Название | Legenden |
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Автор произведения | Stefan Zweig |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783750242340 |
Nachdem Rahel so das Schwert ihres Wortes in die Himmel gestoßen, brach ihr abermals die Kraft. Sie fiel hin in die Knie, rückgelehnt das Haupt in Erwartung des oberen Wortes, und ihre Lider lagen verschlossen gleich denen einer Toten.
Ängstend aber wichen die Erzväter und Propheten von Rahels Nähe, denn ein Blitz, fürchteten sie, müsse niederfahren auf die Frevlerin, die mit Gott gerechtet. Scheuen Auges starrten sie in die Himmel. Kein Zeichen jedoch kam ihnen zu.
Die Engel aber, die vor Gottes düsterer Braue ihr Haupt unter den Fittichen verbargen und schauernd hin auf die Verwegene blickten, die ihres Herrn Allmacht geleugnet, sie sahen, daß mit einemmal ein Licht ausging von Rahels Antlitz und ihre Stirne erglänzte. Wie von innen hob ihres Leibes Haut an zu strahlen, und die Tränen auf ihren Wangen, den mütterlichen, funkelten morgenrötlich wie Tau. Des erkannten die Engel, daß Gott mit all seiner atmenden Liebe Rahel ins Antlitz gesehen. Und sie erkannten, daß Gott die Leugnerin seines Wortes mehr liebte um ihres Glaubens Unmaßes und Ungeduld willen denn die Diener, die frommen seines Worts, um ihrer Hörigkeit. Da schwand der Engel Ängsten, sie hoben getrost ihre Augen, und siehe: es war wieder Helle und Herrlichkeit um Gottes Gegenwart, und seines Lächelns beseligend Blau überglänzte unendlich die Räume. Da rauschten die Cherubim auf mit klingenden Flügeln, und silbernen Fußes sprang der Wind ihren Fittichen nach, daß ein flüssig Tönen ging von Chorälen in des Himmels weißem Gezelt. Das Leuchten aber auf Gottes Antlitz wuchs zu unendlichem Glanz, bis die Firmamente solche Fülle nicht mehr trugen und zu strömen begannen vom Brausen des Lichts. Und aufklangen darin heiliger Eintracht die Stimmen der Engel und die Stimmen der Toten und aller jener, die Gott noch nicht zur Erde gerufen, bis alles ein selig Atmen ward und ein großer Gesang. Die Menschen aber tief unten, ewig dem Ratschluß der Himmlischen fremd, sie ahnten noch immer nicht, was ob ihren Häuptern geschah. In Sterbegewänder gehüllt, beugten sie dumpf die Stirn zur verdunkelten Erde. Da war plötzlich dem einen und andern, als ob über ihnen ein sanftes Sausen anhübe gleich einem märzlichen Wind. Unsicher blickten sie auf und erstaunten. Denn auf der zerspaltenen Wand des Gewölks stieg mit einmal ein Regenbogen herrlich nach oben und trug in den sieben Farben des Lichts ihre Tränen Rahel, der Mutter, entgegen.
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