El Sendador I. Lopez Jordan. Karl May

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Название El Sendador I. Lopez Jordan
Автор произведения Karl May
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783746794426



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handelte. Der deutsche ›Dummkopf‹ sollte, ohne es zu ahnen, eine der Hauptrollen beim Zustandekommen eines Aufruhres spielen. Denn daß es sich um nichts anderes handelte, sagte mir die Erwähnung des Schießpulvers und der Name des berüchtigten Bandenführers Lopez Jordan, welcher seine Gewissenlosigkeit sogar so weit getrieben hatte, seinen eigenen Stiefvater, den früheren General und Präsidenten Urquiza ermorden zu lassen. Ihm sollte jedenfalls Pulver und auch Geld geliefert werden, und der Überbringer der auf dieses Geschäft bezüglichen Kontrakte sollte ich sein!

      Ich steckte den famosen Brief in das Couvert zurück und stellte mit Hilfe eines Streichholzes das zersprungene Siegel wieder her. Dann machte ich mich auf den Weg zu dem lieben Kompagnon, welcher spanischer Abkunft war, Tupido hieß und an der Plaza de la Independencia wohnte.

      Als ich auf die Straße trat, war von dem Pampero und dem Regen keine Spur mehr zu sehen. Montevideo liegt auf einer Landzunge, welche sattelartig auf der einen Seite zur Bai und auf der andern zum Meere abfällt. In Folge dessen läuft das Wasser so schnell ab, daß das Abtrocknen des Bodens selbst nach dem stärksten Regen nur weniger Minuten bedarf.

      Montevideo ist eine sehr schöne, ja glänzende Stadt mitteleuropäischen Stiles. Sie besitzt gute Straßen mit vortrefflichen Trottoirs, reiche Häuser mit lieblichen Gärten, Paläste, in denen sich Klubs und Theater befinden. Die Bauart der Privathäuser ist sehr eigenartig. Es herrscht da fast eine Verschwendung von Marmor, welchen man aus Italien holt, obgleich im Lande selbst ein sehr guter zu finden ist.

      Wer bei seiner Ankunft in der Hauptstadt Montevideo etwa glaubt, da die Bewohnertypen des Landesinnern zu sehen, der hat sich sehr geirrt. Kein Gaucho reitet durch die Straßen; indianische Gesichtszüge sind nur selten zu sehen, und Neger trifft man nicht häufiger als zum Beispiel in London oder Hamburg.

      Die Tracht ist genau unsere französische, bei den Männern sowohl als auch bei den Frauen. Es können Tage vergehen, ehe man einmal eine Dame erblickt, welche die spanische Mantilla trägt. Über die Hälfte der Einwohnerschaft ist europäischen Ursprunges.

      Die Durcheinanderwürfelung der Nationalitäten ruft ein auffallendes Polyglottentum hervor. Leute, welche drei, vier und fünf Sprachen geläufig beherrschen, sind hier weit zahlreicher, als selbst in den europäischen Millionenstädten. Kurz und gut, so lange man sich innerhalb der Bannmeile der Stadt befindet, ist aus nichts zu ersehen, daß man sich auf südamerikanischem Boden bewegt. Man könnte sich ebenso gut in Bordeaux oder Triest befinden.

      Auch ich fühlte mich ziemlich enttäuscht, als ich jetzt, neugierig um mich blickend, langsam dahin schlenderte. Ich sah nur europäische Tracht und Gesichter, wie man sie überall findet, wenn man die dunkle Färbung derselben nicht als etwas Eigenartiges betrachten will.

      Auffällig waren mir nur die weißen oder roten Bänder, welche viele Herren an ihren Hüten trugen. Später erfuhr ich die Bedeutung derselben: Die Träger weißer Bänder gehörten zur politischen Partei der ›Blancos‹, während die ›Colorados‹ rote Abzeichnungen trugen. Sennor Esquilo Anibal Andaro war demnach nicht etwa Hochzeitsbitter, sondern ein Blanco gewesen. Höchst wahrscheinlich gehörte also der Oberst, mit welchem er mich verwechselt hatte, derselben Partei an. Vielleicht gelang es mir, den Namen desselben zu erfahren.

      An der Plaza de la Independencia angekommen, erkannte ich an einem riesigen Firmenschilde das Haus, in welchem sich der Sitz der Filiale meines pfiffigen Yankees befand. Die Fronte desselben machte einen nichts weniger als imponierenden Eindruck. Sie zeigte nur das Parterre und den ersten Stock. In dem ersteren befand sich eine Türe von kostbarer, durchbrochener Eisenarbeit. Hinter derselben lag ein breiter, mit Marmorplatten belegter Hausgang, welcher in einen Hof führte, der mit demselben Materiale gepflastert war. Dort standen in großen Kübeln blühende Pflanzen, deren Duft bis zu mir drang.

      Die Türe war verschlossen, obgleich sich vielbesuchte Geschäftsräume hinter derselben befinden mußten. Ich bewegte den Klopfer. Durch eine mechanische Vorrichtung wurde sie geöffnet, ohne daß jemand erschien.

