Название | Kishou IV |
---|---|
Автор произведения | Michael Kornas-Danisch |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783754909676 |
„6 Uhr ist 6 Uhr!“, antwortete Undolf nicht verstehend.
„Ich kenne diese Bezeichnung nicht. Wann ist ‚6 Uhr’? Meint es eine Zeit des Tages?“, drängte Kishou.
„Ja! - also c kurz nach Tagesanbruch etwa.
„Und welche Zeit ist seitdem vergangen?", fragte sie nervös.
Na jetzt ist es ungefähr 2 Uhr Mittags - also ... also die Sonne hat ihren höchsten Stand schon überschritten, falls du das verstehst!" ...
„Das bedeutet, sie müssten längst auf Boorh und die anderen gestoßen sein!“, erschrak Kishou. Sie kramte nervös in der Tasche ihres Mantels, zog endlich den kleinen, blauen Kristall hervor und legte ihn auf den Tisch neben eine der Lampen. „Seht ihr den Lichtpunkt an seiner Seite? Das ist die Richtung, wo in diesem Moment Habadam, und also auch alle anderen sind. Könnt ihr sagen, in welcher Richtung der Ort liegt, wo die Gleim hinmarschieren?“
Alle betrachteten gebannt das Kleinod neben der Lampe. „Was ist das für ein Gerät?, fragte Undolf.
„Ist doch jetzt egal!“, wehrte Kishou ab. „… Ein Besonderer Apparat, der mir immer genau die Richtung anzeigt, in der ich auf Habadam treffe. Ist es dieselbe Richtung, in der die Breenen uns gesehen haben?“, fragte sie noch einmal.
Undolf dachte nach und versuchte offenbar die Lage des Raumes mit dem Draußen zu verbinden. Dann wies er in eine Richtung. „Ich würde sagen, das Kornbaat liegt in etwa in dieser Richtung!“ Er streckte seinen Arm in den Raum hinein, während er auf die Scheibe blickte.
„Sicher?“, hoffte Kishou, denn der ausgestreckte Arm wich eindeutig von der Richtung nach rechts ab, die das Licht in dem Kristall anzeigte.
„Das dürfte stimmen!“, meinte einer der beiden Breenen, und man sah an seiner Reaktion, dass er erschrak, laut gesprochen zu haben, denn er drehte sich sofort vom Tisch weg.
„Das könnte im besten Fall bedeuten …“, sinnierte Kishou. „… das sie die Horden der Gleichen rechtzeitig bemerkt haben, und geflohen sind. … an die anderen Möglichkeiten will ich lieber nicht denken. Ich muss auf jeden Fall sofort irgendwie aufbrechen!“, entschied sie.
„Wir haben einen kleinen Wagen organisiert!“, meinte Undolf und zog ein gefaltetes Papier aus der Tasche. „Hier ist dein Existenznachweis. Es ist eine gute Arbeit. Präge dir alles genau ein, was darauf steht, damit du bei einer Kontrolle nichts falsches sagst. Dein Name ist nun Mujie – Mujie Saii!“
„Mujie Saii …?“ Etwas erschrak in Kishou, aber sie wusste nicht warum … „Ich … ich kenne den Namen …, aber woher?“, suchte sie in ihren Gedanken.
„Wahrscheinlich hast du ihn schon einmal gehört. Es ist ein recht gewöhnlicher Name bei den Braanen!“, meinte Undolf. „Wir haben ihn extra so gewählt – möglichst unauffällig und schwer zu prüfen!“
„Gut!“, schüttelte sie die Gedanken ab. „Ich guck’s mir unterwegs an. lasst uns los!“, drängte sie.
„Wir werden allein aufbrechen!“, wurde sie von Undolf erinnert.
„Schon klar!", reagierte Kishou, und wickelte ihren Bogen in das Tuch. Gemeinsam verließen sie den geheime Unterschlupf.
Als sie auf die Gasse hinaustraten, trennten sich die beiden anderen Breenen wortlos von ihnen und gingen in die entgegengesetzte Richtung davon. Ein bunter Vogel flog mit hoher Geschwindigkeit dicht über ihrem Kopf hinweg und stieg krächzend in der Gasse nach oben. Es war nicht schwer zu erraten, was für ein Vogel das war, und Kishou lächelte. Es mochte eine Reaktion Luis auf sein langes Warten auf sie gewesen sein. Immerhin wusste er ja nicht, was in dem Haus mit ihr geschah.
Wortlos bogen sie in eine kreuzende kleine Gasse ein, die kurz darauf in der breiten Straße endete, von der Kishou geflohen war. Sie schaute zu dem großen Haus mit dem Glockenturm hinüber. Die beiden rotberockten Wachen, oder was sie auch immer waren, standen wieder vollzählig vor dem Portal …
„Da hinten steht er!“, meinte Undolf und nickte mit seinem Kopf kurz in die Richtung ihres Marsches in der Menge.
