Название | Die Seelenlicht Chroniken |
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Автор произведения | Katrin Gindele |
Жанр | |
Серия | |
Издательство | |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783946843788 |
Mickal antwortete auf Italienisch, mit einem leichten Akzent, der seiner Stimme einen Hauch von Exotik verlieh. Dabei strahlte er eine Geduld aus, die mich unweigerlich an meinen Dad erinnerte.
Dad hatte auch nichts aus der Ruhe bringen können, ganz egal, wie verzwickt die Situation auch gewesen war. Immer hatte er eine Lösung gewusst, hatte sich niemals unterkriegen lassen, genauso wie Tony, der unserem Dad so sehr geähnelt hatte.
Ich vermisste die beiden so sehr.
In Gedanken schalt ich mich und schüttelte den Kopf, um wieder klar zu werden. Ich musste dringend damit aufhören, ständig in der Vergangenheit herumzuwühlen. Davon würde es auch nicht besser werden.
Ich gab mir einen Ruck, verdrängte die trüben Gedanken und versuchte, mich auf den Abend zu freuen, denn immerhin waren fast alle Menschen versammelt, die mir am Herzen lagen. Also schnappte ich mir ein Glas, schenkte mir Wein ein und stellte mich anschließend neben Patrizia, nur für den Fall, dass sie doch noch auf den Gedanken kommen sollte, Mickal an die Gurgel zu springen.
Doch meine Sorge war völlig unbegründet. Binnen einer halben Stunde hatte Mickal es geschafft, meine Freundin samt Gefolge um den kleinen Finger zu wickeln. Ihr Lächeln wirkte nun viel freundlicher und offener. Francesco und Silvio entspannten sich immer mehr.
Carlotta stellte sich hinter mich, mit einem Glas Wein in der Hand. »Hannah, der Typ ist Sex pur«, flüsterte sie mir in einem unbeobachteten Moment ins Ohr.
»Psst«, machte ich grinsend und boxte ihr in die Seite. »Benimm dich, Carlotta. Du bist hier nicht auf der Jagd.«
Sie kicherte. »Was nicht ist, kann ja noch werden.« Dann zog sie mich ein Stück nach hinten, außer Hörweite der anderen, und musterte mich mit ernster Miene. »Oder hast du selbst Interesse an diesem muskelbepackten Prachtstück?«
Ich presste die Lippen zusammen, weil ich nicht wusste, was ich darauf erwidern sollte. Hatte ich denn Interesse?
Unsere Clique folgte einem unausgesprochenen Kodex: Niemals im Revier des anderen wildern. Carlotta war zwar ein kleines männermordendes Wesen, die nichts anbrennen ließ, doch sie würde sich niemals an einem Mann vergreifen, wenn sie wusste, dass er mir auch gefiel. Darauf basierte unser aller Freundschaft.
Unsicher zuckte ich mit den Schultern, was Carlotta dazu veranlasste, verschwörerisch zu grinsen. »Alles klar«, hauchte sie, ihre Augen funkelten voller Vorfreude. »Das wurde aber auch langsam mal Zeit, Süße.«
Ich lief knallrot an, die blöden roten Flecken waren sicher auch wieder da.
Ohne Mickal eines Blickes zu würdigen, was mir unheimlich schwerfiel, weil ich ihn am liebsten den ganzen Tag lang beobachtet hätte, schlängelte ich mich an Carlotta vorbei und schnappte mir den Teller mit Antipasti, um ihn nach draußen auf die Terrasse zu bringen.
Der Abend verlief ohne Zwischenfälle. Wir standen oder saßen auf der Terrasse, ließen uns das Essen schmecken, schlürften Cocktails und unterhielten uns über dies und das. Doch immer, wenn sich unsere Blicke zufällig trafen, schaute ich Mickal fragend an, denn ich wollte unbedingt wissen, wie er es geschafft hatte, meine misstrauische Freundin so schnell auf seine Seite zu ziehen. Doch jedes Mal lächelte er nur und zuckte mit den Schultern, als könnte er kein Wässerchen trüben, was ich ihm jedoch nicht eine einzige Minute lang abkaufte. Später, wenn wir allein wären, wollte ich ihn danach fragen, das nahm ich mir fest vor. Und dann würde er mir verraten müssen, was er mit meiner Freundin angestellt hatte, darauf würde ich bestehen.
Mitten in der Nacht wurde ich von einem markerschütternden Schrei geweckt.
Sofort war ich hellwach.
Mom!
