Название | Der goldene Kürbis |
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Автор произведения | Masal Dorothea |
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Серия | |
Издательство | |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783954528318 |
Vor zwei Wochen war sie mit ihren Eltern in diese kleine, verschlafene Stadt gezogen. Jeglicher Versuch den Umzug zu verhindern, hatte bei ihren Eltern keine Wirkung gezeigt. Der Möbellaster war gekommen und Katie hatte sich eingestehen müssen, dass sie den Kampf und ihr bisheriges Leben verloren hatte.
Den Umzug hatte sie mittlerweile weitestgehend akzeptiert, zumal die Leute hier sehr nett und hilfsbereit waren. Aber sie vermisste ihre alten Freunde und ihre ehemalige Schule. Es war schließlich nicht gerade vorteilhaft, mitten im laufenden Halbjahr die Schule zu wechseln und damit die einzig neue Mitschülerin zu sein. Da war lästiges Tuscheln und Gaffen der anderen vorprogrammiert. Der Halloween-Ball der Schule bot daher die perfekte Gelegenheit, schnellstmöglich neue Leute kennenzulernen und Anschluss zu finden. Doch genau zu diesem würde sie nun zu spät kommen.
Nervös lief Katie weiter den schmalen Weg zwischen den Häusern entlang. Umdrehen kam nicht in Frage. Genau das hofften die anderen und dann würde sie die restliche Schulzeit damit aufgezogen werden.
»Kneifen ist nicht.«
Sie bog um eine weitere Straßenecke und befand sich direkt am Waldrand hinter der Kleinstadt. Die hohen, dunklen Bäume wiegten sich leicht im Abendwind und warfen dabei unheimlich tanzende Schatten auf den Boden. Perfekt für eine kinoreife Mordszene, schoss es Katie durch den Kopf. Eine plötzliche Wolkenlücke ließ das helle Mondlicht an etlichen Stellen durch das dichte Blätterdach fallen und tauchte die Szenerie in ein mystisches Lichtspiel. Was zuvor noch ansatzweise friedlich gewirkt hatte, verwandelte sich nun in einen verfluchten Geisterwald. Katie stöhnte auf. Na klasse! Eine solche Atmosphäre hatte ihr gerade noch gefehlt. Sofort ergriff ihre Fantasie die Oberhand und sie glaubte hinter jedem Baum ein Schattenwesen zu erkennen. Ihr Atem beschleunigte sich und Katie konnte nicht anders, als reglos wie ein verängstigtes Reh dazustehen und die Umgebung zu beobachten. Mit aller Kraft versuchte sie ihre Fantasie zu unterdrücken und einen möglichst ruhigen Kopf zu bewahren.
Rechts neben ihr knackte es. Nur der Wind, beruhigte sie sich. Dann huschte ein Schatten durch ihren Lichtkegel. Nur ein aufgeschrecktes Tier.
Hätte sie gestern Abend bloß nicht diesen Horrorfilm geschaut, bei dem eine Gruppe ahnungsloser Teenager einen Nachtspaziergang im Wald unternahm. Die meisten Szenen waren völlig übertrieben gewesen und für ihren Geschmack absolut unrealistisch dargestellt worden. Man hätte den Film lieber unter dem Genre »Komödie« laufen lassen sollen. Doch jetzt, hier so allein im Dunklen, wirkte die Story auf einmal sehr realistisch.
Aus der Ferne ertönte ein dumpfes Geräusch. Katie zuckte zusammen. Es war so leise, dass sie zuerst glaubte, es sich nur eingebildet zu haben. Sie horchte genauer. Da, ein erneuter Laut.
Eindeutig ein klägliches Jaulen. Und viel näher als noch vor wenigen Sekunden.
Wölfe!
Katie gefror das Blut in den Adern. Ihr Herz raste in Highspeed-Geschwindigkeit. Sie warf einen panischen Blick über die Schulter und lauschte angestrengt in die Nacht hinein. Das Jaulen war so schnell verschwunden, wie es gekommen war. Aber das hieß nicht, dass sich nicht irgendetwas unmittelbar in ihrer Nähe befand.
Flach atmend verweilte Katie in ihrer Position. Es rührte sich nichts.
Typisch!
Es spielte mit seiner Beute – ihr.
Aber auch nach zwei weiteren Minuten ertönte das Geräusch nicht noch einmal. Katie war das nur recht. Sie glaubte zwar nicht an Märchen und Fabelwesen, hatte aber auch keine Lust, heute vom Gegenteil überzeugt zu werden.
Schnell rief sie sich den eigentlichen Grund für ihren nächtlichen Ausflug wieder in den Kopf. Es konnte nicht mehr weit bis zur Gruselvilla sein.
