Die blaue Reiterin im Murnauer Moos. C.-A. Rebaf

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Название Die blaue Reiterin im Murnauer Moos
Автор произведения C.-A. Rebaf
Жанр Языкознание
Серия Malerei, Erotik, Spannung
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783750215092



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hatte Mayrs Gaslager gesprengt und es brannte überall lichterloh! Der Händler ließ es gewähren und war froh zunächst einmal mit dem Leben davon gekommen zu sein.

      Anitra hatte sich auf der Liege ausgestreckt und war unter der Decke eingeschlafen.

      Liebevoll schaute der dicke Alte sie an. Als sie wieder erwachte und zu sich kam, fragte er leise: „Gnäd'ge warum machen sie des?“ Anitra verstand ihn nicht. „Was, meinen sie mit 'des'?“ „Ja mir zu hoifn und mich zu warnen“ Da verfinsterte sich ihre Miene und erfror zu einer bitteren Maske. „Ich habe schlechte Erfahrung gemacht mit dem!“ und zeigte in die Richtung Wolfratshausen. Mayr schaute sie voll Mitleid an. „Eana G'sicht soagt oals! Eana ean Gschbusi?“ Mayr wollte es genau wissen. „Nein mein lieber Mann!“ Dann brach sie in hemmungsloses Schluchzen aus. „Ean Moa? Sie san g'heirat?“ fragte Mayr, aber sie konnte nicht weiter reden und er spürte auch, dass seine Befragung jetzt nicht weiter kam.

      „Eana Ross is scho z'haus! Ihr fahr sie z'ruck.“ Er nahm sie unterstützend am Arm und führte sie ins Führerhaus seines Paco-Paco.

      Das Neue Gewandhaus

      In Leipzig entstand nach der Katastrophe am schnellsten wieder eine neue solidarische Stadt-Kommunität, die einer früheren Gesellschaft mit einer entsprechenden Ordnung entsprach. Sogar eine Polizei ähnliche Organisation wurde wieder installiert, vertrieb alle War Lords und wehrte jegliche Versuche ab, dieses lukrative Terrain wieder zu versklaven.

      Sogar ein auf 'legalen' Abgaben basierendes Stadt-Steuersystem wurde nach einer demokratischen Abstimmung Zähne knirschend wieder eingerichtet.

      Die unterirdischen biochemisch-anthropologischen Labore der Stadt boomten und immer neue bahnbrechende Technologien für die künstliche Reproduktion der Menschen wurden erforscht und beschrieben. Man erkannte, dass die alten Replikanten nur kurz lebten und verstärkte die Forschung, um die Lebenszeit zu verlängern. Telomere und Telomerasen, Onkogene, Proteooncogene, Wachstumsfaktoren ein Leipziger Allerlei aller bekannten Einflussfaktoren auf die Lebenszeit der Zellen und Organismen wurde angerührt. Irgendwann kam ein findiger Prof. Bafier auf eine Idee, die im das Tor zum grenzenlosen Reichtum eröffnete: Die Anwendung aller dieser Techniken im Umfeld 'Schönheit und Kosmetik'!

      Die Prosperität der Stadt erwirtschaftete sogar Überschüsse und diese wurden genutzt, um den zerstörten Konzertsaal des Gewandhauses in der den Leipzigern eigenen Stil einer gelungenen Mischung aus Alt und Neu wieder erstehen zu lassen. Die Bürger dieser Stadt waren zu Recht stolz auf diese Leistung, die weder Berlin, noch Wien, noch München und schon gar nicht Dresden aufweisen konnte.

      Jetzt zur Eröffnung plante man einen musikalischen Festakt, der ein dickes Ausrufezeichen setzen sollte!

      Alexis, der Komponist der Neuzeit schlechthin, konnte gewonnen werden, für diesen Anlass die Uraufführung eines seiner nagelneuen Werke zur erlauben.

      Allerdings weigerte er sich strikt, als Dirigent und Person dabei in Erscheinung zu treten. Niemand wusste natürlich, in welchen vertraglichen Abhängigkeiten und Abgründen er sich mit einem Dirigenten namens Grinder verstrickt hatte und das schon zu Zeiten als er noch ein Nobody war. Aber sein phlegmatisches Wesen akzeptierte diese Verträge als unumstößlich.

      So kam Grinder zur Ehre das Dirigat zur Eröffnung des Neuen Gewandhauses zu übernehmen. Christiane sein Frau und Groupie war sehr stolz darauf. Diese, eine rüstige Mitvierzigerin, gerade dabei, ihr Outfit für diesen Event zu planen, hielt sich für durchaus attraktiv und versuchte dem unaufhörlichen Zwang des Alterns mit allen gegebenen Mitteln zu entrinnen.

      Hatte sie doch auch von den Wundern der neuen biotechnologischen Fortschritte gerade in Leipzig gehört, denen Wirkungen eines Jungbrunnens nachgesagt wurden. Sie stand bereits auf der Liste von Prof. Bafier der in dieser Hinsicht wahre Wunder vollbrachte. Ihr Auftritt an der Seite ihres Mannes ließ sie einige Listenplätze nach vorne schnellen. Dafür liebte sie ihren Grinder inniglich, auch wenn die anfängliche verrückte Verknalltheit einer sanften, wohligen vertraulichen Liebe gewichen war.

