Ich wollte nie Kaiserin werden. Carina Zinkeisen

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Название Ich wollte nie Kaiserin werden
Автор произведения Carina Zinkeisen
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783754179765



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Mama, wie unendlich weh müssen dir Papas Liebeleien und Amouren tun, denke ich, sage aber nichts und halte Mamas Hand fest in der meinen. Viel zu lang habe ich mich von seinem Charme und seiner Fröhlichkeit blenden lassen und war gar ein Papakind. Die arme Mama sitzt treusorgend zu Hause, auf Papa wartend und er betrügt sie aufs schändlichste, unterhält in der Tat eine fremde Familie, bei der er sich vielleicht sogar mehr blicken lässt und involviert ist als bei uns.

      „Es tut mir so leid, Mama“, sage ich leise und drücke ihre Hand.

      „Ach, Kindchen, sei froh über den Kaiser“, schnieft Mama, „er mag ein wenig trist sein, aber er liebt dich und er betrügt dich nicht.“

      Trist ist er, denke ich und streiche Mamas Hand. Alle Welt fordert seine Abdankung und wünscht sich Maxi an seiner Statt.

      Aber er liebt mich und betrügt mich nicht.

      Obwohl ich weiß nicht so recht?

      Gerüchte machen die Runde. Sophie macht mir ohnehin schon seit geraumer Zeit Vorwürfe, ich würde Franz Joseph nicht genügend Muße und Freude für sein schweres Amt schenken und ein junger, gesunder Mann wie der Kaiser würde Mittel und Wege finden, sich zu zerstreuen und die freie Auswahl an den schönsten Versuchungen in Wien haben. Er würde wegen mir sein Junggesellenleben wieder aufnehmen und Liebschaften anfangen, weil ich nicht für ihn da sei. Und ich wäre schuld, wenn er mich betrügt, denn er würde den Verkehr brauchen.

      Franzens Bruder Ludwig Viktor, der den Frauen abhold ist und seine Ohren an sämtlichen Wänden des Palastes hat, fragte mich eines kalten Wintertages ungeniert, ob ich in letzter Zeit die Gräfin Potocka gesehen hätte. Eine hübsche blonde Hofdame, die auf ihren Besitztümern in Böhmen lebte, früher aber ein gerngesehener Gast im Palast war, eine Passion, die sie nun wieder aufnahm und strahlendschön sämtliche Faschingsbälle durchtanzte, gerufen vom Kaiser persönlich, den ich Wochen lang kaum zu Gesicht bekam.

      Auch die Esterházy, die alte Plaudertasche, machte solche widerwärtigen Andeutungen.

      „Der Kaiser ist ein junger gesunder Mann, er sieht blendend aus, wer kann es ihm verübeln. Schon vor seiner Hochzeit erlagen die Wiener Damen reihenweise seinem Charme und wenn die Kaiserin ihr Schlafzimmer zusperrt, muss er woanders auf seine Kosten kommen. Deswegen hat er doch die junge polnische Gräfin zur Jagd nach Reichenau geladen. Die Blonde mit den schönen, grünen Augen. Ihr frisches Wesen und ihre Künste zu Pferd sind schon sehr einnehmend “, sagte die Esterházy zu meiner Kammerfrau, die hohl lachte.

      Ich habe dem Geschwätz damals nichts beigemessen, weil es die furchtbar geschwätzige Esterházy und der ätzende Ludwig Viktor waren, die mich beide anscheinend nicht leiden können.

      Der Kaiser betrügt mich nicht!

      Es kann nicht wahr sein!

      Es kann einfach nicht wahr sein!

      Ich habe mich ihm entzogen, wenn er mit mir schlafen wollte, obwohl mir dieser Akt immer noch unangenehm und fremd ist. Franz mit seinen erregt leuchtenden Augen und dem heftigen Atem. Franz der so schwer auf mir liegt. Es tut immer noch weh, meine Scheide fühlt sich immer noch trocken an und wund. Franz hatte es nie geschafft, in mir Begehren und Sehnsucht zu wecken.

      Ich bin vor dem Kaiser geflohen, der mir Vorhaltungen über meine vergnügungssüchtigen Bälle und mein Nächtedurchtanzen macht und der mich betrügt. Meine Frühjahrsbälle für Alleinstehende im März, junge Damen, junge Herren, ohne die Argusaugen der gestrengen Mütter, Walzerklänge von Strauß, das pure Vergnügen, wie du mir, so ich dir.

      Mich, die vollkommene Schönheit!

      Die gertenschlanke, die so eisern Diät hält, um perfekt zu sein.

      Die perfekte Reiterin!

      Alle Welt redet jetzt über die Ehekrise und meine schlechte Gesundheit, meine Sperenzchen und all das. Der Kaiser kommt besser weg als seine überspannte, empfindsame, hysterische Frau, die ihm das Leben schwer macht, wo er doch so sehr unter dem bitter verlorenen Krieg leidet.

      Um den Schein zu wahren, muss ich im August an des Kaisers Geburtstag nach Wien zurück.

      Nur, um den Schein zu wahren.

      Nur deswegen.

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