Название | Zwischen meinen Inseln |
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Автор произведения | Ole R. Börgdahl |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783847621041 |
Taiohae, 12. September 1910
Vater hat es sich gestern mit einem Glas Absinth gemütlich gemacht. Er öffnet die Flasche ja nur sehr selten. In den vergangenen Tagen hat er viel in der Dunkelkammer gearbeitet. Es sind gute Aufnahmen geworden, ich habe sie mir angesehen. Das meiste ist wohl entstanden, als ich auf Ua Huka war. Wir haben die Bilder dann noch gemeinsam sortiert und die Päckchen fertiggemacht. Vater sagte, sie würden nach links und nach rechts gehen. Mit links meint er Australien, eine Adresse in Brisbane und zwei in Sydney. Rechts ist Amerika. Ein Päckchen nach San Francisco und eines sogar nach New York. Ich habe noch nie eine Zeitung oder ein Magazin gesehen, das Vaters Bilder gedruckt hat, aber die Zeitschriften aus Amerika oder Australien erreichen uns hier ja auch nur selten. Ich habe mir dann ebenfalls ein Glas genommen und den Absinth probiert, nur einen ganz kleinen Schluck. Vater hat nicht protestiert, weil er gleich gesehen hat, dass es mir nicht schmeckt. Ich musste sofort an den Matrosen denken, der sich vor meinen Augen erbrochen hat. Erst wurde mir auch etwas übel, aber dann kam doch ein wohlig warmes Gefühl in meinen Bauch. Trotzdem wird mir dieses Getränk wohl niemals schmecken.
Taiohae, 3. Oktober 1910
Ich werde einen Liebesbrief schreiben, einen Liebesbrief an Onoo. Ich bin plötzlich wie verzaubert, ich konnte mich am letzten Freitag gar nicht von ihm losreißen. Oh, er ist so fern von hier. Die Fahrt mit einem der Schiffe, die zwischen den Inseln verkehren ist so lang, was mir sonst doch nie so vorgekommen ist. Onoo hat mich geküsst, oben bei den Vanille-Feldern, inmitten dieses betörenden, beruhigenden Duftes. Er hat eine Schote aufgebrochen und sie zwischen seinen Fingern zerrieben. Es war wie eine Betäubung, als er mich dann in seinen Armen hielt und mich küsste. Onoo ist ein braver Kavalier, er hat mich nur dieses eine Mal geküsst. Danach gingen wir Hand in Hand zum Tal hinunter. Erst als wir auf seine Familie trafen, ließ er meine Hand los. Ich stand aber den Rest des Tages immer ganz in seiner Nähe und berührte seine Finger, wenn wir unbeobachtet waren. Die letzten Tage musste ich immer an Onoo denken. Ich habe diese Gefühle früher nicht für ihn gehabt, wo wir uns doch auch schon so viele Monate kennen. Ich rechne, es sind bald zehn Monate. Ich werde jetzt dieses Büchlein zuklappen und meinen Brief beginnen.
Taiohae, 15. Oktober 1910
Heute haben sie einen toten Matrosen am Strand gefunden. Ich habe gesehen, wie er zur Gendarmerie getragen wurde. Vater hat sich später erkundigt. Der Mann wurde erstochen, mit einem Messer oder einem Spieß. Er kommt von dem Frachtsegler, der seit Kurzem in unserer Bucht vor Anker liegt. Der Matrose soll noch ganz jung gewesen sein, kaum ein paar Jahre älter als ich. Sie wissen noch nicht, wer ihn getötet hat, oder ob es nicht doch ein Unfall war. Von den Leuten hier auf der Insel kann es niemand gewesen sein. Die Gendarmen wollen jetzt den Frachtsegler untersuchen und die Mannschaft befragen.
Taiohae, 22. Oktober 1910
Der Frachtsegler liegt seit mehr als einer Woche in der Bucht. Die Gendarmen haben blutige Verbände auf dem Schiff gefunden, auch getrocknetes Blut. Sie vermuten jetzt, dass der Matrose nicht hier auf Nuku Hiva erstochen wurde und auch nicht auf seinem Schiff. Der Frachtsegler ist aus Papeete gekommen. Der Matrose wurde wohl bei einer Messerstecherei im Hafen von Papeete verletzt. Weil er sich nicht behandeln ließ ist er schließlich an seinen Wunden verblutet. Für die Gendarmerie auf Nuku Hiva gibt es somit nichts mehr zu tun.
Ua Huka, 11. November 1910
Ich habe heute bei der Ernte geholfen. Die Schoten der Johannisbrotbäume können in diesen Wochen gepflückt werden. Onoo hat mich mit aufs Feld genommen. Seine Familie besitzt siebzig Johannisbrotbäume. Es wird natürlich nicht gepflückt, sondern mit Stöcken gegen die tragenden Äste geschlagen. Die Schoten fallen dann herunter und können aufgesammelt werden. Anfangs habe ich auch einen Stock genommen, aber es wird auf die Dauer zu schwer und ich konnte den Stock zuletzt gar nicht mehr in die Höhe heben. Nach einer Pause habe ich dann den Sammlerinnen geholfen. Wir haben eine Menge Schoten zusammenbekommen. Abends hat Onoo mir dann die Früchte noch einmal gezeigt. Die Hülsen werden getrocknet, können aber auch frisch zu Brei verarbeitet werden. Onoo hat auch einige Schoten aufgebrochen und mir den Samen gezeigt, der ebenfalls verkauft werden kann. Ich brauche jetzt ein paar Tage um mich auszuruhen, aber dann möchte ich wieder bei der Ernte helfen, es hat wirklich Freude gemacht.
Taiohae, 11. Dezember 1910
Heute habe ich etwas Ekelhaftes mit angesehen. Einige Fischer hatten aus dem Meer eine große Schildkröte gefangen und mit an den Strand gebracht. Sie haben sie erst dort getötet. Sie haben ihr mit einem Knüppel auf den Kopf geschlagen, sie betäubt, sodass sie nicht mehr zuschnappen konnte und sie dann mit einem Messer aufgeschnitten, es war nicht schön, aber ich habe mir alles genau angesehen, weil ich auch wissen wollte, wie eine Schildkröte unter ihrem Panzer aussieht. Der Panzer ist mit dem Tier verwachsen. Die Fischer haben mit langen Messern alles Fleisch herausgetrennt. Das Fleisch wurde verteilt und jeder hat eine ordentliche Portion erhalten, es war eine sehr große Schildkröte. So ganz ohne das Tier in seinem Inneren sah der Panzer dann aber doch recht klein aus, eine leere Hülle. Einer der Männer hat ihn kurz als Trommel benutzt. Dann wurde der Panzer aber zersägt und das Schildpatt wurde abgetrennt. Ich durfte mir ein Stück ansehen. In die Sonne gehalten schimmert es in bunten Farben. Das Schildpatt wurde auch an die Jäger verteilt. An diesem Tag hatten sie wirklich eine reiche Beute. Die Schildkröte tat mir aber trotzdem leid.
Taiohae, 27. Dezember 1910
An den ruhigen Tagen habe ich mir ein Spiel für den Unterricht ausgedacht.