Blonde Schokolade Vol.1. Glen Cassiel

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Название Blonde Schokolade Vol.1
Автор произведения Glen Cassiel
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783754155394



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ohne Kontakt. Am Samstag traf ich sie in der Disco – wo denn auch sonst?! –, dort war sie wieder wie ausgewechselt, lachte viel und wir unterhielten uns. Die Getränke waren dank ihrer freundlichen Mithilfe schon teilweise gratis. Alles wirkte, als habe sie tatsächlich auch Interesse an mir.

      Derweil war die Jahreszeit fortgeschritten, es war tiefer Winter, es wurde immer kälter, die Tage wurden kürzer, die Nächte länger. Es ging auf Weihnachten zu. Sogar Schnee lag auf den Straßen. Unser Kontakt beschränkte sich komplett auf die Discobesuche, keiner von uns beiden meldete sich beim anderen, teilweise war er auch vollständig unterbrochen. Ich versuchte bei jedem Besuch in der Disco, sie zu meiden. Keine Bestellungen, keine Unterredungen mehr, nichts mehr. Ich versprach Emilio, sie zu vergessen, mich nicht verrückt zu machen, aber keins dieser Versprechen konnte ich halten. Es war wie verhext. Schuld daran war auch, dass wir ständig in diesen scheiß Laden gingen. Mein Drang nach Alkohol ging in dieser Zeit stetig gegen null, so war ich meistens derjenige, der uns nach Hause fuhr. Im nüchternen Zustand konnte ich mich nicht dazu überwinden, zur Theke zu gehen und meine Kontaktversuche zu starten. Ich hatte auch irgendwie keinen Bock mehr. Ich bin doch kein kleiner Hund, der ihr hinterherläuft, das habe ich mehr als genug gemacht, das reicht nun, dachte ich mir.

      Dann war es kurz vor Heiligabend, meine Birne spielte mir Streiche, ließ mich nicht mit dem Thema in Frieden. So beschloss ich, doch noch einen Versuch zu wagen. Es ließ mir keine Ruhe, also unternahm ich einen wirklich letzten Versuch. Das versprach ich Emilio, der mich mittlerweile als vollständig hirnlos diagnostizierte. Ich musste ihm aber auch zugutehalten, dass er mich nie im Stich ließ. Er hatte immer ein offenes Ohr für mich und akzeptierte mich so, wie ich war. Als Dank zerrte ich ihn ins Auto und wir fuhren zu einem Bastelladen. Dort besorgte ich mehrere rote DIN-A3-Kartons und einen schwarzen 3000er-Edding. Es war kurz vor acht, das Geschäft war kurz davor zu schließen. Wir erhielten die benötigten Utensilien in letzter Sekunde. Derart ausgerüstet fuhren wir anschließend nach Minden.

      Auf der halben Strecke fing es an zu schneien, das kam bei mir besonders gut an, denn meine Reifen waren nicht mehr die besten, und so fuhren wir mit ca. 80 km/h auf der grauweiß bedeckten Autobahn.

      Ich musste mich auf die Straße konzentrieren und dabei gleichzeitig kreativ sein. Da Männer nicht so geübt im Multitasking sind, hielten wir irgendwann an einer Raststätte. Dort überlegten wir zum ersten Mal, was wir überhaupt machen sollten. Emilio ließ mich nicht hängen, er strengte sich an, mit mir etwas Besonderes zu basteln. Im Nachhinein ganz schön bescheuert, aber so war es nun mal.

      Als Malena und ich nach unserem ersten Treffen noch in Kontakt standen, schaffte ich es, mich noch einmal mit ihr in Minden zu treffen. Dieses Mal außerhalb der Schulzeit. Wir gingen in ein Café und hatten wieder eine schöne und lockere Unterhaltung. Da wir uns diesmal direkt in der Stadt getroffen hatten und sie kein Auto dabei hatte, fuhr ich sie zu ihrem Studentenwohnheim. Wie sie mir erzählte, teilte sie sich dort ein Zimmer mit einer Kommilitonin, was für mich total O. K. war. Wir saßen noch eine ganze Weile im Auto. Das war das erste Mal, dass ich den Wunsch verspürte, sie zu küssen. Am liebsten hätte ich sie an ihrer Jacke gepackt und sie einfach an mich gezogen, doch natürlich war es so nicht. Ich war voller Angst, ich hatte diesbezüglich zu viele negativen Gedanken. Ich fürchtete mich davor, irgendwas kaputtzumachen. Ich Feigling!

      Zurück zum dritten Trip nach Minden. Wie gesagt, wir standen an der Tanke und überlegten und überlegten … Ein Gedicht sollte es werden. Maßgeschneidert auf die ganze lächerliche Situation, in die ich mich hineinmanövriert hatte. Das war wahrlich keine leichte Aufgabe. Zwei Jungs im Auto, Schnee, Tanke. Alles keine guten Voraussetzungen, um in eine romantische Stimmung zu kommen und ein paar Verse zu schreiben. Es wurde zu einer Herausforderung. Wir konnten schließlich nicht die ganze Zeit dort an der Tanke stehen und warten, bis uns was einfiel. Also fuhren wir weiter, und nach und nach kamen uns die ersten Ideen.

