Zwischen meinen Inseln. Ole R. Börgdahl

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Название Zwischen meinen Inseln
Автор произведения Ole R. Börgdahl
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783847621041



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sein. Ich habe Vater hinterher gefragt, ob das sein könne. Er wusste es nicht. Napoleon hatte viele Brüder und Schwestern, die auch wieder viele Kinder und Kindeskinder hatten, also warum nicht. Leider mussten wir schon früh gehen, es war wirklich ein schöner Abend. Übrigens hat Onkel Louis diesmal nicht selbst gekocht und Tante Maggie stand nicht hinter dem Tresen, es war ja schließlich auch ihr Ehrentag.

      Brisbane, 7. Mai 1914

      Mein Sohn ist heute zwei Jahre alt geworden, ich bin eine stolze Mutter. Tom hat das Wort Geburtstag schon gelernt, aber ich glaube nicht, dass er weiß, was es bedeutet, geschweige denn er weiß, dass er heute Geburtstag hat. Das mit dem Kuchen und den Kerzen hat er aber schon begriffen. Vater bringt ihm zu zählen bei und so haben sie endlos lange gezählt, erst bis zwei, dann bis fünf und dann sogar bis zehn. Ich denke Tom hat es nur nachgeplappert. Ich freue mich schon auf die Geburtstage in den nächsten Jahren, wenn Tom immer mehr begreift und versteht.

      Brisbane, 22. Mai 1914

      Ich glaube, wir wollten den »Bauch von Paris« schon zum Jahreswechsel fertiglesen. Daraus ist wohl nichts geworden. Bis letzte Woche fehlten noch gut siebzig Seiten und die habe ich jetzt allein zu Ende gebracht. Entweder werde ich sie noch einmal zusammen mit Vater lesen oder wir fangen gleich mit dem vierten Rougon-Macquart an. In den letzten Wochen und Monaten habe ich Vater aber nur noch selten vorgelesen, wir sind irgendwie davon abgekommen. Ich muss ihn und auch mich einfach wieder dazu ermuntern. Es ist doch eigentlich ganz schön, gemeinsam eine Lektüre zu haben und darüber zu sprechen und mir von Vater erklären zu lassen, was er darüber weiß. Ich habe Onkel Louis gefragt, ob er das Buch kennt, denn für ihn müsste es doch die reinste Wonne sein. Was wird nicht alles an essbarem aufgezählt, Gemüse, Obst, Fisch und natürlich Fleisch. Das Handwerk des Fleischers wird dem Leser nahegebracht, sodass man die Würste und Pasteten beinahe riechen kann. Die Blutwurst hat mir allerdings Ekel verursacht. Onkel Louis kennt zwar das Buch nicht, dafür aber wenigstens die Markthallen in Paris. Dann war der Roman auch wieder sehr politisch. Es wurde ein Aufstand gegen das Kaiserreich geplant. Gerade auf den letzten siebzig Seiten hat sich alles aufgelöst. Dieser Florent ist für mich ein dummer Mensch. Er entkommt der Hölle der Teufelsinsel und hat sogar in Paris noch ein Vermögen. Er hätte sich zurückziehen können, ein gutes Leben führen können, stattdessen betreibt er Politik, will diesen Aufstand gegen den Staat führen, mit Pistolen und roten Schärpen. Die Polizei hat schon gewartet und bei Zola wird auf den letzten Seiten immer ganz schnell erzählt, was aus den Leuten wird. Florent wird wieder deportiert, die anderen leben glücklich weiter.

      Brisbane, 2. Juni 1914

      In der Woche nach Pfingsten hat das College Ferien, aber ich kann es kaum erwarten, dass sie vorbei sind. Am Montag beginne ich mit dem Holländischen. Es soll dem Englischen verwandt sein. Mit Spanisch und Portugiesisch hatte ich ja überhaupt keine Schwierigkeiten, weil es wie das Französische ebenfalls romanische Sprachen sind. Ich habe schon gelernt, was romanische und germanische Sprachen sind.

      Brisbane, 18. Juni 1914

      Ich habe die Idee, meine Tagebucheinträge auch auf Spanisch und auf Portugiesisch zu schreiben. Es soll eine Übung sein. Ich übersetzte ja schon zur Übung häufig irgendwelche Texte, aber ich denke es ist ein Unterschied, einen schon fertigen Artikel oder Bericht in eine andere Sprache zu übersetzen, als sich gleich mit den eigenen Worten auszudrücken. Als Erstes werde ich diesen Abschnitt hier ins Spanische und auch ins Portugiesische übersetzen. Aber halt, das wäre ja nichts anderes, als ich sonst auch mache. Nein, ich muss gleich auf Spanisch schreiben, ja, ich denke ich beginne auf Spanisch zu schreiben.

