Название | Retourkutsche |
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Автор произведения | Kendran Brooks |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783847686842 |
Jules leckte sich kurz über die Lippen und überlegte sich die Antwort gründlich. Dann sprach er nur zögerlich weiter. Jeder im Raum hörte seiner Stimme an, dass er sich seine Worte sehr genau zu Recht legte.
»Fünfzig Millionen werden mit großer Sicherheit ausreichen. Die meisten Menschen sind käuflich, auch Geheimnisträger in hohen Funktionen. Man kann sich Informationen über illegale Tätigkeiten also leicht beschaffen. Doch Sie, meine Herren, möchten stichhaltige, unwiderlegbare Beweise in ihre Hände bekommen. Die kann man nur durch das Sammeln einer ausreichend großen Mengen an Dokumenten und Transaktionen aus unterschiedlichen Quellen erbringen. Für ein solches Unterfangen würde ich mich auf den Off-Shore-Finanzplätzen, zum Beispiel auf den Bermudas oder auf Cayman Island umsehen. Sie dürften als Drehscheiben zum Austauschen und Verschieben illegaler Gelder dienen. Gleichzeitig müsste man auch die Briefkastenfirmen in Delaware und Nevada durchleuchten und auf diese Weise mögliche Verbindungen zwischen den US-Behörden und den Drogenkartellen in Mexiko auf der einen Seite und mit Terrorgruppen in Lateinamerika auf der anderen Seite herausfiltern.«
»Warum Lateinamerika und nicht die arabische Welt mit ihrer Terrorfinanzierung? Wir haben zum Beispiel deutliche Hinweise auf ein Doppelspiel zwischen Teheran und Washington, in dem auch hohe Militärs aus Israel irgendwie eingebunden scheinen. Möglich wäre bestimmt auch das Aufdecken von Beeinflussungen und Bestechungen verschiedener afrikanischer Regierungen und Rebellenorganisationen mit Hilfe von Geld- und Waffengeschenken aus Washington.«
Die Worte von Wermelinger kamen rasch und scharf über seine Lippen. Sie zeigten deutlich, in welche Richtung er und vielleicht auch andere der im Raum Anwesenden vorausgedacht hatten.
»Zwei Gründe sprechen gegen Afrika und gegen die arabische bzw. muslimische Welt.«
Jules Stimme zeigte dieselbe Schärfe und Klarheit.
»Da sind zum einen die riesigen kulturellen, religiösen und sprachlichen Barrieren zu diesen Ländern. Ein Moslem verrät in der Regel nur ungern einen anderen Moslem an einen Christen. Sein Preis wäre entweder ausgesprochen hoch oder er würde andere, nicht-monetäre Vergünstigungen verlangen.«
Was genau er mit nicht-monetäre Vergünstigungen meinte, ließ Jules offen.
»Zum Zweiten ist die Karibik und Mittelamerika fest in den Händen der US-Finanzwirtschaft. Die Behörden der USA können direkten Einfluss auf ihre einheimischen Banken ausüben. Darum werden sie hier mit Sicherheit weit sorgloser operieren als in Afrika oder in der arabischen Welt. Denn diese werden von den europäischen Banken dominiert.«
Wermelinger starrte ihn aus weit aufgerissenen Augenlidern glotzend an, schien nach Gegenargumenten zu suchen. Aber auch die anderen Anwesenden dachten über die Worte von Jules nach.
Der Rolex-tragende ehemalige Präsident der geschädigten Großbank meinte nach einer Weile des Schweigens: »Ja, Ihre Kurzanalyse scheint mir recht zutreffend zu sein, Herr Lederer. Ich denke, ich spreche im Namen aller Anwesenden, wenn ich sage, dass Sie sich mit Ihrer Stellungnahme für die Aufgabe bereits glänzend qualifiziert haben. Doch werden Sie den Auftrag von uns übernehmen?«
Der letzte Satz, so leicht dahingesagt, als wenn es um den Austausch einiger Dichtungsringe in den Armaturen seiner Badewanne ginge, ließ eine fühlbare Spannung im Raum entstehen, ein beinah hörbares Lauern der Männer im Dunkeln.
»Ich werde Herrn Wermelinger meine Kontoverbindung mitteilen. Sobald die erste Tranche der fünfzig Millionen Franken darauf eingetroffen ist, starte ich das Projekt.«
*
»Auf ein privates Wort, Herr Lederer«, meldete sich noch einmal die Stimme aus der Dunkelheit, die Jules längst als diejenige von Franz Waffel, dem ehemaligen CEO der erpressten Bank identifiziert hatte.
»Ja?«
Jules drehte seinen Kopf in Richtung des Sprechers.
