Название | Selbstbetrachtungen |
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Автор произведения | Marc Aurel |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783753197883 |
17
Den Göttern habe ich´s zu danken, daß ich treffliche Vorfahren, treffliche Eltern, eine treffliche Schwester, treffliche Lehrer, treffliche Diener und fast lauter treffliche Verwandte und Freunde habe, und daß ich gegen keinen von ihnen fehlte, obgleich ich bei meiner Natur leicht hätte dahin kommen können. Es ist eine Wohltat der Götter, daß die Umstände nicht so zusammentrafen, daß ich mir Schande auflud. Sie fügten es so, daß ich nicht länger von der Geliebten meines Großvaters erzogen wurde; daß ich meine Jugendfrische mir erhielt und daß ich meinem fürstlichen Vater untertan war, der mir allen Dünkel austreiben und mich überzeugen wollte, man könne bei Hof leben ohne Leibwache, ohne kostbare Kleider, ohne Fackeln, ohne gewisse Bildsäulen und ähnlichen Pomp, und daß es sehr wohl anging, sich so viel als möglich bürgerlich einzurichten, wenn man dabei nur nicht zu demütig und zu sorglos würde in Erfüllung der Pflichten, die der Regent gegen das Ganze hat. Götter haben mir einen Bruder gegeben, dessen sittlicher Wandel mich antrieb, auf mich selber acht zu haben, und dessen Achtung und Liebe mich glücklich machten. — Sie haben mir Kinder gegeben, die nicht ohne geistige Anlagen sind und von gesundem Körper. — Den Göttern verdanke ich´s, daß ich nicht weiter kam in der Redekunst und in der Dichtkunst und in den übrigen Studien, welche mich völlig in Beschlag genommen hätten, wären mir gute Fortschritte beschieden gewesen. Ebenso daß ich meine Erzieher frühzeitig schon so in Ehren hielt, wie sie´s zu verlangen schienen, und ihnen nicht bloß Hoffnung machte, ich würde das später tun, indem sie zu der Zeit ja noch so jung seien. Ferner, daß ich Apollonius, Rusticus und Maximus kennen lernte; daß ich das Bild eines naturgemäßen Lebens so klar und so oft vor der Seele hatte, daß es nicht an den Göttern und an den Gaben, Hilfen und Winken, die ich von dorther empfing, liegen kann, wenn ich an einem solchen Leben gehindert worden bin; sondern wenn ich´s bisher nicht geführt habe, muß es meine Schuld sein, indem ich die Erinnerungen der Götter, ich möchte sagen, ihre ausdrücklichen Belehrungen, nicht beherzigte. Den Göttern verdanke ich´s, daß mein Körper ein solches Leben so lange ausgehalten hat; — daß ich weder die Benedicta noch den Theodot berührt habe, und daß ich später überhaupt von dieser Leidenschaft genas; daß ich in meinem heftigen Unwillen den ich so oft gegen Rusticus empfand, nichts weiter tat, was ich hätte bereuen müssen; und daß meine Mutter, der ein früher Tod beschieden war, doch noch ihre letzten Jahre bei mir leben konnte. Auch fügten sie´s, daß ich, sooft ich einen Armen oder sonst Bedürftigen unterstützen wollte, nie hören durfte, es fehle mir an den hierzu erforderlichen Mitteln, und daß ich selbst nie in die Notwendigkeit versetzt wurde, bei einem andern zu borgen; und daß ich ein solches Weib besitze: so folgsam, zärtlich und in ihren Sitten so einfach, und daß ich meinen Kindern tüchtige Erzieher geben konnte. Die Götter gaben mir durch Träume Hilfsmittel an die Hand gegen allerlei Krankheiten so gegen Blutauswurf und Schwindel. Auch verhüteten sie, als ich das Studium der Philosophie anfing, daß ich einem Sophisten in die Hände fiel oder mit einem solchen Schriftsteller meine Zeit verdarb, oder mit der Lösung ihrer Trugschlüsse mich einließ, oder mit der Himmelskunde mich beschäftigte. Denn zu allen diesen Dingen bedarf es der helfenden Götter und des Glückes.
Geschrieben bei den Quaden am Granna.
