Название | Was dieses Weib so alles treibt |
---|---|
Автор произведения | Monika Starzengruber |
Жанр | Документальная литература |
Серия | |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783847688532 |
Unauffällig betrachtete sich Luisa im spiegelnden Vitrinen-Fenster. Sah sie wirklich so abgespannt aus? Nun, warum eigentlich nicht? Klaus hatte Recht, wenn er sagte, sie brauche Ruhe. Schließlich kannte sie einen Urlaub nur mehr vom Hörensagen. Mutter war da, sie würde schon alles richten und überhaupt - sie alle wollten sie ja loshaben!
So und ähnlich beruhigte Luisa ihr schlechtes Gewissen, während sie ein paar persönliche Sachen, wie Zahnbürste und Handtuch einpackte. Ihre Gewissensbisse zählten aber zu vergeudeter Energie, denn Klaus und Mutter bekamen Hilfe. Ein Nachbar bot sich an - und zu dritt, mit Marie zu viert, schafften sie Ordnung, sobald die Tapezierer aus dem Haus waren. Wenn auch mit Unterbrechungen, weil fast immer das Telefon läutete und Luisa an der Strippe hing. „Wie weit seid ihr? Kommt ihr zurecht? Was machen die Kinder? Soll ich helfen?“
Mit diesen Fragen bombardierte sie ihre inzwischen aus der Puste geratene Familie. Das Telefon stand im Erdgeschoss, gearbeitet wurde inzwischen im Obergeschoss. Man musste eine wahre Sportseleganz aufbringen, um vom ersten Stock, zwischen all den Möbelstücken über die Treppe, neben Wassereimer, Putzlappen und Staubsauger, endlich an das schellende Ding unten heranzukommen. Am zweiten Tag, gegen Abend, verspürte Klaus bereits einen kräftigen Muskelkater. Auch hatte er von der ewigen hin und her Rennerei die Nase voll. Als das Telefon wieder klingelte handete er sich ran und rief in die Muschel, ohne genau zu wissen, ob es wirklich Luisa war, die dran war: „Wenn du noch einmal wagst, das Telefon auch nur anzurühren, komme ich und lege dich übers Knie!“
Danach hatten sie Ruhe. Wenigstens vom Telefon, denn kurz darauf erschien Luisa selbst.
„Dir ist nicht zu helfen“, resignierte Klaus und drückte ihr schmunzelnd einen Lappen in die Hand, was bedeutete, dass sie als Putzfrau herzlich willkommen war.
Die Schufterei ging weiter. Der Schweiß triefte. Und ehe sie noch einen klaren Gedanken fassen konnten, von all dem Einsortieren, Einschlichten der Haushaltsdinge und rumrücken der Möbel, waren sie fertig.
Obwohl Luisa nie gegen schwere körperliche Arbeiten war, hinterließ sie tiefe Narben an ihrer Einstellung zum Tapezieren.
Ab sofort wurde alles, das mit dem Tapezieren auch nur in kleinster Weise zusammenhing auf dem Dachboden verbannt.
Dabei verkündete sie lautstark, damit es keiner überhörte: Für die nächsten zwanzig Jahre hätte sie genug von Arbeiten dieser Art und die Familie müsse in Zukunft ohne Tapetenwechsel auskommen.
„Und wenn es nicht mehr anders geht, lassen wir die Maler kommen - oder?“
„Dann schon lieber – „oder“, ertönte es gleichzeitig aus sämtlichen Ecken im Zimmer.
Alles lachte. Man war sich einig.
Der Alltag beginnt
Der Alltag hatte sie wieder. Wenn auch anders, als er Luisa in Erinnerung war. Mit Mutters Einzug in das traute Heim tauchte ein nicht vorhergesehenes Problem auf, und die Kernfrage dazu lautete: Wie teilt man in einem mittelgroßen Haus die Haushaltsarbeiten auf, damit keine von drei tüchtigen Frauen zu kurz kommt? Dabei handelte es sich erstens: um Luisa. Zweitens, um Mutter und drittens, um Marie, auf die Luisa keinesfalls verzichten wollte, trotzdem Mutter ihr stets mit Kündigung in den Ohren lag.
„Ein Lehrer verdient nicht besonders, auch wenn er Professor ist, wie dein Klaus.“
„Keine Angst, Mutter, Marie wird uns nicht an den Bettelstab bringen.“
Mutter wurde das Problem der Arbeitsverteilung natürlich bewusst, und es gab ihr zu denken. Mit dem Resultat, dass Marie das zu tun hatte wie bisher und Luisa nichts. War es bisher Luisa, die morgens zuerst aufstand und abends zuletzt ins Bett ging, so, wie es sich für eine brave Hausfrau gehörte, so wurde sie selbstverständlich ab sofort durch Mutter von dieser "schweren Bürde" befreit.
