Название | Das Vermächtnis aus der Vergangenheit |
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Автор произведения | Sabine von der Wellen |
Жанр | Языкознание |
Серия | Das Vermächtnis aus der Vergangenheit |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783738034448 |
„Ach komm! Hör doch auf! Julian ist mein Bruder und wir werden niemals zusammen ins Bett gehen. Das ist doch pervers. Was glaubst du eigentlich?“ In mir brodelt es. Was denkt er eigentlich von mir?
Aufgebracht setzte ich noch einen drauf. „Außerdem warte ich noch auf den Tag, an dem er erfährt, dass die Frau, in die er sich verliebt hat, auch schon eine von deinen Betthupfern war. Was willst du eigentlich? Ich habe nicht alles gevögelt, was nicht bei drei auf den Bäumen war!“
Ich wollte ihm das niemals vorhalten und jetzt habe ich es doch getan. Ich habe ihm an den Kopf geworfen, was mir schon lange als dunkler Schatten auf der Seele liegt und durch das Gespräch mit Julian auf einmal wieder hochgekocht war.
Und ich sehe an seinem Blick, dass meine Worte ihn treffen. Seine Wut scheint zu verfliegen und ich gehe zu ihm und lege meine Hand auf seine Brust. „Ach komm! Vergiss, was ich gesagt habe.“ Aber in meinem Inneren scheint etwas aufmüpfig zu widersprechen und es selbst nicht als vergessen ansehen zu wollen.
„Ich bin auch schon ein paar Jahre älter als du“, murmelt er leise. „Ich wette mit dir, wenn du so alt wärst wie ich und immer solo geblieben wärst, dann würdest du mich toppen.“
„Bestimmt nicht!“, knurre ich, weil ich es unglaublich finde, mir das zu unterstellen. „Was meinst du eigentlich? Ich bin noch nie mit jemanden in die Kiste gegangen, obwohl ich den erst fünf Minuten kannte.“
Erik scheint sprachlos zu sein. Bei diesem Thema ist seine Argumentation denkbar schlecht. Als einzigen Ausweg aus dieser argumentationslosen Misere dreht er sich um und geht zur Tür. „Ich muss noch in Daniels Wohnung. Er braucht morgen noch was für die Uni.“
Die Wohnungstür aufreißend geht er und lässt sie laut hinter sich ins Schloss fallen, und ich starre auf das Holz, das mich von ihm trennt.
Erik mit seiner scheiß Eifersucht. Wie oft haben wir deswegen Streit? Völlig grundlos! Bei seiner Vergangenheit sollte er den Mund halten.
Und dann schießt es mir! Er schaut wieder in mein Handy … wegen Tim? War der Anruf von Julian nur ein Vorwand für ihn, um mein Handy in Augenschein zu nehmen? Vielleicht hat Tim ihm geschrieben oder ist irgendwo aufgetaucht? Das würde Eriks schlechte Laune erklären und warum er noch mit Daniel los war.
Ich habe auf diesem Handy keine Nachricht von Tim … aber vielleicht auf dem anderen.
Ich laufe ins Schlafzimmer und reiße meine Nachttischschublade auf. Aus der hintersten Ecke krame ich das Handy von Tim hervor und schalte es an. Es hat kaum noch Stromkapazität, lässt mich aber den Pin eingeben, um mich wenig später mit SMSen zu bombardieren, um dann auszugehen.
„Verdammt!“, raune ich. Ich muss das Ladekabel finden und das Handy aufladen, ohne dass Erik das mitbekommt.
Nach dem Kabel suchend, öffne ich jede Schublade und finde es letztendlich in einer Tasche, die in meinem Teil des Kleiderschrankes steht.
Aber ein Geräusch lässt mich zusammenfahren und ich weiß, dass Erik wieder da sein muss. Und um zu kaschieren, warum ich im Schlafzimmer bin, setze ich mich auf das Bett und beginne mich auszuziehen.
Erik erscheint in der Tür. Er hat seine Jacke und seine Schuhe ausgezogen, und ich atme erleichtert auf. Also will er nicht wieder abhauen.
„Gehst du schon schlafen?“, fragt er unsicher und fast so leise, dass ich es kaum verstehen kann.
„Ja! Und du? Hast du das für Daniel gefunden?“
Er nickt und setzt sich neben mich auf das Bett. Ich sehe in sein Gesicht und spüre, wie sich mein Herz zusammenzieht.
