Название | Handbuch IT-Outsourcing |
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Автор произведения | Joachim Schrey |
Жанр | |
Серия | C.F. Müller Wirtschaftsrecht |
Издательство | |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783811438064 |
aa) China
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China gilt inzwischen ebenfalls als wichtige Offshore-Region – vor allem für japanische und koreanische Anbieter. Auch Beratungshäuser wie Bearing Point (ehemals KPMG Consulting) haben ein chinesisches Entwicklungszentrum eröffnet, um ihre US-Kunden kostengünstiger betreuen zu können. Diese Strategie kann allerdings sehr riskant sein. Angesichts der fehlenden Sprachkenntnisse und Urheberrechtsrichtlinien sowie der grundsätzlich völlig anderen Gesetzeslandschaft sei der chinesische Markt für nordamerikanische und europäische Unternehmen noch nicht reif. Während vereinzelte Studien China als das nächste Indien im IT-Offshore-Outsourcing sehen, gibt es doch einigen Grund, dieser Einschätzung skeptisch gegenüber zu stehen. Zwar eröffneten bereits vereinzelt westliche Konzerne Software-Entwicklungszentren in China. Und auch indische Firmen verlagern Einheiten, um von den geringeren Kosten der niedriger qualifizierten IT-basierten Tätigkeiten, wie Dateneingabe, in China zu profitieren. Dennoch bremsen die vergleichsweise schwach entwickelte IT-Infrastruktur, die nicht hinreichend verbreiteten Englischkenntnisse sowie die noch geringe Zahl (erfahrener) IT-Spezialisten den Aufholprozess. Chinas Stärken liegen eher bei Embedded Services und im Hardwarebereich. Chancen sind außerdem darin zu sehen, für andere asiatische Länder Back-Office-Aktivitäten für Finanzdienstleister, Telekom- und Handelsunternehmen bereitzustellen.[325]
bb) Irland
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Demografisch gesehen sind 40 % der irischen Bevölkerung jünger als 25. Über zwanzig Universitäten Irlands produzieren eine ausreichende Zahl von IT-Fachkräften, um das irische nearshore-Business wachsen zu lassen. Gute Bindungen zwischen Universitäten und den Hardware-/Softwareherstellern gewährleisten, dass die Absolventen auf die Arbeit gut vorbereitet sind, nachdem sie ihr Studium beendet haben. Als Ergebnis gibt es inzwischen über 600 Unternehmen, die Irland als Standort entdeckt haben. Insbesondere im Bereich der Finanzdienstleistungen hat sich Dublin als ein europäisches Zentrum etabliert. US-amerikanische Unternehmen bevorzugen Dublin als ihren Verteiler in Europa, denn Irland bietet
– | Englisch als Landessprache |
– | nach wie vor erhebliche Subventionen beim Aufbau neuer Niederlassungen |
– | eine gute technische Infrastruktur |
– | eine geringe Entfernung zu Kontinentaleuropa |
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Allerdings hat sich Irland auch rasch entwickelt und die Bevölkerung ist mit ca. 4 Millionen nicht sehr groß. Steigende Lohnkosten und eine erhöhte Wechselbereitschaft der Mitarbeiter setzen diesem Trend inzwischen aber auch Grenzen.
