Название | Die Entführung der MS Hansa Stavanger |
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Автор произведения | Frederik Euskirchen |
Жанр | Изобразительное искусство, фотография |
Серия | |
Издательство | Изобразительное искусство, фотография |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783844238655 |
“Legt Euch hin, Piraten kommen!”, sagt er darauf … in etwa.
Er geht in Richtung Tür. Vlad und ich legen uns hin, Hände hinter den Kopf, so haben wir das auch im Training besprochen.
Vier Piraten kommen zügig auf die Brücke.
Das Skiff wird von einem anderen in Nähe des Schiffes gehalten.
Die Brückentür achtern an Steuerbord ist verschlossen und abgedunkelt. Gerade als der Kapitän versucht zu öffnen, wird auch schon durch das Fenster geschossen. Vlad hat noch versucht, ihn abzuhalten und gemeint, er solle sich einfach auf den Boden legen. Das Geschoss verpasste knapp den Kopf des Kapitäns.
“Okay, is okay!” ruft er - warum will er die Tür aufmachen, das machen die doch sowieso.
Nachdem die Tür schließlich geöffnet wird, kommen die Piraten mit den Waffen im Anschlag auf die Brücke gestürmt. Der Wortführer, welcher sich später als 1. Offizier des Somali Captain, dem Anführer des Boarding-Teams, rausstellte, ruft: „Somali Pirates. No Problem!“ Dann wird mit: “Stopp“ und “All crew“ die Mannschaft auf die Brücke beordert.
Weiteres Englisch können die Piraten nicht.
Der Kapitän nimmt die Fahrt raus und informiert die Mannschaft, aus der Zitadelle zu kommen.
Man darf nicht vergessen, dass das Schiff zu diesem Zeitpunkt schon beträchtlich am Brennen ist. Hätten wir von dem Marineschiff in der Nähe gewusst oder dieses etwas früher von uns, hätten wir vermutlich den Versuch gestartet, das Feuer sowie die Piraten so lange auszusitzen, bis Hilfe da gewesen wäre. Das Iridium (Satellitentelefon) habe ich dafür schon bereitgehabt.
Der Chief hat während es Angriffes die Zitadelle kurzfristig von unserem leicht zugänglichen “Hobbyraum” direkt in seinen Maschinenkontrollraum verlegt. Eine gute Verbesserung unserer Zitadelle, die uns jetzt weitaus mehr Schutz vor den bereits an Bord befindlichen Piraten liefern würde. Die Entscheidung fällt anders aus, wie man sieht. Zum einen von dem vermeintlichen Wissen, dass keine Hilfe in der Nähe ist, und zum anderen wegen des Brandes an Bord.
Die Besatzung, die sich sehr ruhig verhält, kommt hoch und legt sich sofort auf den Boden, ebenfalls die Hände hinter dem Kopf.
Neben mich legt sich Christian, auch er ist ruhig: “Scheiße, ja und wat jetzt?”, flüstert er.
“Nichts, jetzt warten wir. Uns passiert nichts, die wollen nur Geld!”, flüstere ich zurück. “Ja, hoffen wir es. Warten wir mal!”, entgegnet er.
Als ich meine Mannschaft sehe, wie sie sich hilflos den Piraten stellen muss, merke ich das erste Mal seit dem Angriff das Adrenalin in mir. Ich kenne das Gefühl, wenn kurz der Blick verschwimmt, man diesen Schub im Körper merkt, für einen Moment anspannt und schwer atmet, um danach noch ruhiger zu werden. Ich versuche wieder runter zu fahren, denn alles andere würde uns in Gefahr bringen. Ich merke, dass das Adrenalin nun eher eine euphorisierende Wirkung hat. Ich weiß nicht mehr, wer es ist, ich lächele und knipe ihm aufmunternd mit den Augen zu, ein angespannter Blick begegnet mir.
Ich weiß, dass viele jetzt gerne das Gleiche machen würden wie ich und hoffe, dass alle die Nerven behalten - und das tun sie zum Glück.
Schließlich dürfen wir wieder aufstehen.
Der Kapitän wird von den Piraten aufgefordert, eine Mannschaftsliste auszuhändigen, anhand dieser zählten die Piraten uns ab. Da es der Kapitän, nach fünf Tagen auf See, leider immer noch nicht geschafft hat, die Crewlist zu aktualisieren, waren wir, da einer in Dubai abgemustert ist, eine Person zu wenig. Dies führte zu Verwirrung bei den Piraten und dem Verdacht, es würde sich jemand an Bord verstecken. Noch bevor die Situation eskalierte, konnten wir den Somali Captain und seinen Stellvertreter überzeugen, dass dies eine alte Liste ist. Sie können nicht lesen, wollen wissen, welcher Nationalität wir sind. Europäer bringen mehr Geld, das wissen sie, weswegen sie die Anwesenheit von fünf Deutschen zwar freut, aber auch eine Sorge weckt. “French? French?”, fragt er. “No, German!”