„Was ist los?“, frage ich genauso leise flüsternd wie er vorher, weil mir meine Stimme versagen will. Erik ist blass und sieht mich seltsam an. Dann nickt er, als hätte er von jemandem die Erlaubnis bekommen, über etwas mit mir zu sprechen.
„Daniel meinte, er hätte Tim heute gesehen und wir sind zu seiner Wohnung gefahren. Aber da war niemand und es lag noch Post im Briefkasten. Wir haben auch noch einige andere Anlaufstellen abgeklappert, aber vielleicht hat Daniel sich auch geirrt?“
Jetzt verstehe ich seine miese Laune. Es geht tatsächlich mal wieder um Tim.
Dicht an ihn heranrückend, lege ich meine Hand auf seine und raune: „Oh Mann, Schatz! Deshalb bist du so drauf.“
„Ich werde alles versuchen, damit er dir nicht mehr zu nahekommt. Daniel hat ihn angerufen, weil ich mir dachte, dass er bei mir nicht abnimmt. Aber die Nummer gibt es nicht mehr.“
Das ist eine Neuigkeit, die sogar mich stutzig macht. Dass Tim von sich aus mir die Möglichkeit nimmt, ihn zu erreichen, das kann viel bedeuten. Entweder, es ist etwas passiert, dass er wirklich mit mir und der Vergangenheit abgeschlossen hat oder er will nur nicht, dass wir ihm bei etwas in die Quere kommen.
„Komisch! Vielleicht sollte ich einmal auf das Handy schauen, das ich von ihm habe. Vielleicht ist da etwas drauf, das uns sagt, was er vorhat oder wann er wiederkommt, und ob überhaupt“, sage ich vorsichtig und füge schnell hinzu. „Vielleicht will er ja gar nicht mehr zurückkommen und hat deshalb die alte Handynummer nicht mehr und will nie wieder etwas mit uns zu tun haben.“
„Stimmt, das andere Handy!“, raunt Erik und ich sehe einen Augenblick Misstrauen in seinen Augen aufflackert. „Wo ist das?“
Mir ist klar, ich muss vorsichtig sein und stehe langsam und unschlüssig auf.
„Keine Ahnung. Vielleicht in den Schubladen im Wohnzimmer. Oder irgendwo in den Taschen, die wir beim Umzug genommen hatten. Ich schau mal! Magst du eben in den Schubladen im Wohnzimmer nachsehen?“
Erik steht schwerfällig auf, als läge eine Zentnerlast auf seinen Schultern und geht ins Wohnzimmer. Ich höre ihn die Schubladen der Anrichte öffnen und durchwühlen und gehe zum Kleiderschrank. Aus der Tasche nehme ich das Ladekabel, das ich noch kurz vorher wieder in die Tasche geworfen hatte.
„Das Ladekabel habe ich schon mal!“, rufe ich und tue so, als suche ich in den anderen Taschen nach dem Handy.
„Im Wohnzimmer ist es nicht“, höre ich Erik kurze Zeit später hinter mir sagen und schicke ihn an die Nachtschränkchen. „Vielleicht ist es in deinem Nachtschrank … oder in meinem?“
Ich wühle weiter im Kleiderschrank herum, weil ich ihn lieber das Handy finden lassen will. Wenn er glaubt, dass ich nicht weiß wo es liegt, dann denkt er zumindest, dass ich es nicht mehr in Gebrauch habe.
„Hier liegt eins!“, höre ich Erik ausrufen und er hält das Handy von Tim in der Hand.
„Super! Aber der Akku ist bestimmt schon leer. Wir werden es erst aufladen müssen.“
Ich reiche ihm das Ladekabel und er steckt es auf seiner Seite vom Bett in die Steckdose und legt es auf seinen Nachtschrank.
„Gut! Schauen wir gleich. Ich gehe noch eine rauchen“, sagt er.
Ihm folgend, stelle ich mich mit ihm an das Wohnzimmerfenster. Er gibt mir eine Zigarette und zieht sein Feuerzeug aus der Tasche. Die Flamme leuchtet auf und ich lasse das erste Aufglühen an meiner Zigarette aufleben.
„Danke“, sage ich und schaue auf die erleuchtete Altstadt, die ich von meinem Fenster aus sehen kann. Die Weihnachtsbeleuchtung lässt alles noch mehr erstrahlen.
Was ich nur im Kleinen aus Ankum kannte, habe ich nun hier so geballt, dass es meine Stimmung zeitweise in eine glückliche Melancholie wirft. Ich liebe die Vorweihnachtszeit.
Erik zündet sich seine Zigarette an und sieht