Von Bremerhaven bis Kiel. Wolfgang Max Reich

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Название Von Bremerhaven bis Kiel
Автор произведения Wolfgang Max Reich
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783746797809



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      Badezimmer mit Badewanne, Wohnzimmer,

      Elternschlafzimmer und ganz besonders wichtig einem Kinderzimmer. Beheizt wurde die Wohnung mit einem Kachelofen, der im Wohnzimmer stand und alle anderen Räume, außer der Küche mitbeheizte. In der Küche befand sich ein mit Kohlen beheizter Herd, der auch für wohlige Wärme in der Küche sorgen sollte. Die Lage der Wohnung war verkehrsgünstig gelegen. In nur kurzer Entfernung gab es eine Bushaltestelle, den Bahnhof in Blexen und den Anleger der „Weserfähre“ mit der man auf die andere Weserseite nach Bremerhaven fahren konnte. So hatte es man nicht weit, um in die nächst größere Stadt zu gelangen.

      Mit großer Hoffnung warteten meine Eltern auf die Zusage diese Wohnung zu bekommen. Endlich war es soweit, die erhoffte Zusage kam mit der Post. Die Erleichterung und Freude waren meinen Eltern anzumerken. Noch befand sich unsere neue Wohnung im Rohbau. Nun musste noch vieles vor unserem Umzug erledigt werden. Vom Aussuchen der Tapeten, über das Einrichten der Zimmer und vieles mehr musste beraten werden und so verging die Zeit bis zum Einzugstermin wie im Flug. Mittlerweile waren meine Eltern damit beschäftigt ihren Hausstand in Kisten und Kartons zu verpacken. Meine Mutter war dabei sehr akribisch. Jede Tasse, Teller und Kaffeekannen wurde einzeln in Zeitungspapier eingewickelt und in Umzugskisten verpackt. Die größte Angst bestand darin, dass beim Transport in die neue Wohnung etwas kaputt geht. So entwickelte sich unser kleiner Lebensraum immer mehr zu einem Lagerraum aus Kisten und Kartons. Endlich kam der Tag des Umzugs. Hein Bieber, der Arbeitskollege meines Vaters, kam mit dem großen Möbelwagen. Einige Bekannte meiner Eltern hatten sich angeboten beim Umzug zu helfen. Um die Mittagszeit war die erste Hürde genommen. Das Mobiliar war in dem großen LKW verstaut. Viel mehr hätte aber auch nicht in dem Speditionsauto Platz gehabt.

      Der kurze Weg bis vor die neue Wohnung war eine der leichteren Aufgaben und war schnell erledigt. Nun begann die zeitaufwendigere Arbeit, das ausladen und herauftragen des Hausstandes in den ersten Stock. Nachdem der LKW am frühen Abend wieder leergeräumt war. fuhr Onkel Hein diesen wieder zurück auf den Speditionshof. Er kam dann wenig später mit seinem Motorroller zurück, um beim Zusammenbauen der Betten und Schränke zu helfen. Meine Mutter hatte inzwischen, trotz allem Chaos für uns und unsere fleißigen Helfer eine Brotzeit hergerichtet. Kurz vor Mitternacht waren dann die wichtigsten Arbeiten erledigt und wir sind alle müde in unsere frisch aufgebauten Betten gefallen. Es dauerte noch einige Tage bis die letzten Kartons ausgeleert und ihr Inhalt wieder an den richtigen Orten eingeräumt war. Aber mit jedem Tag kamen wir unserem Ziel näher und die Freude über unsere neue Wohnung war riesengroß.

      Mein Vater hatte nun eine neue besser bezahlte Arbeit gefunden. Er war jetzt auf Montage und arbeitete in Hamburg bei einer Rammfirma. Demzufolge sahen wir unseren Vater nur am Wochenende.

      Es begann die Adventszeit meine Mutter hatte das Wohnzimmer schon weihnachtlich dekoriert und einen schönen Adventskranz auf dem Tisch platziert. Es war Freitagabend und meine Mutter saß mit mir bei Kerzenlicht im Wohnzimmer. Wir spielten Mensch ärgere dich nicht, als es an der Haustür klingelte. In Erwartung das der Papa von der Arbeit nachhause kommt öffnete meine Mutter die Tür. Sie war erstaunt, dass nicht Papa, sondern ein Arbeitskollege von ihm vor der Tür stand. Nachdem Sie den Kollegen ins Wohnzimmer geholt hatte erfuhr sie das der Papa nicht nachhause kommen konnte. Er hatte einen schweren Arbeitsunfall erlitten und liegt in Hamburg im Hafenkrankenhaus. Es würde ihm aber schon besser gehen. Diese Nachricht hatte uns sichtlich geschockt. Meine Mutter plante sofort den Papa mit mir am nächsten Tag im Krankenhaus zu besuchen. Nun hieß es früh ins Bett damit wir für unsere Reise nach Hamburg auch ausgeruht waren. Am Morgen haben wir noch gefrühstückt und Mutter hatte auch noch Brote geschmiert die wir als Reiseproviant mitnahmen.