„Alte Leute brauchen ohnehin weniger Schlaf.“
Noch wenn alle in den Betten lagen, zog feiner, genüsslicher Kaffeeduft durch die Räume, produziert von der Kaffeemaschine, die Mutter bediente. Mittags benebelten Düfte von Fleisch, Fisch und Gemüse die Luft, je nachdem was Mutter gerade kochte. Am Nachmittag wurde sie um komplizierte Schulaufgaben von den Kindern befragt, als wäre es immer so gewesen. Auch abends waltete und schaltete nur einer im Haus - Mutter. Was sie nicht schaffte, erledigten die Elektrogeräte, und was die Elektrogeräte nicht schafften, machte sie. Nicht, dass Luisa es zu Anfang nicht genossen hätte, nach langer Zeit wieder einmal so richtig verwöhnt zu werden. Wenn man stets für andere eingespannt gewesen war, kam faulenzen einer Freiheit gleich. Trotzdem fühlte sie sich mit zunehmenden Tagen und Wochen mehr und mehr verdrängt und zuletzt auch noch nutzlos. Ihr blieb nicht einmal die schmutzige Wäsche, um das Gefühl der Nutzlosigkeit ein bisschen zu mindern.
„Du sollst einmal richtig ausspannen, Kind, ich mach das schon.“ Diese Worte hörte Luisa mehrmals am Tag. Schließlich führten sie dazu, dass sie nur mehr herumsaß, die Daumen drehte und darauf wartete, dass sie dick und fett wurde. Die Hoffnung, Mutters Elan würde nur vorübergehend sein, bestätigte sich als Trugschluss. Sie versprühte mehr Kraft und Lebensgeist denn je. Am meisten ärgerte Luisa, dass Klaus und die Kinder tatenlos zusahen und das Verhalten von Mutter tolerierten. War bisher Luisa der Mittelpunkt der Familie gewesen, so war es nun Mutter. Das zeigte sich, indem der Familienclan nunmehr wegen allem Mutter befragte, als wäre es das Selbstverständlichste der Welt. „Hast du meine Turnschuhe gesehen, Oma? Unterschreibst du meine Deutsch-Schularbeit, Oma? Was kochst du heute, Oma? Sag Mutter, dass es heute später wird“, dabei hätte Daniel nur ins Wohnzimmer zu gehen brauchen, wo Luisa saß. Selbst wenn Klaus Luisa ein Hemd in die Hand drückte, weil ein Knopf fehlte, musste sie sich mit Mutter regelrecht um diese Aufgabe "raufen".
“Du kannst deiner Frau ruhig ein paar Minuten Ruhe gönnen, Klaus. Ich kann den Knopf genauso annähen.“
Das Nächstliegende war natürlich, Mutter darauf anzusprechen. Aber diese wollte scheinbar nicht verstehen.
"Ich weiß nicht, was du hast? Sei froh, wenn ich dir die lästigen Pflichten abnehme.“
Luisa blieb natürlich nicht verborgen, wie sehr ihre alte Mutter in der Zeit, in der sie bei ihnen lebte, aufgeblüht war. Sie verglich gedanklich das Heute mit Früher, als sie selbst Kind war und Mutter sie, neben Vater und ihren Bruder, umhegt und gepflegt hatte und zum ersten Mal ahnte sie, wie sehr Mutter das Familienleben vermisst haben musste. Darum ließ Luisa nichts unversucht, den Hausfrieden aufrechtzuerhalten. Antworten wie: „Ja, Mutter. Natürlich, Mutter. Ist schon gut, Mutter“, stöhnte sie bald im Schlaf. Nur, als Mutter anfing, sie zu allem Übel zu bevormunden, wie ein kleines Kind: „Trink nicht die kalte Milch vom Kühlschrank, würge nicht so beim Essen, verschone deine Haare mit dem künstlichen Zeug, kannst du mit diesen hohen Absätzen überhaupt gehen?!“, platzte ihr der Kragen.
„Wenn ich kalte Milch aus dem Kühlschrank trinke, so ist es mein Magen, der darunter zu leiden hat, und spar dir die Mühe, mir Essensmanieren beibringen zu wollen, darüber verfüge ich nämlich schon seit Jahren! Außerdem sind es meine Haare und es sind meine Füße, die ich zuviel beanspruche und damit Du's weißt, es ist mein Mann und es sind meine Kinder, es ist meine Familie und mein Haushalt und ich verlange alles zurück - auf der Stelle!“
Zwar hatte Luisa ihrem Herzen damit Luft gemacht und, was sie bisher vermied, ihre Mutter aufs höchste gekränkt und beleidigt, aber erreicht hatte sie damit gar nichts.
Selbst Klaus stellte sich auf die Seite seiner Schwiegermutter:
„Sie meint es nur gut.“
Aber so gut Mutter es meinte und so gern Luisa sie mochte, so ging es nicht weiter. Irgendwas musste sich ändern und Luisa wusste auch schon was. Um aus dem Dilemma herauszukommen, gab es eine simple Lösung: Weg mit der Hausfrau, her mit dem Beruf. Als Buchhalterin und Bürokauffrau fand sie bestimmt eine geeignete Stellung, auch wenn sie seit Jahren aus dem Berufsleben heraus war. Den Computer beherrschte