Bald darauf kletterten sie auf den Kutschbock, und Undolf reihte das Gefährt in den Strom der Fuhrwerke in der Straße ein. Sie mussten zunächst einen großen Bogen um den Häuserblock machen, um auf einer parallel verlaufenden Straße den eigentlichen Kurs in die entgegen gesetzte Richtung aufnehmen zu können. Ihre Augen irrten unablässig in den Häuserschluchten umher, und konnten doch nur einen Bruchteil dessen aufnehmen, was sich ihnen bot. Die Häuser wurden nach und nach kleiner, bis sie sich mehr und mehr zwischen landwirtschaftlichen Parzellen verloren, und sie schließlich die regelmäßig befestigte Straße verließen. Sie kletterte vom Kutschbock, um auf der Pritsche in Ruhe ihren Existenznachweis zu studieren. Einige gefüllte Kartoffelsäcke und kleine Holzplanken lagen darauf – und hinten in der rechten Ecke ein Kasten mit Papieren darin. „Was ist mit dem Formular, das man ausfüllen muss, wo man hingefahren ist?“, fragte sie sofort.
„Kümmere dich nicht darum. Das erledige ich!“, war die beruhigende Antwort.
Sie machte es sich zwischen den Säcken bequem und entfaltete ihren Existenznachweis. Kopfschüttelnd lass sie darin. „Was bedeutet ‚KPV’ als Tätigkeit?“, fragte sie nach vorn.
„Kleiderprüfung und Vorführung!“, antwortete der Breene. „Unser Dokumentenschreiber vermutete zurecht, wie wir gesehen haben, dass dort, wo du herkommst, eine andere Kleiderordnung herrscht. Falls man solche bei dir findet, wäre es zwar ein Ordnungsvergehen, aber wenigstens erklärbar über deine Tätigkeit. Wir opfern einen Tag des Jahres dem Chaos in seiner Erscheinung des Zufalls, wo unter anderen Regelverstößen auch alle Kleider erlaubt sind. Man kann sie sich ausleihen, und nach dem Fest werden sie wieder abgegeben. Als KPV hättest du zu jeder Zeit zugriff auf diesen Fundus!“
„Was bedeutet das: dem Zufall einen Tag opfern?“, wollte Kishou wissen.
„Wir versuchen ihn damit gnädig zu stimmen!“, erklärte der Breene.
„Den Zufall gnädig stimmen?“, meinte Kishou sich verhört zu haben.
„Ja natürlich!“, erwiderte er in aller Selbstverständlichkeit. „Das Chaos ist die Macht, die über uns allen steht, und seine Wege sind bekanntlich unergründlich. Es bleibt nur der Versuch, es gnädig zu stimmen und zu besänftigen. Kennt ihr eine andere Möglichkeit dafür, als die des Opfers?“, fragte er interessiert.
„Nein … Nein, eigentlich nicht!“, wich Kishou aus, um sich nicht in eine solche, für sie höchst befremdliche Diskussion zu verlieren. „Bei Herkunft steht da Kehlgroth!? Wieso nicht Machnok? Den Name kenne ich immerhin schon!“, nahm sie den alten Faden wieder auf.
„Machnok ist zu klein!“, erklärte Undolf. „Kehlgroth ist eine sehr große Stadt – größer noch als Trital – also auch anonymer. Es lässt sich schwerer überprüfen und bringt im Zweifelsfalle einen Zeitgewinn!“
„Und die lange I-den-ti-tätsnummer …?“ Sie hatte schon Mühe, allein das Wort auszusprechen. „muss ich die auswendig kennen?“
Ein einfaches und unzweideutige ‚Ja’ des Breenen ließ Kishou leise aufstöhnen.
Das nun zunächst Folgende, wie: Farbe der Augen, Haare und Haut wusste sie natürlich. Weitere Fragen nach Ess- und Schlafgewohnheiten, bevorzugte Nachrichtenblätter und vieles andere in der Art war frei erfunden und musste mühsam eingeprägt werden … Was bedeutet unter ‚Nachgewiesene Ordnungsvergehen’: VONG 1-15/KG!“, kam sie endlich zur letzten fragwürdigen Spalte des Formulars.
„Verordnung zur Nutzung von Gehwegen!“, erklärte Undolf. „Du bist in Kehlgroth auf der falschen Straßenseite entgegen der verordneten Richtung gelaufen. Die ‚15’ verweist auf den Grad der Behinderung anderer Gehwegsteilnehmer. 20 ist hier der höchste Wert!“
Kishou schüttelte verständnislos den Kopf. „Was