Название | 10 Tage Vietnam |
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Автор произведения | Helga Henschel |
Жанр | Социология |
Серия | |
Издательство | Социология |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783738051131 |
Es geht weiter. Nach einer Weile kommt ein Restaurant. Eine längere Pause mit einem ausgiebigen Mittagessen ist vorbereitet. Es stehen sogenannte Ballkuchen aus Reismilch und Reismehl auf dem Tisch. Zerschnitten ist das eine leckere süße Nachspeise. Erstaunlich ist auch der gebackene Elefantenohrfisch. Er steht senkrecht in einem Holzgestell und die Schuppen kringeln sich. Sieht sehr ungewöhnlich aus, aber die Fischsorte schmeckt wunderbar.
Noch schnell der obligatorische Gang zu den Toiletten. Wichtig zu wissen: Nu heißt Herren und Nam Frauen. Mit einer Kutsche geht es durch das Dorf zurück zum Anleger. Um die Grundstücke mit Steinhäusern und Gärten sind Erdwälle angehäuft. Jetzt ist es nur eine sandige, knochentrockene Straße, aber in der Regenzeit steht hier wahrscheinlich das Wasser. Von dem kleinen Anleger geht es mit schmalen Holzbooten durch die dichte Vegetation zum großen Schiff. Das Rudern ist scheinbar Frauenarbeit. Uns begegnen unterwegs auch nur Frauen, die wahrscheinlich vom Markt kommen. Zurück geht es mit dem größeren Motorboot an einer Werft, an Fischern und großen, angemalten Schiffen vorbei. Das war ein sehr interessanter Ausflug, der uns einen kleinen Einblick in das Leben und Arbeiten der Menschen im Mekong-Delta gab.
Vinh Trang Pagode
Die Vinh Trang Pagode liegt im Ort My Tho, siebzig Kilometer südwestlich von HCM-City. Der Tempel wurde vor etwa zweihundert Jahren von geflohenen Chinesen erbaut und ist nun vollständig renoviert. Hier überrascht das zweiteilige Tempelgelände. Ein dicker, gutmütiger Buddha hatte wohl keinen Platz mehr im eigentlichen Tempelbezirk. Deshalb sitzt er davor in seinem eigenen Areal. Der weiße Buddha grinst, hält Besuchern unverfroren seinen dicken Bauch entgegen und wedelt mit seinen Perlenketten. Die Ohrläppchen hängen auf seinen fetten Schultern. Er symbolisiert Fröhlichkeit und genug zum Essen. Keinen Hunger zu leiden, ist eine sehr neue Erfahrung für Vietnamesen. Übergewichtige Vietnamesen sind aber im Stadtbild nicht zu sehen.
Der liegende Buddha
Im eigentlichen Tempelbezirk liegt seitlich ein großer sogenannter „liegender Buddha“. Die liegende Haltung symbolisiert, dass Buddha im Nirwana angekommen ist. Vor der Pagode ist ein kleiner Garten. Es ist Musik zu hören, aber nicht aufdringlich. Der Eingang in das Gebetshaus ist seitlich rechts. Wie immer müssen die Schuhe draußen bleiben und es geht barfuß hinein. Gleich am Eingang ist auch ein kleiner Shop. Das Innere verströmt Ruhe, Gebet und Andacht. An den dunklen Holzsäulen schlängeln sich vergoldete Drachen. Das obligatorische Gefäß für Räucherstäbchen ist auch zu entdecken. Bei dem Altar fällt eine Buddha-Statue auf, die einen Heiligenschein aus bunten, leuchteten Lichterkränzen in fünf Farben trägt. Der künstlich aussehende Heiligenschein will nicht recht in die Umgebung passen. Aber der Buddha genießt Verehrung, denn es liegen Opfergaben wie Früchte und Blumensträuße davor. Interessant ist auch der Turm zum Garten hin. Er hängt voller kleiner, akkurat aufgehängter Fürbitten-Zetteln.