      Im Flur sah ich je rechts und links eine Türe. Ein Messingschild sagte mir, daß diejenige der ersteren Seite die für mich richtige sei. Als ich da eintrat, befand ich mich in einem ziemlich großen Parterreraume, welcher sein Licht durch mehrere Türen empfing, die nach dem Hofe offen standen. Schreiber waren an mehreren Tischen oder Pulten beschäftigt. An einem langen Tische stand ein hagerer Mann im Hintergrunde des Zimmers und sprach in sehr rauher Weise mit einem ärmlich gekleideten Menschen.

      Ich wendete mich an den mir zunächst Sitzenden, um nach Sennor Tupido zu fragen. Die Antwort bestand in einem stummen, kurzen Winke nach dem Langen. Da dieser mit dem erwähnten Manne beschäftigt war, blieb ich wartend stehen und wurde Zeuge der zwischen ihnen geführten Unterhaltung.

      Dem Sennor war die spanische Abkunft von weitem anzusehen, denn er hatte scharfe Züge und einen stolz-verschlagenen Gesichtsausdruck. Den dunklen Bart trug er nach hiesiger Sitte so, daß Schnurr- und Knebelbart zu einem spitzen Zipfel nach abwärts vereinigt waren.

      Der Mann, mit welchem er sprach, schien zu der ärmsten Volksklasse zu gehören. Er war barfuß. Die vielfach zerrissene und notdürftig geflickte Hose reichte ihm kaum bis über die halbe Wade. Die ebenso lädierte Jacke mochte einst blau gewesen sein, war aber jetzt ganz und gar verschossen. Um die Hüfte trug er einen zerfetzten Poncho, aus welchem der Griff eines Messers hervorblickte. In der Hand hielt er einen Strohhut, welcher alle und jede Form hatte, aber nur die ursprüngliche nicht. Sein Gesicht war tief gebräunt, die Haut desselben lederartig, und die etwas vorstehenden Backenknochen ließen vermuten, daß zum Teile indianisches Blut in seinen Adern fließe, eine Ansicht, welche durch das dunkle, schlichte, ihm lang und straff bis auf die Schulter reichende Haar bestätigt wurde.

      Tupido schien meinen Eintritt gar nicht bemerkt zu haben. Er stand halb von mir abgewendet und fuhr den andern hart an:

      »Schulden und immer wieder Schulden! Wann soll das einmal ausgeglichen werden! Es scheint in alle Ewigkeit nicht. Arbeitet fleißiger! Die Yerba wächst allenthalben. Sie ist überall zu finden; man braucht nur zuzugreifen. Ein Faultier wird es freilich zu nichts bringen!«

      Der andere zog seine Brauen leicht zusammen, sagte aber doch in höflichem Tone:

      »Ein Faultier bin ich nie gewesen. Wir haben fleißig gearbeitet, Monate lang. Wir mußten im Urwalde leben mit den wilden Tieren und wie dieselben; wir haben mit ihnen um unser Leben kämpfen müssen und sind bei Tag und Nacht an der Arbeit gewesen. Wir freuten uns auf den Ertrag unseres Fleißes und der Entbehrungen, welche wir uns auferlegten, nun aber machen Sie uns unsere Freude zu nichte, da Sie Ihr Versprechen nicht halten.«

      »Das brauche ich nicht, denn die Lieferung traf um zwei Tage zu spät hier ein.«

      »Zwei Tage! Sennor ist das eine so bedeutende Zeit? Haben Sie irgend einen Schaden davon?«

      »Natürlich, denn wir liefern in Folge dessen auch zu spät und müssen uns also einen Abzug bis zu zwanzig Prozent gefallen lassen.«

      »Soll ich das wirklich glauben?«

      »Natürlich!« brauste Tupido auf. »Ihr müßt es mir Dank wissen, daß ich Euch nicht mehr als ganz dasselbe abziehe. Ich versprach Euch zweihundertvierzig Papiertaler für den Pack Tee. Zwanzig Prozent gehen ab, macht hundertzweiundneunzig, zwei Taler Schreibgebühr, bleiben hundertneunzig Papiertaler. Multipliziert damit die Zahl der Ballen, welche Ihr geliefert habt, so werdet Ihr finden, daß Ihr uns grad noch zweihundert Papiertaler schuldet. Ihr habt uns nicht den Wert des Vorschusses und Proviantes geliefert, welchen Ihr erhieltet.«

      »Wenn Sie uns solche Abzüge machen, Sennor, so ist Ihre Rechnung allerdings richtig. Aber ich bitte, zu bedenken, daß ich einen Ochsen jetzt für hundert Papiertaler bekomme, wahrend Sie uns das Stück mit hundertfünfzig berechnet haben. Einen ähnlichen Aufschlag haben Sie uns bei allen übrigen Artikeln auch gemacht; da können wir nicht auf die Rechnung kommen. Anstatt Geld ausgezahlt zu erhalten, bleiben wir in Ihrer Schuld. Ich habe keinen einzigen, armseligen Peso in der Tasche. Ich soll hier für meine Gefährten einkassieren und ihnen das Geld bringen. Sie warten mit Schmerzen auf dasselbe; anstatt desselben aber bringe ich ihnen neue Schulden. Was soll daraus werden!«

      »Fragt