Old Surehand I. Karl May

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Название Old Surehand I
Автор произведения Karl May
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783746747453



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Euch noch einmal zu prüfen, ob Ihr das, was ich von Euch verlangen muß, auch wirklich ausführen könnt.«

      »Mit Leichtigkeit, Sir, mit größter Leichtigkeit!«

      »Bitte, nicht so schnell antworten! Wir dürfen nicht leichtsinnig sein. Ich sage Euch aufrichtig, daß ich es mir nicht leicht vorstelle. Ich kenne mich genau und weiß, daß ich es ausführen kann, wenn nichts dazwischen kommt und -alles so glatt verläuft, wie ich vermute; aber dennoch halte ich die Sache für schwer, hier sogar für sehr schwer.«

      »Redet nicht von Leichtsinn, Sir! Habt Ihr diesen Old Wabble hier einmal schwimmen sehen?«

      »Nein.«

      »Oder gar tauchen?«

      »Noch viel weniger.«

      »So seid still, und wartet es ruhig ab! Und wenn es vorüber ist, dann werdet Ihr sagen, daß Ihr keinen bessern und geschicktern Helfer als mich finden konntet; th'is clear

      »Das soll mich freuen, denn es handelt sich hier mehr um unser Leben als bei jeder andern Gelegenheit.«

      Ich war mir wirklich darüber unklar, ob ich ihm trauen könne oder nicht. Seine Knochengestalt ließ keinen guten Schwimmer vermuten, und seine Versicherungen hatten etwas Prahlerisches; aber er war bekanntermaßen ein mutiger und erfahrener Mann und sprach in einem solchen Brusttone der Überzeugung, daß es schwer war, ihm keinen Glauben zu schenken. Übrigens gab es keine Zeit mehr für weitere Auseinandersetzungen, weil wir jetzt unsern Lagerplatz erreichten.

      Die Gefährten waren wegen unsrer langen Abwesenheit in Sorge um uns gewesen. Wir erzählten ihnen, was wir gesehen und erfahren hatten und erklärten ihnen den Rettungsplan, den wir ausführen wollten.

      Parker und Hawley bedauerten, daß sie keine direkte Rolle dabei spielen sollten; die andern sagten nichts; sie waren wohl ganz zufrieden damit, daß ich ihnen nicht zumutete, ihr Leben auf das Spiel zu setzen. Wir bestiegen unsre Pferde und brachen von hier auf, um nach der andern Seite des Sees zu reiten.

      Dort angekommen, mußten wir im Dunkel durch das Gebüsch, um von der offenen Grasprairie an das Wasser zu gelangen, wo wir wieder abstiegen und die Pferde anbanden. Drüben brannten die Lagerfeuer.

      Es gab hier auch Schilf. Wir schnitten davon so viel, wie wir brauchten; einige starke Äste bildeten die Unterlage, den Rahmen des Floßes. Als wir mit der Herstellung desselben fertig waren, war es für unsern Zweck ein kleines Meisterwerk. Es hatte unten Öffnungen für unsre Köpfe und vier lederne Schlingen, in die wir die Arme zu stecken hatten; natürlich war dafür gesorgt, daß wir, wenn wir darunter steckten, oben einen freien Ausblick hatten.

      Jetzt sollte das Wagnis beginnen. Wir leerten unsre Taschen und legten überhaupt alles von uns, was durch das Wasser leiden mußte oder nicht ganz nötig mitzunehmen war. Von Waffen konnten wir nur die Messer behalten. Als wir so weit fertig waren, fragte Parker:

      »Also, wir haben wirklich ganz und gar nichts dabei zu thun, Mr. Shatterhand?«

      »Nein; aber für überflüssig braucht ihr euch trotzdem nicht zu halten; es giebt einen Fall, in welchem wir euch sehr notwendig brauchen.«

      »Welcher ist das?«

      »Wenn wir entdeckt und verfolgt werden, was nur zu Wasser geschehen kann. Wir kommen in gerader Linie zurückgeschwommen. Haben wir Verfolger hinter uns, so ist es eure Aufgabe, sie von uns abzuhalten.«

      »Durch Schüsse?«

      »Ja.«

      »In dieser Dunkelheit! Vom Schwimmer kann man nicht viel mehr als den Kopf sehen; wer kann da einen Weißen von einem Indianer unterscheiden. Wie leicht könnten wir auf euch schießen!«

      »Ihr dürft eben nicht eher schießen, als bis ihr genau wißt, auf wen ihr zielt. Übrigens werden wir uns euch durch laute Zurufe kenntlich machen. Kommt einer von uns im Wasser mit einem Roten in Kampf, so schießt ihr auf keinen Fall, selbst wenn es so nahe von hier wäre, daß ihr die Gesichter unterscheiden könnt. Wir sind Manns genug, es mit einem Roten aufzunehmen.«

      »Jawohl, das sind wir; th'is clear!« stimmte mir Old Wabble lebhaft bei.

