Oliver Hell - Feuervogel. Michael Wagner J.

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Название Oliver Hell - Feuervogel
Автор произведения Michael Wagner J.
Жанр Языкознание
Серия Oliver Hell
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783847699194



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      »Was?«

      Hell strich sich die Haare aus der Stirn und lehnte sich zurück. Er musste seine Augen erneut zu Schlitzen verengen, damit er sie sehen konnte. Der Kauf einer Sonnenbrille stand als Nächstes auf der Agenda. Das Currywurst-Essen war eigentlich nur dazwischen geschoben.

      Wow!«, sagte Franziska und grinste.

      »Was gibt’s da zu grinsen?«, fragte Hell, der ihre Anspielung sehr wohl verstanden hatte. Er hielt seine Hand an die Stirn, um die Sonne abzuschatten.

      »Och ich habe mich nur gefragt, was du wirklich in dem Moment gedacht hast«, sagte Franziska und zupfte sich ihr Kleid wieder zurecht.

      Hell runzelte die Stirn. »Was soll ich groß gedacht haben? Du hast nicht geantwortet und ich …« Sie unterbrach ihn. »Komm, lass uns nach einer Sonnenbrille für dich schauen, ich kann das Elend nicht mehr mit ansehen.«

      Hell wollte den Satz noch zu Ende bringen, den er angefangen hatte, doch Franziska flüsterte ihm etwas in Ohr. »Man hat dir genau angesehen, was du gedacht hast.«

      »Nämlich? Jetzt bin ich mal gespannt!«

      »Warum um alles in der Welt trägt sie noch dieses alberne Spitzenhöschen?«, sagte sie kokett lächelnd und zog Hell am Arm weiter.

      Hell wurde plötzlich heiß. »Nein … Quatsch, das habe ich nicht gedacht. Ehrlich nicht.«

      »Ist doch auch egal. Hauptsache, es war schön und es war wirklich sehr schön«, sagte sie und gab ihm einen Kuss auf den Mund.

      Ihm war klar, dass sie ihn bloß necken wollte und er alles andere als cool reagierte, aber das war ihm in dem Moment egal.

      »Ja, das war es, Franziska.«

      Je länger er sich den Gefühlen für Franziska hingab, desto mehr verspürte er, wie sich die innere Leere, die er so lange gespürt hatte, verflüchtigte. Sehnsüchtige Erinnerungen an das, was er einst Liebe genannt hatte, sie tauchten wie aus einem Nebelschleier wieder an die Oberfläche. Es war so, als würde ein Teich, der lange trockengelegt war, endlich wieder mit Wasser gefüllt. Alles um ihn herum erblühte zu neuem Leben. Die tiefe Wunde, die heimlich in seinem Herzen gewütet hatte, sie heilte und er genoss jeden Atemzug, den er neben Franziska atmen durfte.

      Mehr als diese dürren Worte aber vermochte er ihr nicht zu sagen. Er suchte noch nach einem Satz, mit dem er ihr all seine Gefühle würde erklären können, doch sie zog ihn einfach weiter.

      »Da vorne ist ein Sportgeschäft. Fangen wir doch dort mal an«, sagte sie und er folgte ihrer verlockenden Stimme.

      Franziska beobachtete Hell, wie er dort vor dem Spiegel stand, eine Brille nach der anderen auf seine Nase setzte, dabei jedesmal versuchte, das dämliche Preisschild, das bei jeder Brille genau auf dem Steg zwischen den beiden Gläsern saß, aus dem Blickfeld zu halten.

      Mit seinen Bermuda-Shorts und dem locker über der Hose getragenen Hemd hatte er nichts mehr von dem sonst so bärbeißigen Ermittler.

      Einige Brillen kommentierte er direkt mit einem dahingeworfenen ‚nein‘ oder er verzog sein Gesicht zu immer neuen Grimassen. Der Verkäufer, der sie zuerst noch hatte bedienen wollen, suchte das Weite. So viel gute Laune schien er am frühen Abend nicht mehr ertragen zu können, vor allem nicht von irgendwelchen Touristen.

      Wenig später war die Entscheidung gefallen. Die Brille, die sich Hell ausgesucht hatte, war zwar mit Abstand die teuerste, aber Franziska hatte ihn mit sanfter Gewalt zu diesem Kauf gedrängt.

      »Ray Ban stellt eben immer noch die coolsten Brillen für die coolsten Männer her«, sagte sie und hob beide Daumen hoch, während Hell sich das obligatorische Schild wegdenken musste. Er musterte sich im Spiegel.

