Название | Traumtänzer |
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Автор произведения | M. A. Audren |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783754907252 |
In Elgin war es selten richtig warm. Aber, dass sie barfuß bis zu den Schenkeln im Schnee stand und ihr halb gefrorene Wassertropfen ins Genick träufelten, war doch eher ungewöhnlich. Vor allem, weil das voraussetzen würde, dass sie draußen im Freien war und es in den letzten paar Stunden geschneit hatte. Da den ganzen Tag die Sonne schien und Ellie sich gerade eben ins Bett gelegt hatte, war das eher unwahrscheinlich. Um sie herum standen schmale, weiße Bäume, deren Spitzen so weit in den Himmel ragten, dass sie die Kronen mit bloßem Auge nicht erkennen konnte und als eine Windböe ihr mehrere handvoll Schnee von einem Ast ins Gesicht trieb, beschloss Ellie, nie wieder mit diesem verdammten Traumfänger ins Bett zu gehen. Auf den zweiten Blick schienen die Bäume nichts anderes als gewöhnliche Birken zu sein, was ihre bloße Anwesenheit aber nicht besser machte. Anstatt den zum Wetter passenden, nackten Ästen, trugen die Bäume reichlich Blattschmuck aus reinem Silber. Ellie kniff sich in die Nase, schloss die Augen und zählte bis zehn. Bei 45 waren die Bäume noch immer da. Langsam dämmerten ihr ein paar Erinnerungen der vergangenen Nacht wieder - hatte sie da nicht auch schon so einen Schwachsinn geträumt? Wenn das noch so ein Klartraum war, in dem sie mehrmals fast abkratzen würde, könnte das ja eine schöne Nacht werden.Vom herumstehen und erfrieren würde ihre Situation auf jeden Fall nicht besser, also setzte sie sich leise fluchend in Bewegung. Bedeutend langsamer, als in der Nacht davor, da sie bei jedem Schritt erst einmal ihre Füße aus dem Schnee bekommen musste. Der Wald selbst machte die Navigation nicht leichter, die Bäume standen unnatürlich dicht aneinander, sie musste sich immer wieder zwischen den schmalen Stämmen hindurch quetschen oder einen Umweg machen, wenn sie nicht durch passte. Nach wenigen Minuten musste sie schon das erste Mal einhalten. Die Luft war bissig kalt auf ihren Wangen und ihr Atem hinterließ schon eisige Tropfen auf ihren Augenbrauen und Stirnfransen. Ellie hob den Kopf und versuchte, etwas in der Ferne zu erkennen, doch so weit sie sehen konnte, war alles in weiß gehüllt. In anderen Fällen wäre das vielleicht szenisch, oder sogar romantisch gewesen, in diesem Fall war es jedoch viel zu hell. Besonders in Verbindung mit den silbernen Blättern reflektierte und strahlte es von jeder Oberfläche und nach wenigen Sekunden des Spähens fühlte sie ein schmerzhaftes Stechen in ihren Augen. Kurzerhand senkte sie den Blick wieder und stapfte weiter durch die schier endlose Schneedecke. Auch wenn die Kälte unerbittlich an ihren Knochen zerrte und sie begann, Angst um ihre Zehen zu haben, war dieser Wald gar nicht so furchteinflössend.Trotz der dichten Bepflanzung war es taghell und in der Ferne konnte sie Vogelzwitschern und die üblichen Geräusche wilder Natur ausmachen. Vages Rauschen erinnerte sie an einen fernen Fluss und irgendwo über ihr schien ein Specht seinen Spaß mit den Borkenkäferraupen zu haben. Das einzige Geräusch, das nicht so ganz ins Gesamtbild passte, war das merkwürdige Rascheln vor ihr. Es klang ein bisschen wie ein Tier, das sich im Unterbusch bewegte, aber neben den Bäumen gab es keine sichtbare Vegetation - nicht einmal die vage Form von Büschen oder Sträuchern unter der Schneedecke - und wenn sie sich nicht irrte kam es aus den Baumkronen. Wieder blieb sie kurz stehen, kniff die Augen zusammen und versuchte, einen Blick nach oben zu erhaschen. Vielleicht gab es hier Affen? Zu dieser Jahreszeit war es wohl kaum ein Eichhörnchen. Dass das in einem magischen Wald mit silbernen Blättern vielleicht kein Thema war, entfiel Ellie in diesem Moment. Auch wenn es kein Eichhörnchen war, irgendetwas kletterte da definitiv in den Bäumen herum. Sie konnte nur eine schemenhafte Gestalt ausmachen. Weißes Fell - oder Stoff? - das hervorragend mit der Umgebung verschmolz. Es fiel ihr schwer, die Entfernung auszumachen, von der Größe ganz zu schweigen und die Bewegungen waren so zaghaft und desorientiert, dass ihr beim besten Willen nichts einfiel, auf das die Beschreibung passen könnte. Es war kein Alb. Das jähe Erschaudern aus jener Nacht blieb aus, ebenso der brennende Schmerz, der sich in ihr Herz gegraben hatte, als die Monster sie verfolgten. Vielmehr fühlte sie sich zu dem Wesen hingezogen. Der Wind schien es nicht von sich zu stoßen, sondern wie eine sanfte Melodie durch die Baumkrone zu ihr zu tragen. »Hallo?« Ihre Stimme verhallte, ehe Ellie sie stoppen konnte - und das Wesen hielt inne. Dann bewegte es sich: Zuerst vorsichtig, geradezu irritiert, dann immer schneller, direkt auf sie zu. Das beunruhigte sie nun doch etwas. Um wegzulaufen war es zu spät, es sei denn der Schnee löste sich urplötzlich in Luft auf. Ellie warf einen Blick über die Schulter - genau in ihrem Rücken war einer der weißen Birkenstämme. Er hatte keine Äste, die tief genug für sie wären, sich in Sicherheit ziehen stand also außer Frage. Da, was auch immer da auch sie zu kam, ebenfalls behände schien, hätte es ihr ohnehin kaum genutzt. Trotzdem spielte sie mit dem Gedanken, sich an den Baum zu krallen - auch wenn es nur war, um ihre Füße aus dem Schnee zu kommen.»Ellie?« Jetzt war es an ihr zu erstarren. Sie wagte es kaum aufzublicken, während ihr Körper sich wie von selbst