cc) Osteuropa
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Für zahlreiche Länder in Osteuropa sprechen oftmals geringe Unterschiede in „Mentalität und Kultur“, kein bzw. geringster Zeitunterschied und die örtliche Nähe zu Deutschland verbunden mit sehr oft brauchbaren deutschen Sprachkenntnissen, ferner eine oftmals ausgeprägte „unternehmerische Orientierung bei der Bevölkerung“, eine wissenschaftlich gut ausgebildete Schicht sowie sehr niedrige Kostenstrukturen. Allerdings gibt es auch in Osteuropa nur begrenzte Ressourcen in Form der Bevölkerung mit entsprechenden Fähigkeiten und Kenntnissen. Zudem ist auf Grund der Osterweiterung der EU schon heute eine Steigerung des Lohnniveaus spürbar, so dass die zu realisierenden Kostenvorteile nicht dauerhaft sein werden.[326]
dd) Indien
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Indien gehört zu den häufigsten Offshore-Regionen – nicht zuletzt deshalb, da es einige starke Argumente für Indien als Standort gibt.[327] Je nach Quelle wird Indiens Anteil am globalen Offshore-Outsourcing-Geschäft auf 70 bis 90 % geschätzt. Die Schwerpunkte der indischen Angebotspalette liegen in der Applikationsentwicklung, der Übernahme eines gesamten IT-Unternehmens oder vereinzelter unterstützender Geschäftsprozesse (BPO) und bei Call-Center-Diensten. Als wichtigster Handelspartner zeichnet Nordamerika mit zwei Dritteln für den Löwenanteil der Software und IT-basierten Dienstleistungsexporte Indiens verantwortlich. Bemerkenswert ist speziell die hohe Qualität der indischen Software- und BPO-Branche: 2002 wurden in Indien die meisten CMM Level 5 zertifizierten Unternehmen weltweit gezählt. Level 5 ist die höchste Stufe des Reifegrades der Entwicklungsprozesse eines Softwarelieferanten in diesem Referenzmodell. Die Anfänge des indischen IT-Export-Booms reichen bis in die Mitte der 1980er Jahre zurück. Texas Instruments eröffnete damals eine Niederlassung in Bangalore mit Schwerpunkt Entwicklung, ein Jahr später folgte Motorola. Bis Mitte der 1990er Jahre zogen besonders amerikanische und westeuropäische, multinationale Konzerne aus der Elektronikindustrie nach. Erst ab der zweiten Hälfte der 1990er Jahre jedoch eröffneten die großen Softwarehäuser wie Microsoft, SAP oder Adobe Entwicklungszentren in Indien. Parallel wuchs die Zahl der indischen Unternehmen, die auf Basis von Verträgen insbesondere für US-amerikanische Auftraggeber Programmieraufträge übernahmen, auf inzwischen über 3.000. Mittlerweile belaufen sich die indischen Software- und Dienstleistungsexporte auf rund USD 12 Mrd. Wenn die Dynamik der letzten Jahre anhält, werden sie bis 2008 auf knapp USD 38 Mrd. ansteigen. Begünstigt wurde diese Entwicklung zum einen dadurch, dass sich Indien seit 1991 ausländischen Investitionen und Kooperationen verstärkt öffnete. Zum zweiten förderte das Engagement des nationalen Branchenverbands NASSCOM seine Mitglieder erfolgreich. Indien hat den Status eines reinen Discountanbieters im IT-Bereich längst abgelegt. Seine größten Player spielen in einer eigenen Liga. Über die Qualität ihrer Leistungen haben sie international sehr viel Reputation aufgebaut. Sie verlagern inzwischen ihrerseits Aufgaben in noch günstigere Länder wie China oder die Philippinen. Außerdem expandieren sie auch nach Westeuropa, wo sie kleinere lokale Firmen aufkaufen.[328]
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Zusammenfassend sprechen folgende Punkte für ein Offshoring-Projekt nach Indien:
– | Verfügbarkeit der Ressourcen |
– | Arbeitskosten |
– | technische Kompetenz |
– | hohes Bildungsniveau |
– | Erfahrung mit komplizierten Projekten |
– | ein hoch entwickeltes, fundiertes Qualitätsmanagement |
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Indien teilt mit Irland die meisten Vorteile, nur sind die Lohnsätze bedeutend niedriger. Die indische Regierung hilft bei der Entwicklung des Offshore-Wirtschaftsbereiches, der zurzeit mehr als 10 % aller indischen Exporte ausmacht. Die Indische Nationale Gesellschaft für Software- und Servicefirmen (NASSCOM, The Indian National Association of Software and Service Companies) ist eine der stärksten Berufsorganisationen weltweit. Indien verfügt über ein ausgefeiltes Kooperationssystem zwischen Universitäten und Industrieunternehmen. Im Laufe des Jahres ist die Zahl der „quality certified“ Softwarefirmen aus Indien auf über 200 gestiegen. Die Motivation für indische IT-Software- und Servicefirmen SEI CMM Level 5 zu erlangen, geht auf das Jahr 1995 zurück, als Motorolas Geschäftseinheit in Indien als erstes indisches Unternehmen diese Zertifizierung erhalten hat. Aber auch in zahlreichen prozessorientierten Dienstleistungen hat sich Indien inzwischen etabliert.[329] Natürlich vorrangig für Kunden aus den USA und Großbritannien – nicht zuletzt auf Grund der Sprache. Als einer der wesentlichen Unsicherheitsfaktoren