Tor aus Scherben
Zum Schluss muss das hohe Keramiktor bewundert werden. Denn das ist über und über mit bunten, zerschlagenen und wieder verklebten Keramikscherben verziert. Dadurch sieht es sehr farbenprächtig aus. Die Muster der Geschirre lassen sich noch gut erkennen. Vielleicht spendeten die Gläubigen dafür ihre Teller und Tassen. Wer weiß?
Im Tor ist auch ein Hakenkreuz zu sehen. In Asien ist es ein Glückszeichen und nicht so negativ belastet wie bei uns.
Cao Dai Tempel
Vor den Toren Saigons in der Stadt Tay Ninh ist der meist fotografierte und seltsamste Tempel in Vietnam. Überaus verständlich, denn die Farben, Figuren und Ornamente sind unglaublich. Und das alles vor dem Hintergrund der Entstehung und der Glaubensinhalte der Religion. In Asien ist alles möglich.
Der Tempel ist außen und innen in sanften, aber leuchtenden Farben gehalten. Von außen ähnelt der Tempel einer Kirche mit zwei Türmen. Innen findet sich eine große Halle mit Säulen. Auf alten Fotos schlängeln sich auf allen Säulen bunte Drachen nach oben. Das ist jetzt nicht mehr so, nur die Säulen am Altar sind noch mit Drachen geschmückt. Nichtsdestotrotz sind die Innenausstattung und die Symbolik verwunderlich. Es ist eine Religion, deren Darstellungen und Entstehung seltsam anmuten mag. Doch jede Kritik oder Bewertung erübrigt sich, denn wie würden diese Menschen christliche Kirchen beurteilen?
Drachen und göttliches Auge
Während einer spiritistischen Sitzung mit dem Jenseits im Jahre 1920 erschien einem Verwalter das „göttliche“ Wesen Cao Dai und machte ihn zu seinem ersten Schüler. Später zeigte Cao Dai sich als riesiges Auge, das fortan zum Symbol diesen neuen Gott wurde. 1926 erhielt der Verwalter von Cao Dai den Auftrag, eine neue Religion zu gründen. Der Schüler machte sich ans Werk und wenige Jahre später war die neue Glaubensrichtung schon auf 500.000 Mitglieder besonders im Mekong-Delta angewachsen.
Die Gläubigen verzettelten sich allerdings in politischen Machtkämpfen und gründeten eine Armee. Die kämpfte zunächst gegen die Franzosen und später mit ihnen gegen die Nordvietnamesen. Erst 1956 entwaffnete der Präsident die Religionskrieger. Unter dem kommunistischen Regime waren sie in ihren Glauben eingeschränkt und viele kamen ins Gefängnis. Nach der Lockerung durften sie wieder missionieren. Inzwischen ist die Cao-Dai-Religion auf zwei Millionen Mitglieder angewachsen.
Jesus, Konfuzius, Laotse, Buddha und Victor Hugo
Cao Dai will das Beste aus ausgewählten Weltreligionen zusammenführen zu einem neuen Glauben. In der strengen Hierarchie folgt der Cao Dai dem Katholizismus. Es soll ein Bündnis geben zwischen Gott und den Menschen. Die irdischen Unterzeichner dieses Bündnisses sind der chinesische Revolutionsführer Sun Yatsen, der französische Schriftsteller Victor Hugo und ein vietnamesischer Dichter. Die Drei werden als Heilige verehrt. Ob Victor Hugo zu Lebzeiten wusste, das er ein Heiliger war?
Wie auch immer, der Tempel und die täglichen Gottesdienste um 6, 12, 18 Uhr und Mitternacht sind außerordentlich farbenprächtig. Außerhalb der Kirche spielt sich das gewöhnliche Leben der Anhänger ab. So ist im Hof zum Beispiel zu sehen, wie Mönche die weißen Gewänder für die Zeremonien waschen, kochen oder im Unterstand des Prozessionswagens einfach schlafen.
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