Tages recht hungrig. Er griff nach seiner Nahrungsdose in seiner Überlebens-Tasche

       und bemerkte hinten zu seiner Rechten eine große Tafel, scheinbar gedeckt für den Smörgåsbord eines reichen Mannes. Die verschiedenen angenehmen Düfte von geröstetem Schinken, Brathähnchen, gekochtem Hummer und gegrilltem Steak nahmen seine Nase in Beschlag. Hinter dem Fleisch konnte er als Beilagen Berge von Kartoffelpüree mit Butter sehen, Erbsen und

      „Nein!“, sagte er laut. „Nein, du wirst mir das nicht mehr antun. Du hast mich einmal verführt, aber jetzt lasse ich mich nicht mehr hereinlegen.“ Er ging von der Tafel weg.

      Die Tafel, auf Rädern, folgte ihm.

      „Diesmal nicht“, wiederholte er. Er holte eine ungeöffnete Essensrationsdose hervor und winkte damit. „Ich habe diesmal mein eigenes Essen. Es ist vielleicht nicht so lecker wie deines, aber wenigstens hat es keine Klauseln.“

      Ryan zog an der Lasche, um die Dose zu öffnen. Drinnen krabbelten auf dem Fleisch mehrere große, hässliche, schwarze Insekten. Instinktiv schleuderte er die Dose von sich. Die Tafel, beladen mit Essen, kam näher.

      „Ist gut“, sagte Ryan dickköpfig, „dann bleibe ich eben hungrig für ein paar Stunden. So einfach gebe ich nicht auf. Lass Bael und die anderen deine Sklaven sein, aber auf mich brauchst du nicht zu zählen.“ Durch diese Ansage fühlte er sich sehr stolz auf seine eigene Integrität. Leider half das nicht, um seinen knurrenden Magen zu beruhigen.

      Finde das Gehirnzentrum der Stadt, hatte Java-10 ihm aufgetragen. Einfacher gesagt als getan. Wo sollte er suchen? Das geographische Zentrum könnte ein logischer Ort sein, aber wie sollte er das finden? Er hatte keine Ahnung, wo er im Moment war, und selbst wenn er eine hätte, so hatte er keine Richtungsangaben. Es konnte keine Anhaltspunkte geben, in einer Stadt, die sich ständig veränderte, wo Gebäude sowohl ihre Form, wie auch ihre Farbe von Minute zu Minute veränderten.

      Nachdem er schließlich beschlossen hatte, dass jede Richtung gleich gut oder schlecht war, begann Ryan zu gehen. Die Bankett-Tafel folgte ihm wie ein aufgeregter kleiner Hund. Er ignorierte sie und konzentrierte seinen Blick auf das was vor ihm lag.

      Als die Dämmerung zur Dunkelheit wurde, gingen die Lichter der Stadt an. Nicht die weißen, sterilen, eintönigen Lichter von Metropolen auf der Erde, sondern Trugbilder von Helligkeit und Farbe, als wäre die Stadt zu einer einzigen großen Feuerwerksshow geworden. Lichter aller Farbtöne blinkten und leuchteten in einer Mischung aus geordneten und zufälligen Mustern. Hypnotisierende Wirbel und Kombinationen strichen in unendlicher Abfolge entlang der Seite eines Gebäudes hinauf und entlang eines anderen hinunter. Es gab keine Ecken, in denen sich die Dunkelheit hätte verstecken können, und so floh sie, und überließ die Stadt einer Helligkeit wie am Tage.

      Ryan ignorierte die Lichter und lief weiter.

      Schließlich gab der Tisch hinter ihm auf, und verschwand. Einer der früheren Erkunder der Stadt erschien aus einem Gebäude, mit einer Flasche in der Hand. Als er Ryan sah, winkte er freundlich und lud ihn ein, sich zu ihm zu gesellen.

      Ryan ging an ihm vorbei.

      “Jeffrey!”

      Er konnte nicht anders, als sich bei diesem Ruf umzudrehen. Da, im Eingang eines der Gebäude, stand seine Mutter, die seit vier Jahren tot war. Sie trug ihre Haare lang, wie es modern gewesen war, als Ryan drei Jahre alt war, aber ihr Gesicht war das, das sie im Alter gehabt hatte. Sie streckte eine Hand nach ihm aus. „Komm zu mir, mein Sohn“, bat sie leise.

       Sie ist nicht echt. Mutter ist tot. Dies ist eine Täuschung. Gefälscht. Illusion. Betrug.

      Er drehte sich langsam um, um weiter zu gehen.

      „Jeffrey! Jeffrey, mein Sohn, kennst du nicht einmal mehr deine eigene Mutter?“

      Ryan blieb stehen und biss sich auf die Lippe, aber er sah sie nicht mehr an. Er wagte es nicht.

      „Jeffrey, sieh mich an. Bitte!“

      „Nein. Du bist eine Täuschung. Eine Täuschung, wie alles andere an diesem gottverdammten Ort. Geh weg und lass mich alleine!“

      Sie rannte auf ihn zu, so gut sie konnte, ihr linkes Bein stärker belastend, wie sie es immer getan hatte, wegen ihrer Arthritis. Sie warf sich ihm zu Füßen wobei sie seinen Ärmel umklammerte. „Ich bin deine Mutter, Jeffrey“, weinte sie. „Sag, dass du mich kennst. Bitte! Du kennst deine Mutter.“ Ihre feuchten Augen sahen zu seinem Gesicht auf, und er wandte schnell seinen Blick ab.

      „Lass LOS!“ rief er. Er schob sie von sich weg. Sie fiel hintenüber und ihr Kopf schlug hart am Boden auf. Es gab ein knackendes Geräusch, und Blut begann aus ihrem Kopf zu fließen, wo er aufgeschlagen war. Sie war völlig still, ihre Augen sahen zu ihm auf, wie ein toter Fisch. Er würgte, aber sein Magen war leer und nichts als der bittere Geschmack von Säure kam hoch.

      Als seine Magenkrämpfe aufgehört hatten, richtete er sich auf und ging weiter, trotz der Tatsache, dass er ihre toten, starren Augen in seinem Rücken spüren konnte. Wenn er sich umdrehen würde, das wusste er, würde sie ihn ansehen. Dieses Wissen machte es schwer, sich nicht umzudrehen.

      Ryan lief weiter.

       ***

      Sie warteten auf ihn, als er um die Ecke bog. Bael und sieben der anderen Kundschafter, standen aufgereiht und blockierten den Weg. „Wenn du dich nicht an die Regeln hältst, darfst du nicht weiterspielen, Jeff“, sagte Bael ruhig.

      „Lasst ihr mich durch?“

      Sein Gegenüber schüttelte den Kopf. „Nein, wir können dich nicht weiter gehen lassen.“

      „Was soll ich dann jetzt tun?“

      „Du hast die Wahl: entweder du kehrst um, oder du schließt dich uns an.“

      „Und was ist mit meiner Mission hier?“

      „Hör auf Zinnsoldat zu spielen, Jeff. Du kannst es besser.“

      „Ich