      Dann sind wir zu Fuß zum Bahnhof nach Blexen gelaufen. Dort angekommen ließ sich meine Mutter am Schalter die Reiseverbindung aufschreiben und kaufte für uns die Fahrkarten. Gemeinsam saßen wir nun am Gleis auf einer Bank und warteten auf den einfahrenden Zug. Nun begann meine erste Reise mit der Bahn. Ich saß am Fenster und beobachtete die vorbeiziehende Landschaft. Mit den Gedanken war ich aber immer bei meinem Papa. Wie wird es ihm wohl gehen und vor allem wann kommt er zurück nachhause. Um die Mittagszeit hatten wir Hamburg erreicht. Vom Bahnhof sind wir dann mit dem Taxi ins Hafenkrankenhaus gefahren. Ich konnte es kaum erwarten meinen Vater zu sehen. Endlich war es soweit. Nun war ich wieder etwas beruhigt als ich den Papa mit seinem Kopfverband drücken konnte. Wir blieben dann eine ganze Weile bei meinem Vater im Krankenzimmer. Mein Vater machte dann den Vorschlag, wenn wir doch nun schon mal in Hamburg sind, den Winter-Dom zu besuchen. Die Krankenschwester erklärte meiner Mutter dann wie wir mit der S-Bahn zum Heiligengeistfeld kommen. Am Nachmittag haben wir dann meinen Vater wieder verlassen, mit dem Ziel zum Winter-Dom. Das war für mich das erste große Jahrmarktserlebnis. Da es in der Adventszeit relativ früh dunkel wird konnte ich den Rummel in vollem Lichterglanz erleben. Ein Ereignis was ich nie vergessen werde. Nach einigen Fahrten mit dem Kinderkarussell, einer Waffel, sowie eine Bratwurst war es Zeit die Heimreise anzutreten. Zuhause angekommen bin ich todmüde ins Bett gefallen und habe von dem bunten Jahrmarktstreiben geträumt.

      Vaterliebe

      Nachdem mein Vater aus dem Krankenhaus entlassen wurde und wieder bei uns war begann für mich als fast 5-jähriger Knirps die schönste Zeit meiner Kindheit. Was sich wohl fast jeder kleine Junge wünschte, nämlich viel Zeit mit dem Vater verbringen zu können, wurde für mich erst einmal Wirklichkeit. Durch den Arbeitsunfall meines Vaters und der anstehenden Kur zur Wiederherstellung seiner Arbeitskraft, verlor er seinen Arbeitsplatz. Die wirtschaftlichen Folgen seiner Arbeitslosigkeit waren einem Kind in meinem Alter natürlich nicht bewusst. Für mich war wichtig Papa ist zuhause und für mich jederzeit verfügbar. In der Vorweihnachtszeit packten wir für meine Oma, die in der damaligen Ostzone lebte, ein Paket mit vielen leckeren Sachen und vor allem Kaffee. Die meisten dieser Lebensmittel waren in der DDR nicht zu bekommen. Aber auch wir bekamen von der Oma zu Weihnachten ein Paket geschickt und so saß ich oft am Küchenfenster und beobachte den Paketwagen der Post. Und mit Spannung wartete ich darauf das der Paketbote auch bei uns klingelte. Oft hoffte ich vergebens, aber dann war es wieder soweit und ein Paket von Oma wurde zugestellt. Das Paket wurde dann von Mutter vereinnahmt. Es wurde erst am Heiligabend geöffnet. Jeden Tag stellte ich mir vor, was meine Oma mir wohl zu Weihnachten geschickt hatte. An einem der Adventssonntage machten wir alle zusammen einen Ausflug mit der „Weserfähre“ nach Bremerhaven. Wir tippelten zur Bürgermeister-Smidt-Straße, auf der sich die großen Warenhäuser Horten und Karstadt und C&A befanden. Es wurde ein gemütlicher Schaufensterbummel gemacht. Die Dekorateure der Warenhäuser hatten sich, wie in jedem Jahr große Mühe gemacht die Fenster mit märchenhaften Motiven zu schmücken. Jedes Kaufhaus hatte auch in einem seiner Fenster eine elektrische Eisenbahnanlage aufgebaut. Von diesen Fenstern konnte ich mich nur schwerlich abwenden. Auch wenn ich wusste das ich eine elektrische Eisenbahn nicht auf meinen Wunschzettel an das Christkind schreiben brauchte. Denn selbst mir kleinen Jungen ist es aufgefallen, dass wir auf Grund der Arbeitslosigkeit meines Vaters uns einschränken mussten. Also begnügte ich mit dem Anschauen der Fenster und träumte insgeheim davon eine Modelleisenbahn zum Spielen zu besitzen. Nach dem Schaufensterbummel kehrten wir noch in einem Café ein und aßen gemeinsam zum Kaffee, und ich zum Kakao ein Stück Kuchen. Dann schlenderten wir langsam und gemütlich wieder in Richtung „Weserfähre“ um den Heimweg anzutreten. Zuhause angekommen bereite Mutter für uns das Abendbrot zu. Papa und ich saßen dabei in unserer gemütlichen Wohnküche auf der Eckbank und schauten Mutter bei den Vorbereitungen zu. Nach dem Essen spielten wir zusammen noch einige Runden Mensch ärgere dich nicht bis dann um acht Uhr für mich Schlafenszeit war. Ein Fernsehgerät besaßen meine Eltern zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Meistens lief zur Berieselung leise ein Radio. Langsam kam der Heiligabend immer näher und meine Aufgeregtheit und Neugierde was das Christkind mir wohl unter den Weihnachtsbaum legt wurde immer größer. Am Heiligabend meinte der Wettergott es besonders gut mit uns, denn es fing am Nachmittag an zu schneien. Mutter hatte begonnen den Christbaum im Wohnzimmer zu schmücken, während ich mit Papa in der Küche saß. Am Abend gab es traditionell selbstgemachten Kartoffelsalat und schlesische Weißwurst. Nach dem Essen klingelte meine Mutter mit dem Glöckchen am Weihnachtsbaum