In letzter Zeit litt sie unter Albträumen, die so furchtbar sein mussten, dass sie davon schreiend aufwachte. Wahrscheinlich ging es um Dad und meinen Bruder. Um den schrecklichen Unfall, der alles verändert hatte. Zumindest war das bei mir am Anfang der Grund dafür gewesen, warum ich jede Nacht schweißgebadet aufgewacht war.
Schlaftrunken rappelte ich mich auf. Mein Kopf dröhnte von den Cocktails, die etwas stärker gewesen waren als üblich.
Ohne das Licht einzuschalten, tastete ich mich zur Tür und schlurfte hinaus in den Flur. Beinahe hatte ich Moms Schlafzimmer erreicht, als eine dunkle Gestalt die Treppe hinaufgestürmt kam.
Barfuß und nur mit einer schwarzen langen Baumwollhose bekleidet bremste Mickal direkt vor mir ab. Er sah aus, als wäre er aus dem Schlaf gerissen worden.
Der Anblick seiner nackten, muskulösen Brust ließ meinen Puls höher schlagen. Mit großen Augen starrte ich ihn erschrocken an. Seine Oberarme waren mit unzähligen Tätowierungen bedeckt, die sich über beide Schultern schlängelten und vermutlich irgendwo auf seinem Rücken endeten. Und sie leuchteten in einer seltsam fluoreszierenden Farbe.
Doch das war es nicht, was mich so dermaßen schockierte, dass ich mich kaum bewegen konnte.
Mickal verharrte auf der oberen Treppenstufe in geduckter Haltung, bereit zum Sprung, falls es nötig sein sollte. In seiner rechten Hand blitzte ein langes Messer auf.
Nein, das war kein Messer, berichtigte ich mich. Das war ein Schwert.
Die rabenschwarze Klinge funkelte gespenstisch in dem knappen Mondlicht, das durch ein kleines Fester am Ende des Flures drang.
Dieses Schwert war keine Attrappe. Es war echt!
»Was zum Teufel soll das?«, fuhr ich ihn an, nachdem ich meine Stimme wiedergefunden hatte. »Du hast eine Waffe in mein Haus gebracht? Spinnst du?«
Noch immer hatte ich Mühe, den Anblick, der sich mir bot, zu verarbeiten.
Ein echtes Schwert! Das konnte nur ein schlechter Scherz sein.
Ich konnte Mom hinter der verschlossenen Tür leise wimmern hören, was mich daran erinnerte, warum ich überhaupt in den Flur gekommen war.
»Du bleibst hier stehen«, kommandierte ich und legte meine Finger auf die Türklinke. »Rühr dich ja nicht vom Fleck.«
Mickal nickte zögernd und richtete sich auf. Seine zusammengekniffenen Augen folgten jedem meiner Schritte, ich spürte, dass er mich anstarrte. Doch das war mir egal, so verwirrend die Situation auch war. Zuerst musste ich mich um Mom kümmern.
Diesmal war sie nicht von ihrem Albtraum wach geworden, sie wälzte sich nur unruhig von einer Seite zur anderen.
Behutsam setzte ich mich auf die Bettkante, redete mit leisen Worten auf sie ein und versuchte, sie zu beruhigen.
Seit dem Tod meines Vaters schlief sie nur noch mit eingeschalteter Nachttischlampe, weil sie die Dunkelheit nicht ertragen konnte, wie sie selbst sagte.
Ihr eingefallenes, bleiches Gesicht war von tiefem Kummer gezeichnet, dunkle Ringe lagen unter ihren dichten Wimpern.
Bei ihrem Anblick schluckte ich hart. Alles Schöne verschwand aus ihrem Gesicht, jeden Tag ein bisschen mehr. Und ich konnte nichts dagegen tun. Noch nie in meinem Leben war ich mir so hilflos vorgekommen.
Ich blieb noch so lange, bis sich ihre Gesichtszüge langsam wieder entspannten, und hielt dabei ihre Hand. Dann verließ ich das Schlafzimmer, um mich dem Verrückten zu widmen, der es gewagt hatte, eine verdammte Waffe in mein Haus zu schmuggeln.
Mickal stand nicht mehr am Treppenabsatz.
Mit der rechten Hand tastete ich nach dem Lichtschalter und entdeckte ihn weiter hinten im Flur, wo er mit weit aufgerissenen Augen eines von Moms Bildern anstarrte.
»Kannst du mir erklären, was zum Teufel du dir dabei gedacht hast?«, ging ich mit gedämpfter Stimme auf ihn los.
Seine mächtigen Muskeln bewegten sich unter seiner Haut, als er den Kopf drehte und mich anschaute. »Woher stammt das Bild?«
Unwillkürlich schlang ich die Arme um meine