Название | Ziegel - Phantastische Kurzgeschichten |
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Автор произведения | B. Hank Hoefellner |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783754178713 |
Im Übrigen würde sie nach Abschluss von Phase 4 zur Erde zurückkehren und ihr Leben in einer extrem wohlhabenden Gegend, ausgestattet mit einer ungeheuren Menge an nicht übertragbaren Bürgerschaftspunkten und den damit einhergehenden Privilegien, genießen.
Aber was war mit den Siedlern?
Nun, das wäre schließlich ein Problem des von den Bürgerkolonisten nach ihrer Ankunft auf dem Mars zu wählenden Gouverneurs.
Und was wäre, wenn diese oder deren Nachkommen irgendwann auf Labor Nummer 3 stoßen würden?
Er schauderte beim bloßen Gedanken daran.
Hier hatte das erfolgreiche Schaffen einer Raumfalte zu massiven Störungen der Naturgesetze geführt. 27 Mitarbeiter, Freunde und Kollegen verwandelten sich vor seinen Augen in Flüssigkeiten, deren Pfützen sich, entgegen der Schwerkraft, an der Decke des Labors zu einem kleinen Teich versammelt haben. Lichtlose schwarze Sphären schweben noch immer in diesem ebenfalls versiegelten Raum in einem chaotischen Muster, halten aber stets den gleichen Abstand zueinander – und niemand war bis jetzt in der Lage, dafür eine Erklärung finden!
Oder all die Räume, die man verschloss, aber nie mehr fand.
Oder jene, die man erfolgreich mit Ziegeln gefüllt hatte, verschloss und als man sie öffnete, fand man fremdartige Blüten.
Und es gab noch viel mehr, das man tief unter ihm begraben hatte.
Aber vielleicht hatte Lydia Recht und der Nutzen überwog die Risiken. Er hatte noch 3 Jahre auf dem Mars. Dann würde er auf Europa weiterziehen, um dort an neuen Siedlungen für verzweifelte Bürger ohne ausreichender Anzahl an Bürgerschaftspunkten zu bauen.
Er hoffte nur seine Maschinen, die Großen auf denen er saß und die programmiert wurden, Städte und Siedlungen zu bauen, stießen nicht irgendwann eine Tür auf, die zu gewaltig war, um sie vor der Menschheit geheimzuhalten. Im Moment wurde der Preis in Form von Ziegeln und verschlossenen Räumen bezahlt. Und britischen Kindern aus der Vergangenheit der Erde. Wie lange würde man das noch geheimhalten können?
Ein Alarm an seinem Handgelenk summte. Zeit fürs Mittagessen. Er startete die Automatik und überließ die Maschinen sich selbst. In 45 Minuten würde die Welt schon nicht untergehen.
Hoffte er zumindest!
Beim Hinausgehen blickte er kurz auf einen Zähler, der gerade auf 66 umschaltete. Noch ein Kind. Er zuckte mit den Achseln und vertiefte seinen Blick auf den heutigen Speiseplan.
ENDE
Rache
Die Sonne war gerade dabei aufzugehen, als man den Widerhall ihrer schweren Schritte hörte.
Sie waren zu fünft. Fünf kräftige Arbeiter aus der großen Ziegelei am Ende der Straße. Auf einem Karren lag ein Bündel aus Fleisch.
Sie hatten an seine schäbige Tür geklopft. Er hatte geöffnet, nach bangem Warten und schlafloser Nacht, hoffnungsvoll und wurde doch so bitter enttäuscht.
Sie warfen ihm die Leiche einfach vor die Haustür. Blutend, in zerfetzten Kleidern.
Als er den geschundenen Leib seiner Tochter sah, brach er zusammen. Auf Knien rief er, die Augen tränennass, Gott um Beistand an. Sein Kopf senkte sich und sein Flehen verwandelte sich in leises Wimmern. Er hatte keine Kraft mehr. Sein Lebenswille war in dem Moment verflogen, als er den leblosen Körper seiner Tochter von der Straße aufgehoben hatte, um sie hier, in ihrem Bett, zur Ruhe zu betten. Nun hatte er auch keine Tränen mehr.
