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du, daß ich mit dir zurückkehre?« sagte Madame Arnoux.

      »Aber gewiß!« und mit einer tiefen Verbeugung fügte er hinzu: »Sie wissen, Madame, daß man ohne Sie nicht leben kann.«

      Alle beglückwünschten sie zu einem solchen Manne.

      »Ach, das gilt nicht mir allein!« erwiderte sie sanft, auf ihr Töchterchen weisend.

      Dann, als die Unterhaltung auf die Malerei gekommen war, wurde von einem Ruysdaël gesprochen, für den Arnoux eine beträchtliche Summe zu erhalten erwartete; und Pellerin fragte ihn, ob es wahr sei, daß der berühmte Saul Mathias aus London ihm im vorigen Monat dreiundzwanzigtausend Francs dafür geboten habe.

      »Nichts ist wahrer!« und zu Frédéric gewendet: »Das ist derselbe Herr, den ich neulich in der Alhambra umherführte, wider meinen Willen, versichere ich Sie, denn diese Engländer sind nicht amüsant.«

      Frédéric, der in dem Brief von Mademoiselle Vatnaz eine Weibergeschichte argwöhnte, hatte die Gewandtheit bewundert, mit der Arnoux einen schicklichen Vorwand gefunden, um sich aus dem Staube zu machen; aber seine neue, absolut überflüssige Lüge öffnete ihm die Augen.

      Der Kaufmann fügte unbefangen hinzu:

      »Wie heißt doch dieser große junge Mann, Ihr Freund?«

      »Deslauriers,« sagte Frédéric lebhaft.

      Und um das Unrecht wieder gut zu machen, dessen er sich ihm gegenüber schuldig fühlte, rühmte er ihn wie ein höheres Wesen.

      »Ach! wirklich? Aber er scheint nicht ein so guter Kerl zu sein wie der andere, der Kommis aus dem Fuhrgeschäft.«

      Frédéric verwünschte Dussardier. Sie mußte glauben, daß er mit gewöhnlichen Leuten umgehe.

      Darauf war die Rede von Verschönerungen der Hauptstadt, von neuen Stadtteilen, und der gute Oudry nannte Monsieur Dambreuse unter den großen Spekulanten.

      Frédéric ergriff die Gelegenheit, sich zur Geltung zu bringen und sagte, daß er ihn kenne. Aber Pellerin fiel in einer stürmischen Rede über die Krämer her, Kerzenhändler oder Geldwechsler, er sah darin keinen Unterschied. Rosenwald und Burrieu unterhielten sich über Porzellan; Arnoux sprach über Gärtnerei mit Madame Oudry; Sombaz, ein Spaßmacher der alten Schule, belustigte sich damit, ihren Gatten aufzuziehen; er nannte ihn Odry, nach dem Schauspieler, erklärte, daß er von d’Oudry, dem Hundemaler, abstammen müsse, denn der Tierhöcker sei auf seiner Stirn sichtbar. Er wollte sogar seinen Schädel betasten, allein der andere weigerte sich wegen seiner Perücke und das Dessert endete unter lautem Lachen.

      Nachdem man unter den Linden rauchend den Kaffee getrunken sowie einige Rundgänge im Garten gemacht hatte, wurde ein Spaziergang den Fluß entlang unternommen.

      Die Gesellschaft blieb vor einem Fischer stehen, der in einem Fischkasten Aale reinigte. Die kleine Marthe wollte sie sehen. Er leerte seinen Kasten auf den Rasen, und das kleine Mädchen warf sich auf die Knie, um sie zu fangen, lachte vor Vergnügen und schrie zugleich vor Schreck. Sie waren alle fort, Arnoux bezahlte sie.

      Dann hatte er die Idee, eine Bootfahrt zu machen.

      Eine Seite des Horizonts begann zu verblassen, während sich auf der andern eine tiefe Orange-Farbe weit über den Himmel verbreitete, die sich über den völlig schwarz gewordenen Gipfeln der Hügel mehr purpurn rötete. Madame Arnoux saß mit diesem Feuerschein hinter sich auf einem großen Stein. Die anderen schlenderten umher. Hussonnet warf unten am Ufer Kiesel flach über das Wasser.

      Arnoux kam mit einer alten Schaluppe zurück, und trotz aller Vorstellungen der Vorsichtigen packte er seine Gäste hinein. Sie kenterte und es mußte gelandet werden.

      In dem dunkelblau tapezierten Salon mit Kristall-Armleuchtern an den Wänden brannten schon alle Kerzen. Mutter Oudry schlummerte sanft in einem Fauteuil, und die anderen hörten Monsieur Lefaucheur zu, der sich über die Zierden der Advokatur ausließ. Madame Arnoux stand allein am Fenster; Frédéric trat zu ihr.

