Der Teufel von Tidal Basin. Edgar Wallace

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Название Der Teufel von Tidal Basin
Автор произведения Edgar Wallace
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783752946161



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sie sich geschmeichelt fühlte.

      Vor allem fand sie seine Zurückhaltung außerordentlich taktvoll. Er hatte sie nur einmal umarmt, und er vergaß nie, daß ihre Bekanntschaft erst kurze Zeit dauerte. Das Wort ›Liebe‹ war noch nicht zwischen ihnen gefallen. Als sie sich das zweite Mal trafen, küßte er sie, und das berührte sie unangenehm. Er mußte es gemerkt haben, denn er versuchte es nicht wieder. Aber sie sprachen trotzdem davon, zu heiraten und ein gemeinsames Heim in Südafrika einzurichten. Er erzählte ihr von den Wundern des Schwarzen Erdteils, und sie unterhielten sich sogar über Kindererziehung.

      Einen Tag nach ihrem Erlebnis im Howdah-Klub hatte sie sich zum Mittagessen bei Bussini mit ihm verabredet.

      »Ist dein Geld gekommen?« fragte sie ihn lächelnd.

      Er nahm seine Brieftasche heraus und zeigte ihr zwei Banknoten zu je hundert Pfund.

      »Ja, heute morgen. Ich habe die beiden Scheine für meine kleinen Ausgaben eingesteckt – ich hasse es, in London ohne Geld zu sein. Aber wenn es heute morgen nicht gekommen wäre, hätte ich dich anpumpen müssen, Liebling. Was hättest du dann wohl von mir gedacht?«

      Sie lächelte wieder. Männer benahmen sich in Geldsachen wirklich komisch. Zum Beispiel Michael. Sie hatte ihm gesagt, daß er einen kleinen Wagen haben müßte, aber er war direkt beleidigend geworden, als sie ihm Geld dafür leihen wollte.

      »Hast du dich gestern Abend gut unterhalten?«

      Sie verzog das Gesicht.

      »Das könnte ich nicht gerade behaupten.«

      »Dein Bekannter ist Zeitungsmann? Ich kenne einen Reporter von der ›Cape Times‹ – famoser Mensch ...«

      »Michael war nicht schuld daran, daß der Abend so unglücklich verlief. Es war ein Mann, der eine weiße Maske trug ...«

      »Ach so!« Er zog die Augenbrauen hoch. »Du warst ja im Howdah-Klub. Und Weißgesicht war auch dort, ich habe es heute morgen in der Zeitung gelesen. Ich wünschte nur, daß ich dabei gewesen wäre. Es ist mir rätselhaft, daß die Männer in diesem Land so fischblütig sind. Lassen einen frechen Räuber ohne weiteres entwischen! Einer von uns beiden wäre auf dem Platze geblieben, wenn ich in seiner Nähe gewesen wäre. Ihr Engländer habt zu viel Angst vor Feuerwaffen. Das weiß ich aus eigener Erfahrung ...«

      Er erzählte ihr eine Geschichte von einem Goldsucherlager in Rhodesien, die ihn selbst in sehr günstigem Licht zeigte.

      Während er sprach, kehrte er das Gesicht dem Fenster zu, und sie hatte Zeit, ihn zu beobachten. Sie betrachtete ihn jedoch nicht kritisch, sondern mit den Augen eines romantischen jungen Mädchens. Er war älter, als sie gedacht hatte. Vielleicht vierzig. Die kleinen Falten in den Augenwinkeln und ein härter Zug um den Mund deuteten es an. Sie wußte, daß er ein gefahrvolles Leben hinter sich hatte, und man konnte der Welt kein glattes, jugendliches Gesicht mehr zeigen, wenn man solche Strapazen durchgemacht hatte wie er. In der Wüste Kalahari hatte er Hunger und Durst gelitten, am Ufer des Tuliflusses hatte ihn ein schweres Fieber gepackt, und westlich von Massikassi ließen ihn seine Träger und Diener im Stich, so daß er allein und ohne Feuerwaffen von Löwen angegriffen werden konnte. Unter dem Kinn hatte er eine lange Narbe von der Pranke eines Leoparden.

      »Heutzutage ist das Leben in Afrika nicht anders als hier in der Bond Street«, sagte er. »Es ist nichts Geheimnisvolles mehr daran. Ich glaube kaum, daß es noch einen einzigen Löwen zwischen Salisbury und Bulawayo gibt. Aber in den alten Zeiten passierte es, daß sie mitten auf der Chaussee lagen ...«

      Sie hätte ihm stundenlang zuhören können, aber sie erklärte ihm, daß sie noch Pflichten in der Klinik habe.

      »Ich werde hinkommen und dich nach Hause bringen – wo liegt die Klinik eigentlich?«

      Sie beschrieb ihm die genaue Lage von Tidal Basin.