      Rechtzeitig, besser gesagt, gerade so fertig geworden mit dem Beschriften des Papiers, kommen wir am Studentenwohnheim an. Es ist schon kurz nach halb elf. Ich will nicht länger warten und nicht zu spät bei ihr aufschlagen. Ich mache mich auf den Weg zu dem Gebäude, doch es scheint, als ob ich schon an der Eingangstür scheitere. Keine Namen, nur Nummern. Die Tür verschlossen. Es soll doch eine Überraschung werden, also was tun?

      Entweder einmal quer alle Klingeln drücken und hoffen, dass ich ihre erwische, oder warten, bis vielleicht jemand herauskommt? Das scheint aber auch unwahrscheinlich, da es schon so spät ist. Aber bekanntlich ist das Glück ja mit den Doofen, keine zwei Minuten später kommt ein Bursche den Gang entlang und will gerade rausgehen. Emilio bleibt im Auto, ich nutze die Gelegenheit und gehe hinein. Aber wie finde ich sie? Ich schaue auf die Briefkästen an der Wand. Es sind gefühlte hundert Namensschilder samt Nummer. Ich suche Malenas Zimmernummer und gehe drauflos.

      Da stehe ich nun wieder vor einer Tür, die roten Kartonbögen in der Hand. Mein Herz beginnt zu rasen. Ich klopfe. Sie ist zu Hause, ruft durch die geschlossene Tür, wer da sei. Aber ich antworte nicht, sondern klopfe erneut, solange, bis sie zur Tür kommt und öffnet. Sie starrt mich verdutzt an, will gerade etwas sagen, aber ich halte meinen rechten Zeigefinger vor meine Lippen und zische nur: „Pst!“ Sie schlägt die Hand vor den Mund. Der Flurbereich ist dämmrig. Ich werde nur von dem Licht, das aus ihrem Zimmer dringt, angestrahlt. Ich halte die Bögen in Augenhöhe, damit sie sie gut sehen kann, und sie fängt an zu lesen.

      Psssst!

      Vor Jahren noch unerreichbar,

      jetzt so nah und doch so fern!

      1000 Worte und Jahre reichen nicht aus,

      um deine Schönheit aufs Papier zu bringen.

      Nun steh ich hier vor dir mit zitternden Beinen,

      schwitzenden Händen und

      einem durchgeknallten Herzen!

      Nur um dir eins zu sagen:

      Ich würde und werde bis ans Ende der Welt gehen,

      nur um dich für einen Augenblick zu sehen!

      Denn für mich bist du was Besonderes.

      Du fragst dich bestimmt, weshalb ich das tue?

      Um es im Leben nie zu bereuen …

      … versucht zu haben, dein Herz zu erobern!

      Pssst! Behalte den heutigen Abend in deinem …

      Sie sagt nichts! Ihr Gesicht ist rot angelaufen, sie schüttelt den Kopf und findet das alles unfassbar, so sagt sie es zumindest. Nun bin ich der Coole und sie zittert am ganzen Körper, man sieht es ihr richtig an. Nach einem Moment sage ich, dass ich jetzt wieder fahre. Da starrt sie mich an, fasst sich an die Stirn und meint nur: „Für zehn Minuten bist du extra 200 km gefahren?“

      „Ich würde sogar um die ganze Welt fahren, nur um dich einen Augenblick zu sehen.“ Erst will sie die Bögen haben, doch ich will sie ihr nicht geben. Doch sie schafft es, mich zu überreden, na ja, ich kann ihr den Wunsch nicht verweigern. Als sie das Gedicht in den Händen hält, schaut sie es sich noch mal genau an, doch ich verabschiede mich und gehe los. Innerlich hoffe ich natürlich, dass sie mich aufhält oder mir nachruft, aber sie tut es nicht, und so gehe ich zum Auto zurück. Von Weitem sehe ich meinen Begleiter im Wagen sitzen, der mich neugierig anschaut und es kaum erwarten kann, bis ich mich endlich neben ihn setze und ihm alles erzähle. Mir geht so viel durch den Kopf, dass ich erst mal gar nicht in der Lage bin, überhaupt zu sprechen. Ich muss erst mal alles verdauen.

      Auf dem Rückweg hielten wir bei McDonald‘s, bestellten etwas zu essen, erst dann konnte ich so langsam von den zehn Minuten erzählen. War ja eigentlich nicht viel. Das ging relativ schnell. Die Gedanken drehten sich nonstop um sie, ich hätte zu gern gewusst, worüber sie jetzt sprach, was sie dachte, was sie machte. Weil ich so in Gedanken war, fuhr Emilio. Ich starrte alle zwei Minuten auf das scheiß Handy, doch es kam nichts. Kaum stieg ich aus dem Wagen und ging zur Haustür, bekam ich eine SMS von ihr. Sie bedankte sich vielmals bei mir – und beteuerte, dass ich verrückt sei. Das war die letzte Nachricht, von da an kam nichts mehr von ihr.

      Ich redete mir ein, dass ich wohl nicht ihr Typ war oder sie einfach kein Interesse hatte, mich