Auch im späteren Verlauf der Haft fragt man uns dies noch mal. Man scheint die Aktion der Franzosen auf der “Le Pondat” nicht vergessen zu haben.
Kurz nach dem Angriff sind die Piraten natürlich sehr aufgeregt, nervös und äußerst misstrauisch. Keinen Moment lassen sie uns aus den Augen und wir sind sehr vorsichtig bei unseren Bewegungen.
Das größte Problem zu diesem Zeitpunkt ist das sich von der an Steuerbord getroffenen Kammer ausbreitende Feuer. Wir versuchen, die Piraten darauf aufmerksam zu machen. Diese lassen, als sie dann endlich verstehen, immer nur einen Teil der Mannschaft herunter.
Im Vergleich zu der schnellen Musterung während unserer Drills dauert es lange, bis wir endlich gemeinsam das Feuer bekämpfen können. Dabei werden wir ständig von den Piraten beobachtet.
Letztendlich können wir das sich auf zwei Decks ausgebreitete Feuer nach sechs Stunden erfolgreich löschen.
Im Grunde war es kein Kampf gegen das Feuer, es war wirklich eine Schlacht, und gerade als Sicherheitsoffizier bin ich besonders stolz, dass wir es dank unserer Mittel, unseres Trainings und unseres unermüdlichen Einsatzes gemeinsam geschafft haben, es zu löschen.
Eine besondere Hürde war neben der enormen Hitze durch die Sprengsätze und das damit verbundene rasche Ausbreiten des Feuers die besondere Enge dieses Schiffes.
Während sich unter uns das Feuer ausbreitet, scheinen die Piraten nicht ganz zu begreifen, was sie getan haben. Sie glauben anscheinend, wir könnten diesen Großbrand mit einem Eimer Wasser löschen, denn als die ersten Leute wieder hochkommen, weil sie alleine nicht weiter kommen, fragen sie “Okay, okay?”
Nichts ist ok. Sie lassen immer wieder die Falschen runter. Leichtmatrosen, Leute aus dem falschen Trupp etc.
Ich beiße auf die Zähne, meine Anmerkungen, mich runtergehen zu lassen, ignorieren sie immer wieder. Mir kribbelt es überall. Ich bin der Truppführer des Angriffstrupps, der Einheit die ins Feuer geht. Ich habe zum Glück richtig erfahrene Männer, die das notfalls auch alleine machen, aber als Offizier gehöre ich mit nach vorne.
Die Piraten trauen mir nicht, das war die ersten zwei bis drei Wochen so, dann ändert es sich zum Glück.
Aber ich hätte ihr Vertrauen jetzt schon gebraucht. Ich wirke vielleicht zu aggressiv. Im April 2009 bin ich weitaus schwerer als heute (nicht fetter!, aber jedenfalls habe ich gute 20 kg mehr drauf als nach der Freilassung), wegen des warmen Fahrtgebietes habe ich eine Glatze und wenn ich mit den Piraten spreche, dann nicht ruhig und leise, ich raune sie an und tue so, als wenn ich mit einem geistig massiv Herausgeforderten spreche.
Dass dies absolut der falsche Weg ist, wird mir schnell klar. Ich bleibe einen Moment ruhig, verberge meine Ungeduld und versuche dann, mit einem Lächeln und mehr Respekt in der Stimme eine erneute Kontaktaufnahme.
Nach dem dies dann doch nicht erfolgreich ist, kann schließlich der Kapitän mehr erreichen. Nachdem sie sich vergewissert haben, dass ich nirgendwo eine Waffe trage, darf ich runter.
Als ich nach unten gehe, sind die Jungs schon dabei, sich aufzuteilen. Der Unterstützungstrupp beginnt mit der Umgebungskühlung unter Leitung des dritten Ingenieurs. Mein Trupp hat sein Material schon hoch zur Rauchgrenze gebracht und ist gleich bereit. Vlad, der als erster Offizier die Leitung vor Ort hat, kommt mir entgegen. Mein Trupp ist zwar bereit, aber die Außentüren zu den Decks sind noch verschlossen. Wir brauchen den Zugang von außen. Es ist mittlerweile ein großer Brand, mehrere Kammern sind betroffen. Mit dem einen Schlauch auf demselben Deck kommen wir nicht weiter, wenn wir aber von außen ran können, haben wir mindestens zwei Schläuche, wenn nicht drei. Da wir auch genügend Atemschutzgeräte (ASG) haben, können wir auch mit mehr Leuten angreifen. Ich hole meinen Stellvertreter hinzu. Wir beschließen, dass ich mit ASG von unten reingehe und die Tür öffne. Vor der Tür soll genügend Platz, die Leute in Deckung und eine Mannschutzbrause auf mich gerichtet sein, wer weiß, wie heiß es dort ist, nicht dass die Leute von einer Feuerwalze getroffen werden.
Wie