      »Was ist eigentlich Dr. Marford für ein Mann?«

      »Oh, er ist rührend gut«, erwiderte Janice begeistert.

      »Dann wollen wir ihn nach Südafrika holen. Es gibt dort viel Arbeit für ihn, besonders bei den Negerkindern. Wenn ich die Farm kaufen könnte, die an die meine stößt, ließe sich das Haus dort leicht in ein Erholungsheim umbauen. Es ist eins der großen holländischen Farmhäuser, und ich selbst besitze eine schöne Wohnung, so daß wir die andere nicht brauchen.«

      Sie lachte.

      »Du scheinst immer mehr Land haben zu wollen, Donald. Ich werde noch an einen Agenten schreiben müssen, um nähere Einzelheiten über dieses begehrenswerte Grundstück zu erfahren!«

      Er runzelte die Stirn.

      »Hast du Freunde in Kapstadt?«

      »Ich kenne einen jungen Mann dort, aber ich habe ihm nicht mehr geschrieben, seitdem er England verließ.«

      »Hm!« Donald wurde ernst. »Wenn Fremde drüben Land kaufen wollen, werden sie meistens hereingelegt. Ich möchte dir einen Rat geben. Versuche niemals, in Südafrika Land durch einen Agenten zu kaufen, denn diese Menschen sind meistens Räuber. Eins ist aber sicher: Der Landbesitz in der Gegend von Paarl – dort liegt auch meine Farm – wird in ein paar Jahren das Doppelte wert sein. Die Regierung baut eine neue Eisenbahn, die gerade an der Grenze meines Landes vorbeikommt. Wenn ich ein Vermögen hätte, würde ich es bis auf den letzten Cent dort in Grundbesitz anlegen.«

      Er nahm wieder die beiden Hundertpfundnoten aus der Tasche und betrachtete sie. Sie raschelten zwischen seinen Fingern.

      »Warum bringst du das Geld nicht auf die Bank?«

      »Weil ich es bei mir haben möchte. Außerdem fasse ich englische Banknoten gern an. Sie sehen so sauber aus.«

      Er steckte die Brieftasche wieder ein und faßte Janice dann plötzlich an den Schultern. In seinen Augen glühte ein Feuer, wie sie es noch nie vorher gesehen hatte, und sie erschrak ein wenig.

      »Wie lange sollen wir eigentlich noch warten?« fragte er leise. »Ich kann doch leicht das Aufgebot bestellen, dann heiraten wir sofort und sind in zwei Tagen auf dem Festland.«

      Sie machte sich von ihm frei und bemerkte erstaunt, daß sie zitterte.

      »Das ist unmöglich«, erwiderte sie atemlos. »Ich habe noch so viel zu tun, und ich muß doch zunächst noch in der Klinik bleiben, bis ich eine verläßliche Nachfolgerin habe. Es geht nicht, daß ich Dr. Marford einfach sitzenlasse! Und du hast auch einmal gesagt, daß du erst in einigen Monaten heiraten wolltest.«

      Er schaute sie lächelnd an.

      »Ich kann Monate, auch Jahre warten«, erwiderte er.

      Sie hatte abends nur eine halbe Stunde für ihn Zeit, aber er wollte trotzdem mit ihr essen gehen. Der Gedanke daran machte ihr keine besondere Freude. Sie sagte sich selbst, daß sie ihn liebe. Er war genauso, wie sie ihn sich wünschte. Aber Heirat – sofortige Heirat? Sie schüttelte den Kopf.

      »Mit welcher Bank arbeitest du eigentlich?« fragte sie plötzlich.

      Diese Frage überraschte ihn sehr.

      »Bank? Ach so, die Standard Bank – das heißt nicht eigentlich die Standard Bank, sondern eine Firma, die mit ihr in Verbindung steht. Aber warum interessiert dich das?«

      Sie wollte es erfahren, um ihm eine Freude machen zu können, aber davon sollte er noch nichts wissen.

      »Ich erzähle es dir später.«

      Er begleitete sie nach Tidal Basin und verbrachte den Nachmittag in verschiedenen Reiseagenturen, um Pläne und Prospekte durchzusehen. Er wäre gern in London geblieben, ebenso wie in vielen anderen Orten, die er hatte verlassen müssen. Inez lebte hier. Sie war eine Schönheit geworden. Er hatte sie wiedergesehen, obwohl sie nichts davon wußte. Sonderbar, wie sich Frauen entwickeln konnten. Früher war sie ein ungelenkes Mädchen gewesen, das ihm gar nicht gefallen hatte. Wie würde wohl Janice in ein paar Jahren aussehen? Im Augenblick war sie ja sehr schön. Aber sie besaß Eigenschaften, die ihm wenig gefielen. Freilich, eine vollkommene Frau gab es wohl überhaupt