Название | Barbaren am Rande des Nervenzusammenbruchs |
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Автор произведения | Thomas Niggenaber |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783754150818 |
Blitzschnell hatte er den Fremden erreicht und ebenso blitzschnell riss er ihm seine seltsame Tröte aus den Händen. Ohne irgendwelche Erklärungen des Unbekannten abzuwarten, begann er, mit diesem Instrument auf selbigen einzuprügeln.
»Ich werde dir zeigen, welche Folgen es hat, den Schlaf eines Barbarenkönigs zu stören!«, schnaubte er dabei voller Wut.
Dass der Fremde nicht dem Volk der Barbaren angehörte, das zeigte sich alleine schon daran, dass er bereits nach fünf Schlägen zu Boden ging. Dort blieb er um Gnade winselnd liegen, zusammengerollt wie ein Ungeborenes im Leib der Mutter. Seine Arme legte er zudem schützend um seinen Kopf und jeder Schlag entlockte ihm ein mitleiderregendes Jaulen.
Dies hielt Storne natürlich nicht davon ab, weiterhin mit dem Blasinstrument auf ihn einzudreschen. Selbiges verlor zusehends seine ursprüngliche Form und verwandelte sich in ein zerbeultes, verbogenes Stück Blech.
»Kommst einfach in mein Dorf und röhrst hier herum wie ein besoffener Elch«, schimpfte der König unterdessen weiter. »Dafür versohle ich dir dermaßen den Arsch, dass dir allein der Gedanke an diese unsagbar dämliche Tat schon unendliche Schmerzen bereiten wird.«
Ein lautes Räuspern ließ ihn innehalten, während er zu einem weiteren Schlag ausholte.
»Verzeiht bitte«, erklang eine ihm unbekannte Stimme. »Könntet Ihr eventuell davon Abstand nehmen, unserem Herold sämtliche Knochen im Leib zu brechen? Wir wären Euch dafür überaus dankbar.«
Storne ließ von seinem kläglich jammernden Opfer ab und sah nach oben. Erst jetzt bemerkte er die zwei Reiter, die etwas verstört von ihren prächtigen Rössern auf ihn herabsahen. In seiner blinden Rage hatte er die beiden Fremdlinge glatt übersehen. Dass sich inzwischen auch eine Schar neugieriger Dorfbewohner angelockt von all dem Lärm um den Brunnen herum versammelt hatte, war ihm ebenfalls entgangen. Er ließ deshalb das zweckentfremdete Musikinstrument neben dem schluchzenden Häufchen Elend zu Boden fallen. Nur ungern wollte er den Eindruck erwecken, cholerisch oder jähzornig zu sein.
»Ich danke Euch!«, sprach der Besitzer der unbekannten Stimme weiter. Er war ein wohl recht alter Mann, der ein burgunderrotes, sehr kostbar aussehendes Gewand trug. Sein langes Haar und sein ebenfalls langer Bart waren so weiß wie das Fell der hochgewachsenen, edlen Stute, auf deren Rücken er saß.
Der Bursche zu seiner Linken hingegen saß auf einem pechschwarzen Hengst und trug eine beeindruckende, mit Gold reich verzierte, stählerne Plattenrüstung, die seinen Leib vollständig verbarg. Auch das Visier seines mit Federn geschmückten Helms war geschlossen, sodass Storne nur ein Paar grüngraue Augen erkennen konnte. Bewaffnet war dieser Krieger mit einem imposanten Zweihandschwert, das neben ihm an seinem Sattel hing. Sein weißhaariger Begleiter trug indes nur einen langen Stab bei sich, dessen Spitze ein rot schimmernder Kristall zierte.
Neben den beiden Reitern stand ein drittes Pferd, das offensichtlich dem glücklosen Musiker gehörte, der noch immer klagend auf dem Boden herumlag.
»Ihr müsst unserem Herold verzeihen«, bat der Alte. »Er hat lediglich unser Eintreffen in diesem Dorf verkündet, so wie es seinen Pflichten entspricht.«
»Aha, seinen Pflichten ist er also nachgekommen«, sinnierte Storne, während er die langen, aufwendig gemusterten Schabracken betrachtete, mit denen die drei Pferde bedeckt waren. »Von denen hättet Ihr ihn lieber zeitweise befreien sollen. Es gehört sich nämlich nicht, vor Tagesanbruch ein solches Trara zu veranstalten.«
»Aber die Sonne steht bereits hoch am Himmel, guter Mann«, lautete der berechtigte Einwand des weißhaarigen Reiters.