      Anmerkungen der Herausgeber:

      Madame Jasoline hat ihre Ankündigung in die Tat umgesetzt. In den Jahren 1914 und 1915 haben wir viele ihrer Tagebucheinträge auf Spanisch, Portugiesisch und sogar Holländisch gefunden. Wir haben uns für die Übersetzung professionelle Hilfe geholt. Die sprachliche Qualität der Texte soll sehr gut sein.

      Brisbane, 8. Juli 1914

      In meinen Tagebüchern habe ich keine Notiz darüber gefunden, wann Tom das erste Mal richtig auf beiden Beinen gelaufen ist. Es war bestimmt schon im letzten Jahr. Er hat sich immer an den Möbeln hochgezogen, wie es wohl jedes Kind macht. Irgendwann ist er dann durchs Zimmer gelaufen. Von da an ist er nirgends mehr hin gekrabbelt, sondern er ist gelaufen. Tom und ich machen uns jetzt immer den Spaß eines Wettrennens. Tom möchte immer und überall ein Wettrennen mit mir und er versucht es auch bei Vater. Ich lasse Tom immer gewinnen. Vater tut dies mit Absicht nicht. Er sagt, ein Mann muss lernen, nicht alles ohne Mühe zu bekommen. Ich verstehe das nicht, Tom kann sich doch ohnehin noch nicht mit einem erwachsenen Mann messen.

      Brisbane, 17. Juli 1914

      Vater hat das Postfach aufgegeben. Ich hatte gar nicht mehr an all dies gedacht, an die Briefe, die bis heute ohne Antwort blieben, die noch nicht einmal zurückgekommen sind. Ich weiß, was Vater denkt. Er hat es aufgegeben. Wir brauchen nicht darüber zu sprechen, vorerst nicht. Ich mache mir natürlich auch meine Gedanken. Mutter ist tot, aber dann wären die Briefe zurückgekommen. Sie sind verloren gegangen, aber warum denn dann gleich beide? Es kann doch nicht sein. Als Drittes fällt mir ein ..., aber darüber denke ich nicht nach. Ich habe mein Leben, ich habe meinen Sohn, ich habe Vater, wir haben uns. Niemand bringt die Zeit zurück.

      Brisbane, 26. Juli 1914

      In Europa droht ein Krieg, in den auch die britische Nation hineingezogen werden kann. Vater kennt Europa, auch wenn er schon so viele Jahre nicht mehr dort war. Wir harren der Nachrichten aus der Ferne.

      Brisbane, 5. August 1914

      Vater nannte es eine Kettenreaktion der Bündnissysteme. Das Kaiserreich Österreich-Ungarn erklärt einem Staat namens Serbien den Krieg. Das große Russland ist der Beschützer Serbiens und kann dies nicht dulden. Das Deutsche Reich ist wiederum im Bündnis mit Österreich-Ungarn und erklärt Russland den Krieg. Frankreich sieht seinen Verbündeten Russland, angegriffen und erklärt dem Deutschen Reich den Krieg. Und auch Großbritannien ist im Bündnis mit Frankreich und Russland. Mit zwei Staaten beginnt es und schon ist ganz Europa im Krieg, so wie es jetzt geschehen ist. Hier in Australien würde es uns nichts angehen, doch Australien folgt seinem Mutterland und wird Soldaten nach Europa schicken. Premier Cook hat die Nation angerufen, nicht England ist im Krieg, sondern das Empire und Australien ist Teil des Empires.

      Brisbane, 7. August 1914

      Aus Fort Nepean in Victoria wird die Beschießung eines deutschen Frachters gemeldet. Ich hatte gedacht, Australien würde die Deutschen in Europa bekämpfen.

      Brisbane, 11. August 1914

      In diesen Tagen öffnen die Musterungsbüros, bei denen sich die Männer freiwillig für den Kampf in Europa melden können. Ich bin heute an einem vorbeigekommen, es gab schon eine große Schlange bis auf die Straße hinaus. Viele junge Männer, aber auch einige in Vaters Alter. Wenn dies in allen Städten und auch auf dem Lande so geht, wird Australien sicherlich eine große Truppe zusammenbekommen. Vater meinte, dass England nach zwanzigtausend Mann verlangt hat. Die werden bestimmt rekrutiert, wo sich doch auch Neuseeland genau wie Australien verpflichtet sieht und ebenfalls Männer schicken wird.

      Brisbane, 4. September 1914

      In Frankreich scheint Paris von den vorrückenden Deutschen bedroht zu sein. Die französische Regierung ist nach Bordeaux geflohen.

      Brisbane, 8. September 1914

      Belgien wurde von den Deutschen besetzt und auch weite Teile Nordfrankreichs. In Nordfrankreich verläuft die Front. Briten und Franzosen versuchen die Deutschen erbittert zurückzuschlagen.