      Dagegen hatte Hell nichts mehr zu sagen. Den letzten Rest an Widerstand gegen den hohen Preis der Brille hatte sie mit ihrer Äußerung längst weggespült. Als sie dann nach draußen in das warme Abendlicht traten, tat es sofort gut, die Brille auf der Nase zu haben.

      »Was machen wir jetzt?«, fragte er und blieb stehen.

      »Mach einen Vorschlag.«

      »Kino?«

      »Nein, zu dunkel. Ich will Licht und Luft um mich haben.«

      »Wir müssen noch einkaufen. Holen wir uns einen guten Wein und setzen uns vor unser fahrendes Paradies?«

      »Sehr guter Vorschlag.« Hell machte eine Geste, dass sie warten sollte, ging schnell in den Sportladen zurück, wo der Verkäufer innerlich zusammenzuckte, weil er befürchtete, der Kerl wolle die Brille wieder zurückgeben und das ganze Spiel würde von vorne beginnen. Als Hell ihn nur nach dem nächsten Supermarkt fragte, sackte er erleichtert zusammen.

      »Wir haben mehrere Möglichkeiten. Einen Discounter gibt es, aber auch einen Spirituosenladen, zwei Querstraßen weiter«, verkündete Hell seine Neuigkeiten.

      »Was machen wir?«, fragte sie entspannt.

      »Lass uns in dem Supermarkt schauen, was wir dort nicht erhalten, können wir noch in dem Spirituosenladen einkaufen.«

      *

      Franziska hatte den Tisch gedeckt.

      Als Hell das erste Mal in einem Wohnwagen gesessen hatte, gab es noch dieses schreckliche Plastikbesteck, das einem jegliche Speise mit seinem Eigengeschmack verderben konnte. Diese Erinnerung hatte er noch in sich getragen, als sie das Wohnmobil bei dem Vermieter inspiziert hatten. Während Franziska sich von dem Mann die Dusche hatte erklären lassen, öffnete er mit einem verstohlenen Blick den Schrank, in dem das Geschirr lagerte, und nahm einen Teller heraus. Er roch daran. Das Material war ein komplett anderes, der Teller hatte keinen Eigengeruch und sah auch wirklich wertig aus. Kein Plastikschrott mehr wie in den Siebzigern. Diese Teller lagen jetzt auf dem Tisch. Sie hatten beschlossen, für das Essen die Stühle und den Tisch aus der Garage nicht extra unter dem Bett hervor zu holen, daher fand ihr erstes Essen im Inneren des Wohnmobils statt.

      Sie hatte sich Mühe gegeben. Es gab Baguette, Käse und der spanische Wein, den sie im Supermarkt gekauft hatten, funkelte bereits in den Gläsern.

      Hell hatte sich mit der Bedienungsanleitung in der Hand mit den Anschlüssen für Wasser und Strom vertraut gemacht. »Ich habe jetzt, glaube ich, alles kapiert«, sagte er und hielt das Heft hoch, trat auf den herausklappbaren Tritt und stand mit einem Schritt vor dem gedeckten Tisch.

      »Wo möchtest du sitzen?«, fragte sie ihn und schlang von hinten ihre Arme um seine Taille.

      »Ist mir egal«, sagte Hell.

      »Gut, dann darfst du den Fahrersitz nehmen, ich mache mich dann hier auf dem Sofa breit, wenn man das Sofa nennen kann!«

      »Meckere nicht, diese Sessel sind sündhaft teuer. Erinnere dich daran, was der Vermieter gesagt hat: Dieses Modell ist das Beste, was die Marke zu bieten hat.« Er imitierte den Ton des Mannes. Franziska lachte und ließ sich auf den Sitz fallen. Schwarzes Leder mit Stoff, so wie man es auch aus einigen Autos kannte.

      »Man sitzt ja hier auch sehr bequem, es sieht eben ein bisschen aus wie ein … Autositz.« Ihre Hand tastete über das Leder.

      »Du bist in einem Auto«, sagte Hell lachend und stellte die jetzt störenden Lehnen an dem Fahrersitz nach oben.

      Franziska schmunzelte. »Stimmt!«

      Alles in allem teilten sie den gleichen Geschmack, was Einrichtungsdinge anging, einen Mix aus alten Möbeln und modernen Accessoires.

      »Auf einen wundervollen Urlaub«, sagte Franziska und hob ihr Weinglas.

      Hell hob ebenfalls sein Glas und prostete ihr zu. »Auf einen tollen Urlaub. Dass er so schön wird wie unser erster Trip an die Nordsee.«

      Die Gläser hingen noch eine Weile über dem Tisch, trafen sich dann mit einem klirrenden Ping. Richtiges Glas, dafür hatte Franziska gesorgt.

      »Was denkst