»Ich und meine Familie wurden vor einigen Jahren von der CIA erpresst. Irgendjemand muss dies herausgefunden und einen Lauschangriff auf mein privates Wohnhaus angeordnet haben. Später hat mich diese Person sogar erpresst.«
»Ja?«
»Ich möchte, dass Sie für mich herausfinden, um welche Person es sich beim Erpresser handelt.«
Jules schwieg kurz und überlegte, wie er auf diese im Grunde genommen recht spaßige Bitte reagieren sollte. Immerhin war er es selbst gewesen, der die Anbringung der Wanzen in der Villa des ehemaligen CEO angeordnet hatte und später die Kosten der Überwachung bei Waffel selbst einfordern ließ. Doch an Stelle einer flachsigen oder gar spöttischen Bemerkung meinte Jules völlig sachlich: »Wie oft wurden Sie denn bislang erpresst?«
»Einmal«, kam nach kurzem Zögern die Antwort.
»Und um welchen Betrag ging es dabei, wenn ich Fragen darf?«
»Vierhundert tausend Dollar.«
»Und wann genau fand diese Erpressung statt?«
»Etwa vor eineinhalb Jahren.«
Jules wartete zwei Sekunden ab, bevor er weiterfuhr.
»Dann war es wohl keine richtige Erpressung, sondern bloß das Eintreiben von Auslagen. Der Betrag ist im Grunde genommen lächerlich gering, gemessen an Ihren damaligen Einkünften oder Ihrem heutigen Vermögen. Und wenn seitdem keine weiteren Forderungen bei Ihnen eingetroffen sind, dann haben Sie es überstanden und werden wohl auch in Zukunft in Ruhe gelassen.«
»Ich möchte trotzdem wissen, wer dieser Kerl war«, beharrte der ehemalige Bankdirektor auf seine Bitte, »immerhin hat er durch das Abhören meiner Telefonate die Privatsphäre meiner gesamten Familie auf das Gröbste verletzt.«
Die Mundwinkel in Jules Gesicht verhärteten sich. Gleichzeitig strahlten seine Augen eine plötzliche Kälte aus, die jeden Zweifel an der Kompromisslosigkeit nach einer Entscheidung ausräumte.
»Herr Waffel, ich weiß, welche Rolle Sie beim Angriff der Amerikaner auf Ihren ehemaligen Arbeitgeber gespielt haben. Ich weiß ebenfalls, wer die vierhundert tausend Dollar von Ihnen später einfordern ließ. Ich könnte Ihnen also seinen Namen heute nennen. Doch das würde nichts an den Tatsachen ändern. Sie haben Ihren damaligen Arbeitgeber direkt ans Messer der Amerikaner geliefert, Sie und vielleicht auch Ihr Vorgesetzter«, damit drehte Jules sein Gesicht bewusst auf die andere Seite des Tisches, blickte direkt in die Richtung des Mannes mit der funkelnden Rolex GMT am Handgelenk. Der Angesprochene schien sich ertappt, zog seine zuvor so lässig auf dem Tischblatt abgelegte linke Hand zurück, verbarg sie in der Dunkelheit.
Jules fuhr ungerührt fort: »Was passiert ist, lässt sich nicht ungeschehen machen, meine Herren. Und in der Vergangenheit herumzuwühlen, bringt meiner Meinung nach nichts. Ich übernehme Ihren Auftrag und operiere gegen die Vereinigten Staaten von Amerika, weil auch ich der Meinung bin, diese so kriegerische Nation muss für ihr dauerhaft aggressives Verhalten während den vergangenen vierzig Jahren endlich einmal einen kräftigen Tritt in den Hintern bekommen. Doch alles Weitere, vor allem Ihre privaten Befindlichkeiten, gehen mich nichts an. Sie sollten sie in Ihrem eigenen Interesse ein für alle Mal ruhen lassen.«
*
Auf der Fahrt von Genf zurück in sein Haus bei La Tour-de-Peilz klingelte sein Handy. Jules Lederer warf einen Blick auf die Anzeige und meldete sich dann über die Freisprechanlage seines Wagens: »Hallo Schatz. Ich bin bereits auf dem Rückweg. In einer knappen Viertelstunde werde ich bei dir eintrudeln, falls in Ecublens ausnahmsweise mal kein Stau ist.«
»Hallo Liebling«, meldete sich die dunkle Stimme mit dem sinnlichen Timbre seiner Ehefrau über den Lautsprecher, ergänzte diese Begrüßung nach einer Sekunde des Abwartens mit einem kurz und scharf ausgesprochenen »So?«, wartete anschließend auf seine Antwort.
Alabima war Äthiopierin aus dem Stamm der Oromo. Sie und Jules hatten sich 2007 kennen und