Er griff nach der leblosen Hand des Mädchens. Dann nahm er einen Lappen, tauchte ihn in eine Schüssel mit Wasser und begann, die blutigen Krusten von ihrem Körper zu waschen. Mit einer Bürste, ihrer Lieblingsbürste, kämmte er das strähnige, krustige Haar, rieb es mit Öl ein, bis es wieder glänzte.
Nach diesem letzten Akt der Liebe und Zuneigung kniete er sich hin und betete. Es war das erste Gebet seit Jahren, seit ihm sein Sohn von der Fabrik genommen wurde. Jetzt war auch seine Tochter tot. Und wieder war ihm ein Kind genommen worden. Wieder war es die Ziegelei.
Als er fertig war, bekreuzigte er sich, bedeckte den malträtierten Leichnam so gut es eben ging mit einem weißen Tuch und nahm zum letzten Mal Abschied. Von unten hörte man ein Hämmern an der Tür. Er küsste die Stirn seiner Tochter durch das Tuch, wischte sich die letzten Tränen aus den Augen und verließ das Zimmer, um die Tür zu öffnen. Nach wenigen Stufen stand er vor der schmalen Haustür, die er langsam einen Spalt breit öffnete. Frank, der Vorarbeiter aus der Ziegelei.
„Angus, es tut mir leid, aber Mister McGrath will dich auf der Stelle sehen.“
„Sag ihm, dass er mich am Arsch lecken kann.“
Er wollte die Tür wieder schließen, als:
„Angus, ich sage das wirklich nicht gern, aber…“
„Aber?“
„Es geht um Maddie.“
Angus riss die Tür mit solcher Kraft auf, dass diese gegen die Wand prallte und große Stücke des Kalkputzes daraus schlug und schrie:
„Wag es nicht, den Namen meiner Tochter in den Mund zu nehmen.“
Auf der kurzen Straße der Arbeitersiedlung blieben die Leute erschrocken stehen. Einige waren an die offenen Fenster getreten und starrten herüber.
„Was glotzt ihr so?“, rief Angus ihnen zu.
„Es gibt nichts zu sehen! Ja, meine Madeleine ist tot, die süße, liebe, kleine, unschuldige Madeleine - und dieser dreimal verfluchte Scheißkerl McGrath ist schuld daran!“
„Angus, bitte, mach uns hier keine Szene. Wir machen nur unseren Job!“
„So? Nur euren Job?“
Frank nickte und hinter ihm sah Angus zwei Hünen auftauchen, Schläger von McGrath Gnaden.
„Also, Angus, im Guten oder ...?“
„Sollen mir deine Jungs Angst machen?“
„Das sind nicht meine Jungs, und ja. Sie sollten dir Angst machen. Mir machen sie jedenfalls eine Heidenangst. Du weißt, wie McGrath ist. Bitte, Angus, sei vernünftig. Es gibt eine Zeit, um zu trauern, aber auch eine Zeit, um alles hinten an zu stellen ...“
„Ich soll Madeleine hintanstellen? Ein süßes, junges Ding, dass niemals jemandem etwas angetan hat?“
Angus fixierte Frank.
„Ich bringe den Kerl um!“
„Bitte Frank! Komm einfach mit. Ich glaube, er will die Sache vernünftig aus der Welt schaffen.“
„Vernünftig? Blut wäscht man nur mit Blut ab! So hab ich es von meinem Vater gelernt!“
„Angus, lass ihn die Sache aus der Welt schaffen, ich bitte dich inständig!“
„Die Sache? Aus der Welt schaffen? Was will er tun? Mir eine neue Madeleine aus Ziegeln backen? Mir eine vom Markt holen? Eine mit seinem Geld kaufen?“
„Angus, bitte ...“
„Diese Sache, um die es geht, war meine Tochter! Er hat sie vergewaltigt, geschlagen und anschließend so oft auf sie eingestochen, dass ich nicht einmal…“
Seine Stimme versagte.
„Komm,