18
Man muß sich beizeiten sagen: ich werde einem vorwitzigen, einem undankbaren, einem schmähsüchtigen, einem verschlagenen oder neidischen oder unverträglichen Menschen begegnen. Denn solche Eigenschaften liegen jedem nahe, der die wahren Güter und die wahren Übel nicht kennt. Habe ich aber eingesehen, einmal, daß nur die Tugend ein Gut und nur das Laster ein Übel, und dann, daß der, der Böses tut, mir verwandt ist, nicht sowohl nach Blut und Abstammung, als in der Gesinnung und in dem, was der Mensch von den Göttern hat, so kann ich weder von jemand unter ihnen Schaden leiden — denn ich lasse mich nicht verführen — noch kann ich dem, der mir verwandt ist, zürnen oder mich feindlich von ihm abwenden, da wir ja dazu geboren sind, uns gegenseitig zu unterstützen, wie die Füße, die Hände, die Augenlider, die Reihen der oberen und unteren Zähne einander dienen. Also ist es gegen die Natur, einander feindlich zu leben. Und das tut doch, wer auf jemand zürnt oder ihm entgegenwirkt.
19
Was ich bin, ist ein Dreifaches: Körper und Seele und was das Ganze beherrscht. — Lege beiseite, was dich zerstreut, die Bücher und alles, was hier zu nichts führt; des Fleischlichen achte gering wie einer, der bald sterben muß! Es ist Blut und Knochen und ein Geflecht aus Nerven, Adern und Gefäßen gewebt. Dann betrachte deine Seele, und was sie ist: ein Hauch; nicht immer dasselbe, sondern fortwährend ausgegeben und wieder eingesogen. Drittens also das, was die Herrschaft führt! Da sei doch kein Tor, du bist nicht mehr jung: so laß auch nicht länger geschehen daß es diene; daß es hingenommen werde von einem Zuge, der dich dem Menschlichen entfremdet; daß es dem Verhängnis oder dem gegenwärtigen Augenblicke grolle oder ausweiche dem, was kommen soll!
20
Das Göttliche ist voll von Spuren der Vorsehung, das Zufällige nach Art, Zusammenhang und Verflechtung ist nicht zu trennen von dem durch die Vorsehung Geordneten. Alles fließt von hier aus. Daneben das Notwendige und was dem Weltall, dessen Teil du bist, zuträglich ist. Jedem Teile der Natur aber ist das gut, was seinen Halt an der Natur des Ganzen hat und wovon diese wiederum getragen wird. Die Welt aber wird getragen wie von den Verwandlungen der Grundstoffe so auch von denen der zusammengesetzten Dinge. — Das muß dir genügen und feststehen für immer. Nach der Weisheit, wie sie in Büchern zu finden ist, strebe nicht, sondern halte sie dir fern, damit du ohne Seufzer, mit wahrer Seelenruhe und den Göttern von Herzen dankbar sterben kannst.
Zweites Buch
1
Erinnere dich, seit wann du diese Betrachtungen nun schon aufschiebst, und wie oft dir die Götter Zeit und Stunde dazu gegeben haben, ohne daß du sie nutztest. Endlich solltest du doch einmal einsehen, was das für eine Welt ist, der du angehörst, und wie der die Welt regiert, dessen Ausfluß du bist; und daß dir die Zeit zugemessen ist, die, wenn du sie nicht brauchst dich abzuklären, vergehen wird, wie du selbst, und nicht wiederkommen.
2
Immer sei darauf bedacht, wie es einem Manne geziemt, bei allem, was es zu tun gibt, eine strenge und ungekünstelte Gewissenhaftigkeit, Liebe, Freimut und Gerechtigkeit zu üben, und dir dabei alle Nebengedanken fernzuhalten. Und du wirst sie dir fernhalten, sobald du jede deiner Handlungen als die letzte im Leben ansiehst: fern von jeder Unbesonnenheit und der Erregtheit, die dich taub macht gegen die Stimme der richtenden Vernunft, frei von Verstellung von Selbstliebe und von Unwillen über das, was das Schicksal dir beschieden hat. — Du siehst, wie wenig es ist, was man sich aneignen muß, um ein glückliches, ja göttliches Leben zu führen. Denn auch die Götter verlangen nicht mehr von dem, der dies beobachtet.
3
Fahre nur immer fort, dir selbst zu schaden, liebe Seele! Dich zu fördern wirst du kaum noch Zeit haben. Denn das Leben flieht einen jeglichen. Für dich ist es aber schon so gut als zu Ende, der du ohne Selbstachtung dein Glück aus dir heraus verlegst in die Seelen anderer.
4
Trotz deines Bestrebens, an Erkenntnis zu wachsen und dein unstetes Wesen aufzugeben, zerstreuen dich die Außendinge noch immer? Mag sein, wenn du jenes Streben nur festhälst. Denn das bleibt die größte Torheit, sich müde zu arbeiten ohne ein Ziel, auf das man all sein Dichten und Trachten lenkt.
5
Wenn man nicht herausbringen kann, was in des andern Seele vorgeht, so ist das schwerlich ein Unglück; aber notwendigerweise unglücklich