      Sie plauderten über allerlei. Sie bewunderte die Redner; er aber zog den Ruhm der Schriftsteller vor. Man müßte, fuhr sie fort, einen viel stärkeren Genuß empfinden, selbst direkt Einfluß auf die Menge auszuüben und die Gefühle der eignen Seele auf sie übertragen zu können. Diese Triumphe lockten Frédéric nicht, der gar keinen Ehrgeiz besaß.

      »Ach! warum?« sagte sie. »Man muß ein wenig ehrgeizig sein!«

      Sie standen dicht nebeneinander in der Fensternische. Die Nacht vor ihnen spannte sich wie ein ungeheurer, silbergewirkter, dunkler Schleier. Zum erstenmal sprachen sie nicht von nichtssagenden Dingen. Er lernte sogar ihre Antipathie und ihren Geschmack kennen: gewisse Parfüms widerten sie an, Bücher über Geschichte interessierten sie, sie glaubte an Träume.

      Er berührte das Kapitel der sentimentalen Abenteuer. Sie beklagte das Unheil der Leidenschaft, war aber empört über schmachvolle Heuchelei. Und diese Geradheit des Geistes stimmte so gut mit der regelmäßigen Schönheit ihres Antlitzes überein, daß sie davon abhängig schien.

      Zuweilen lächelte sie, indem sie ihre Augen eine Minute auf ihm weilen ließ. Dann fühlte er ihre Blicke seine Seele durchdringen wie jene starken Sonnenstrahlen, die bis auf den Grund des Wassers hinabtauchen. Er liebte sie ohne Hintergedanken, ohne Hoffnung auf Gegenliebe, unumschränkt; und in dieser stummen Verzückung, die einer lebhaften Dankbarkeit glich, hätte er ihre Stirn mit einer Flut von Küssen bedecken mögen.

      Allein eine innere Regung hob ihn über sich selbst hinaus; es war ein Verlangen, sich zu opfern, ein Bedürfnis unmittelbarer Hingabe, die um so stärker war, als er es nicht stillen konnte.

      Er ging nicht mit den anderen fort, Hussonnet ebenfalls nicht. Sie sollten mit dem Wagen zurückkehren, und als dieser am Fuß der Freitreppe wartete, ging Arnoux in den Garten hinunter, um Rosen zu pflücken. Dann, nachdem er den Strauß, aus dem die Stiele ungleich hervorragten, mit einem Faden umwunden hatte, suchte er in seiner mit Papieren gefüllten Tasche, nahm aufs Geratewohl eins heraus, umhüllte sie damit, befestigte sein Werk mit einer starken Nadel und bot es seiner Frau mit einer gewissen Gerührtheit an.

      »Nimm, meine Liebe, verzeih’, daß ich dich vergessen habe!«

      Aber sie stieß einen kleinen Schrei aus; die Nadel, ungeschickt hineingesteckt, hatte sie verwundet, und sie ging in ihr Zimmer hinauf. Es wurde fast eine Viertelstunde auf sie gewartet. Endlich erschien sie wieder, hob Marthe in die Höhe und stieg rasch in den Wagen.

      »Und dein Strauß?« sagte Arnoux.

      »Ach, es lohnt der Mühe nicht!«

      Frédéric lief, um ihn zu holen; sie rief ihm zu:

      »Ich will es nicht!«

      Aber er brachte ihn doch und sagte, daß er ihn eben wieder in die Hülle getan hätte, da er die Blumen auf der Erde gefunden. Sie steckte sie unter die Lederschutzdecke an dem Sitz, und sie fuhren ab.

      Frédéric, der neben ihr saß, bemerkte, daß sie furchtbar zitterte. Dann, als sie die Brücke passiert hatten und Arnoux nach links wendete, rief sie:

      »Nicht doch! du irrst dich! dorthin, rechts!«

      Sie schien gereizt; alles störte sie. Schließlich, als Marthe die Augen geschlossen hatte, zog sie den Strauß heraus und schleuderte ihn über den Wagenschlag hinaus, faßte darauf Frédéric am Arm und machte ihm dabei ein Zeichen mit der andern Hand, niemals davon zu sprechen.

      Darauf drückte sie ihr Taschentuch an die Lippen und regte sich nicht mehr.

      Die beiden anderen auf dem Bock unterhielten sich über Druckereien und Abonnenten. Arnoux, der unaufmerksam kutschierte, verirrte sich mitten im Bois de Boulogne. Da mußten sie Nebenwege einschlagen. Das Pferd ging im Schritt; die Zweige der Bäume streiften das Verdeck. Frédéric sah in der Dunkelheit nichts von Madame Arnoux als die beiden Augen; Marthe lag ausgestreckt auf ihren Knien, und er stützte ihr den Kopf.

      »Sie belästigt Sie!« sagte die Mutter.

      Er