Mit zügigen Schritten lief sie weiter. Nicht aber ohne sich immer wieder unbehaglich umzuschauen. Je näher sie ihrem Ziel kam, desto mehr fremdartige Geräusche schien sie in der verlassenen Umgebung zu hören. Da waren der unnatürlich laute Ruf eines Uhus, unheimlich raschelnde Blätter und … eine Art Schleifen.
Das war eben aber noch nicht da gewesen!
Ihre Nackenhaare sträubten sich. Gerne hätte sich Katie umgedreht und nachgesehen, was hinter ihr lauerte. Doch dazu kam sie nicht.
Ein riesiger Schatten tauchte vor ihr auf. Lautes Rascheln und Scharren ertönte und Katie machte einen erschrockenen Satz nach hinten. Das war jedoch ein großer Fehler.
Etwas Kaltes, Knöchernes umklammerte ihren Fuß. Sie schrie auf und versuchte ihren Knöchel zu befreien. Dieser löste sich aber nicht mehr aus dem eisernen Griff. Unerbittlich schnitt die kalte Hand in ihr Fleisch und verursachte einen brennenden Schmerz in ihrem Bein.
Panisch trat Katie mit dem freien Fuß nach dem Angreifer und verlor dabei ihre Taschenlampe. Mist! Warum hatte sie nicht besser aufgepasst? Mit der Lampe hätte sie sich wenigstens verteidigen können. Nun war sie unbewaffnet.
Lichter in grellen Farben flammten auf und ein Heulen ertönte, das ihr durch Mark und Bein ging.
Werwölfe!
Geblendet riss sie die Arme nach oben. Mit letzter Kraft zerrte sie an ihrem Fuß. Jeden Moment würde sich das Monster auf sie stürzen und zubeißen.
Aber nichts geschah. Warum greift es nicht an? Erneut ruckte sie an ihrem Bein. Vergebens. Warum fluoresziert sein Fell so komisch? Davon habe ich noch nie etwas in Fantasyromanen gelesen.
Ein hämisches Lachen mischte sich unter das Scharren. Sofort wusste Katie, dass vor ihr weder ein Werwolf noch sonst irgendein Angreifer oder Fabelwesen stand. Leider, wie sie sich bedauernd eingestehen musste. Denn das wäre ihr jetzt gerade deutlich lieber gewesen.
Sie stoppte ihre Befreiungsversuche und öffnete genervt die Augen. Vor ihr standen ihre drei neusten Erzfeindinnen. Zu allem Überfluss erkannte Katie nun auch, dass ihr Fuß nicht wie vermutet von einer eiskalten Knochenhand festgehalten wurde, sondern sich lediglich in einem großen Ast verkeilt hatte. Problemlos löste sie sich daraus und griff nach ihrer Taschenlampe, die direkt neben ihr auf dem Boden gelandet war. Na prima. Wieso hatte sie sich so schnell ins Bockshorn jagen lassen?! Dummer Film! Sie ärgerte sich über ihren Anflug von Angst, wollte sich aber definitiv keine Blöße geben und wandte sich so gelassen wie möglich den anderen zu.
Am Waldrand standen ihr drei kichernde, kostümierte Gestalten gegenüber, die mit großen Taschenlampen und Leuchtbändern ausgestattet waren.
»Du bist ja ganz schön schreckhaft, Williams!«, rief eines der drei Mädchen schnippisch, als Katie in den Schein ihrer Lampen trat. Es war Gina. »Hast du nicht neulich noch behauptet, du hättest vor nichts und niemandem Angst?«
»Das hast DU behauptet.«
Das hochgeschossene, blonde Mädchen schaute herablassend und musterte sie abwertend von oben bis unten. Sie war einen halben Kopf größer als Katie, was unter anderem daran lag, dass sie stets ihr Kinn hochnäsig nach oben reckte und mindestens 10-cm-Absätze trug. Katie wurde wieder einmal bewusst, wie unterschiedlich sie beide doch waren. Ihr eigenes schulterlanges, braunes Haar schien im Gegensatz zu Ginas gewelltem, blondem Schopf eher wild und struppig. Doch obwohl sie beide erst sechzehn Jahre alt waren, wirkte Gina durch ihre Outfits eher wie eine Studentin als eine Schülerin.
Verwirrt schaute sie auf Katies Kleidung. »Wir wollen gleich zum Halloween-Ball und nicht die neue ›Altkleider-Kollektion‹ für den Secondhandshop vorführen. Was bitte willst du darstellen?«
Katie biss vor Empörung die Zähne aufeinander. Bloß nicht reizen lassen. Genau das wollte Gina erreichen.
»Ich bin eine Schattenjägerin«, entgegnete sie daher so neutral wie möglich.
Ginas gezupfte Augenbraue fuhr fragend nach oben. Ihre zwei Freundinnen hatten mittlerweile aufgehört zu lachen und schauten nun ebenfalls neugierig auf ihr Halloweenkostüm.
»Schon mal was von Monstern und Dämonen gehört?!«
Katie