      »Von mir weiß ich es, und von Euch glaube ich es,« antwortete ich ihm. »Dennoch frage ich Euch noch einmal: Ist das, was Ihr leisten sollt, wirklich nicht zu viel für Euch? Sonst führe ich es lieber allein aus.«

      »Sir, was denkt Ihr von mir! Ich soll doch nicht annehmen, daß Ihr mich für einen Faselhans haltet!«

      »Nein. Also vorwärts! Und gut Glück dabei!«

      »Yes, go on! In einer halben Stunde sind wir glücklich und siegreich wieder da!«

      Mit dieser kühnen Versicherung wabbelte der Alte in das Wasser, und ich folgte ihm etwas weniger zuversichtlich.

      Unter das Floß brauchten wir erst dann zu kriechen, wenn wir so nahe an der Insel waren, daß es von den Wachen gesehen werden konnte; jetzt schwammen wir frei und schoben es vor uns her.

      Ich beobachtete zunächst Old Wabble, um zu sehen, ob er wirklich so gut schwamm, wie er versichert hatte; es mochte gehen. Aber nach einiger Zeit bemerkte ich, daß das Floß sich auf seiner Seite tiefer in das Wasser senkte als auf der meinigen.

      »Ihr legt Euch zu sehr auf,« sagte ich. »Ihr seid doch nicht etwa schon müde, Mr. Cutter?«

      »Müde? Was fällt Euch ein!« antwortete er. »Da sind nur die verteufelten Braces schuld, die mich drücken.«

      »Wer wird auch außer dem Gurt noch Träger haben!«

      »Das versteht Ihr nicht. Den Gürtel kann man im Westen nicht entbehren, und die Braces brauche ich, weil ich keine Hüften habe; sie müssen auch den Gürtel halten. Bei meiner Gestalt! Wo sollen da Hüften sitzen!«

      Ich konnte mir nicht recht erklären, warum seine Hosenträger die impertinente Absicht verfolgten, ihn im Schwimmen zu hindern, und war still, doch nicht lange, denn er stützte sich immer mehr auf das Floß, so daß es auf meiner Seite aus dem Wasser ragte. Da bat ich ihn:

      »Kehrt lieber um, Mr. Cutter; jetzt ist's noch Zeit! Es scheint Euch schwer zu werden.«

      »Unsinn! Seht Ihr denn nicht, daß ich wie ein Fisch vorwärts schieße?«

      »Weil ich das Floß schiebe, an dem Ihr hängt!«

      »Das sieht bloß so aus! Diese Braces! Ich werde sie herunternehmen; dann geht es besser.«

      Indem er sich mit der einen Hand am Floße festhielt, knüpfte er mit der andern die Hosenträger ab und schob sie in die Tasche. Sie schienen ihn doch gedrückt und gehindert zu haben, denn es ging jetzt besser. Freilich hörte ich, daß er schnaufte; er schien sich anzustrengen. Als ich eine Bemerkung darüber machte, versicherte er:

      »Das ist nur die eine Lungenseite; die wird manchmal so laut; die andre ist gut.«

      Nun schwammen wir wohl fünf Minuten lang, ohne ein Wort zu sagen; dann bemerkte ich, daß er tiefer im Wasser lag als vorher.

      »Ihr scheint schwerer zu werden, Sir?« fragte ich.

      »Ist das denn ein Wunder? Die Kleidung zieht ja Wasser, und da hinten – – – all devils, was ist das!«

      Er hielt das Floß an und langte mit einer Hand hinter sich.

      »Was sucht Ihr dort, Sir?«

      »Ich suche – – – na! – – – Hört, Mr. Shatterhand, ich muß meine Braces unbedingt wieder anknöpfen.«

      »Warum?«

      »Weil ich die Leggins verliere; sie schwimmen schon halb hinter mir her. Wollt Ihr mir helfen?«

      Ich war ihm behilflich, die schon halb entwichenen Beinkleider zu Raison zu bringen; dann ging es weiter. Aber ich mußte zu meiner großen Besorgnis von Minute zu Minute immer mehr einsehen, daß er doch der Schwimmer nicht war, für den er sich hielt. Ich hatte nicht nur das Floß, sondern auch ihn vorwärts zu