Storne richtete sich zu seiner vollen Größe auf. »Hierzulande beginnt ein Tag, wenn ich es sage!« Er ließ seine Brustmuskeln ein paar Mal eindrucksvoll zucken. »Denn ich bin Storne Stahlhand, Herrscher der Nordland-Barbaren. Mein Wort gilt hier mehr als der Lauf irgendwelcher Sonnen!« Etwas argwöhnisch musterte er seine zwei Besucher. »Und mit wem spreche ich?«
»Ich bin Teophus Teodaphalus, Erzmagier am Hofe König Ludebrechts«, stellte sich der Alte vor. »Mein Begleiter ist der ehrenwerte Hohlefried von Ömmerbaum, Paladin im Dienste seiner Majestät und Offizier der Palastwache. Wir kommen aus Loewenehr, der Hauptstadt Adlreichs – falls Euch das etwas sagt.«
»Natürlich sagt mir das etwas!«, erwiderte Storne etwas brüskiert. »Haltet Ihr mich etwa für ungebildet? Jeder kennt Adlreich, das Land der Zauberer und der edlen Ritter, bedeutendste Nation der menschlichen Rasse und Heimat der sogenannten zivilisierten Menschen. Aber Adlreich liegt auch sehr, sehr weit im Osten, deshalb frage ich mich, was Euch so weit in den Westen führt.«
»Eine außerordentlich ernsthafte und dringliche Angelegenheit«, mischte sich nun der Paladin in die Unterhaltung ein. Der Helm auf seinem Kopf verlieh seiner Stimme einen Klang, als würde er durch ein Ofenrohr sprechen. »Wir sind in der Tat sehr weit geritten in der Hoffnung, diese mit Euch besprechen zu können. Hier scheint mir jedoch nicht der geeignete Ort für eine solche Unterredung zu sein.«
Storne sah sich um und umgehend schloss er sich der Meinung des Blechkameraden an. Der Dorfbrunnen, umringt von einfachen Stammesmitgliedern, war wirklich nicht der passende Ort für eine königliche Audienz.
»Nun gut«, sagte er deshalb. »Ich lasse Euch in den Thronsaal bringen.« Er warf einen Blick auf den Leidtragenden seines überstandenen Wutanfalls. Dieser schien sich aus eigener Kraft nicht mehr erheben zu können. »Und verzeiht mir bitte, wenn ich vielleicht ein wenig überreagiert habe.«
»Ein wenig überreagiert?«, fragte der Herold mit weinerlicher Stimme. »Ihr habt mir, glaube ich, einige Rippen gebrochen. Mein linkes Ohr ist taub und meine Beine spüre ich auch nicht mehr. All die Prellungen und blauen Flecken will ich gar nicht erst erwähnen.«
Storne sah verächtlich auf ihn herab. »Kann es sein, dass Ihr recht wehleidig seid? Aber seis drum, man wird sich um Euch kümmern.«
Er winkte einen jungen Burschen zu sich, der untätig in seiner Nähe stand. »Du da, geh und such den Druiden. Der alte Zausel treibt sich wahrscheinlich irgendwo im Wald herum und sucht Kräuter für seine Tränke. Sag ihm, dass wir Gäste haben, es aber einen kleinen Zwischenfall gegeben hat und er sich deshalb ein paar unbedeutende Kratzer anschauen muss. Danach soll er unsere Besucher ins Langhaus führen und ihnen etwas Met bringen.«
Er sah an sich herab und wurde sich peinlich berührt seiner Nachtkleidung bewusst. »Äh … und ich sollte mich wohl in der Zwischenzeit umziehen.«
Alles geschah, wie es der König befohlen hatte und nur wenig später fand die Zusammenkunft im königlichen Langhaus statt. Storne – nun vollständig und korrekt gekleidet – saß natürlich auf dem Schädelthron. Seine Stiefel hatte er angezogen und seinen Lendenschurz für die Nacht hatte er gegen jenen getauscht, den er am Tag zu tragen pflegte.
Grahlum der Greise hatte sich derweil um die Wehwehchen des Herolds gekümmert. Dass sich dieser aufgrund seiner geringfügigen Blessuren außerstande sah, an der Unterredung teilzunehmen und lieber in einem Krankenbett herumlag, entzog sich gänzlich Stornes Verständnis. Doch die Gegenwart dieses Jammerlappens war ohnehin nicht vonnöten, so lautete zumindest die Meinung der anderen Besucher.
»Zunächst einmal möchte ich unsere Gäste formell und unserer Tradition entsprechend begrüßen«, verkündete der König. Dann erhob er sein Trinkhorn, das bis zum Rand mit goldgelbem Met gefüllt war. »Also, auf Euer Wohl – mögen Eure Klingen immer scharf und Eure Kämpfe immer blutig sein!«
Die drei anderen Anwesenden, die sich nahe beim Thron an der Tafel niedergelassen hatten, taten es ihm gleich. Während sich König, Druide und Magier nun einen kräftigen Schluck des Honigweines gönnten, schlug sich der Paladin das Trinkhorn vor sein noch immer geschlossenes Visier. Das leise Scheppern und sein lautes Fluchen wurden amüsiert zur Kenntnis genommen.
»Verzeihung!«, murmelte er verlegen, dann öffnete er das nun feuchte und klebrige Visier hastig.
Er