      Sie nahm die Visitenkarte in die Hand: Prof. Dr. Dr. med. Allan B. Bafier. „Wieso ein Doppeldoktor? In welchem Fach war der erste? Hat er wirklich zweimal promoviert? Dann der Name! Der ist doch reichlich komisch, fast geheimnisvoll. Ich muss wissen, was sich darunter verbirgt. 'Bafier'. Muss man das französisch aussprechen? Und dann das B. Als zweiter Vorname! Wofür steht es? Berthold, Bertram, Bill, ...“, plapperte sie so vor sich hin.

      Heute hatte sie ein Konsultation bei ihm. Sie wusste, dass eine ihrer Stärken das geschickte Fragen war. Eben typisch Frau. „Ich werde das Geheimnis lüften und in meinem Herzen bewahren. Aber wissen will ich es!“ Damit beendete sie das Selbstgespräch und verschwand ins Badezimmer ihres Hotels.

      Mayr hinter dem Peißenberg

      „Er hoad zugschlagn!“ Mayr war nicht Freund der vielen Worte, schon gar nicht bei seinen Spezl, nur in galanten Verkaufsgesprächen mit seinen Kundinnen. Andy sein Biogas-Produzent antwortete ebenso knapp: „Da Lä-iky?“

      „Jooh!“ Dann eine lange Pause.

      „Ois is zerdeppert, zwoa Doag hod's brennt!“ Wieder eine sehr lange Pause. „Moagst a Hoilbi?“ Das war nur eine rhetorische Frage und schon war Andy auf dem Weg zum Kühlschrank, natürlich betrieben mit Biogas. Die beiden Flaschen klirrten beim Zurückgehen. Mayr nahm die Beißzange von der Werkbank und entfernte die Kronkorken mit einem zweifachen Blubb. Sie stießen am Boden zusammen. „Hab' die Ehre!“ sagte Mayr als Dankeschön und sie hoben die Pullen synchron zu den Lippen. Auf den Schreck hin brauchte er einen sehr kräftigen Schluck und trank die Flasche fast leer. Andy sah das und ohne weiter zu fragen, stand er auf, holte den Enzian aus dem Kühlschrank. Mayr sah auf der Werkbank zwei versiffte Schnapsgläser und stellte sie parat. Junggesellen eben, eingespielt! Andy rieb die Gläser mit seinem verdreckten Daumen aus und schenkt ein. Biogas-Produzent eben!

      „Zum Wohlsei!“ schon war das, was wie Wasser aussah, aus dem Glas. Andy schenkte nach. Pause. Wortlos hob Mayr das Gläschen und synchron folgte Andy der Bewegung. Pause. Nach diesem zweiten Schluck war Mayr bereit, mehr Preis zu geben: „D'Anidra hoad mi gwarnt!“ Sehr lange Pause. Andy füllte diese und schenkte wieder ein. Nach dem Dritten: „Mia sann in mei Bunka!“ Jetzt verzog Mayr sein Gesicht und lächelte verschmitzt: „Dea Depp hoad uns ned gfundn!“

      Wieder eine lange Pause. „Mei Loager hoad er doan abgfack‘lt!“ Andy schaute Mayr voller Mitleid an. „Mia miss'de woas mache!“ Andy dachte nach und ergänzte: „Oans, zwoa neie Loager im Woild!“ Danach schenkte er wieder ein. „Exaktly! Schtricktly gehoim!“

      Andy nickte und Mayr erklärte noch einsilbig, dass er nach Minga fahren wollte, um den Schwarzen zu treffen und neue Gummibehälter zu ordern.

      Er schwankte zu seinem Paco, hatte schon die Türklinke in der Hand, da drehte er sich um und ging noch einmal zurück. Er nahm die Bierflasche von der Werkbank und trank den letzten Schluck aus. „Vergelds!“ murmelte er und sah Andy in die Augen. Dann stellte er die leere Flasche auf den Boden, ging zu seinem Paco und fuhr in schwungvollen großzügigen Kurven los.

      In Minga angekommen, ging er in den Augustinerkeller nah dem ehemaligen Hauptbahnhof und bestellte eine Maß. Seine Augen scannten die versammelten Biertrinker ab. Der Schwarze war nicht darunter. Eine junge Bedienung mit entsprechen Holz vor der Hütt'n bracht sein Manna. Er nahm einen kräftigen Schluck. Die Fahrt hierher war lang und anstrengend. Aber nichts brachte ihn aus seiner bayrischen Bierseligkeit. Er wusste, die stille Post würde hervorragend funktionieren und sein Geschäftspartner würde bald auftauchen. Er bestellte saure Kutteln mit Semmelknödel, trank und war durch den Alkohol in sich gekehrt. Seine Gesicht erinnerte an einen meditierenden Mönch vor dem liegenden Buddha. Seine Maß entsprach den rauchenden Räucherstäbchen.

      Die Bedienung brachte kurz darauf sein Essen und im Absetzen des Tellers konnte er tief in ihre Löwengrube schauen. 'Ich habe schon lange keiner Frau mehr beigewohnt', dachte er bei sich. Die entsprechenden Etablissements