Название | Reflexion |
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Автор произведения | Lena Dieterle |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783754184165 |
Wieder macht sie eine kurze Pause und nestelt an ihrem Schuh herum, bis sie zu ihrer eigenen Theorie ansetzt: „Ich sag ja immer, dass die Leute den Hund nicht verstanden haben, denn er ist ein Herzensguter. Er ist sehr sanft für seine Statur, gar nicht rüpelhaft… wenn es nicht so albern klingen würde, würde ich sagen, er ist halt sensibel. Aber ein Beschützer… keine Rasse, die man leicht in der Wohnung halten kann. Ist Kangal mit drin und noch einiges andere. Die brauchen eine Aufgabe… und Führung, sonst werden sie unausstehlich.“
Justine druckst einen Moment lang herum, bevor sie ausspricht, was ihr längst in den Sinn gekommen ist: „Kann ich ihn adoptieren?“
Die Frau lacht schallend. „Sie zartes Persönchen?! Sie wiegen ja kaum mehr als der Hund selbst. Nein, bitte, das geht wirklich nicht. Der bringt knapp fünfzig Kilo auf die Waage.“
„Gab es denn Beißvorfälle?“
„Überhaupt nicht. Also, nicht, dass ich es wüsste. Bei uns hier jedenfalls sicher nicht. Doch er ist wie ein vierbeiniger Security. Und ich mein, sie kennen diese Typen… machen immer erstmal einen auf dicke Hose.“
„Ok. Aber hier lebt er im Zwinger. Das kann doch auch nicht sein Leben gewesen sein.“
„Da haben Sie Recht, ganz bestimmt kann das nicht so bleiben. Wir warten auf den richtigen Besitzer für ihn. Nachts lasse ich ihn in den Hof, da bellt er dann zwar viel, aber ist wenigstens nicht immer eingesperrt. Morgens gehe ich eine Runde mit ihm, da ist er meistens anständig. Natürlich schaue ich, dass wir niemandem begegnen und die Kinder würde ich nie alleine mit ihm raus gehen lassen. Und im Rudel ist es mir auch zu riskant, da habe ich mit den anderen Pappenheimern genug zu tun. Man kennt ihn halt auch nicht gut genug.“
„Ich habe ein großes Anwesen oben am Waldrand. Das ist hoch ummauert. Bitte, meine Intuition sagt mir… lassen Sie es uns versuchen?“
„Der geht Ihnen über jeden Zaun, wenn‘s sein muss. Sie sehen ja, was für ein Mordskerl er ist, hat einen Schädel wie ein Löwe.“
„Ich werde sehr aufpassen.“
„Hören Sie. Für ein halbherziges „Probieren“ geht Leo nicht mehr in andere Hände. Auch wenn man es ihm nicht sofort ansieht, er ist einer mit `ner guten Seele. Wenn Leo nochmal geht, dann ist es eine Entscheidung für den Hund mit allem, was dazu gehört. Ich möchte nicht in die Situation kommen, dass man ihn gar nicht mehr vermitteln kann. Schlafen Sie also nochmal `ne Nacht drüber und setzen sich derweil bitte mit den Anforderungen von Herdenschutzhunden auseinander. Wenn Sie dann immer noch der Meinung sind, dass sie es mit Leo aufnehmen können, melden Sie sich wieder.“
„Okay. So machen wir es.“
„Er hat jedenfalls richtig gut auf sie reagiert, das hat mich wirklich erstaunt“.
Die beiden Frauen verabschieden sich und als Justine aus dem Hof fährt und sich nochmal umdreht, steht Leo am Zwingertor und hält ihrem Blick stand.
„Ich komme wieder, Leo“, flüstert Justine.
Auf dem Rückweg hält sie schnell noch bei der Bank, ihren Kontostand prüfen und Auszüge abholen. Justine hat die letzten Wochen zwar keinen Cent Geld benötigt, doch es gibt natürlich auch noch die laufenden Kosten wie die Grundsteuer, den Vertrag für das Smartphone, ihre Krankenversicherung und die Versicherung fürs Landhaus. Stromkosten oder eine Wasserrechnung gibt’s keine, das ist der Vorteil, wenn man Selbstversorger ist. Lediglich eine allerdings eher vernachlässigbare Anschlussgebühr an die Kanalisation.
„Sieht alles gut aus“, bemerkt sie beim flüchtigen Blick und stopft die Kontoauszüge in die Manteltasche. Das unerwartete Weihnachtsgeld ihrer ehemaligen Chefin und ihre eigenen Ersparnisse ermöglichen Justine, derzeit nicht nach einer Anstellung suchen zu müssen oder den Wein von Valerie zu veräußern. Sie hebt 50 Euro ab und deckt sich im Laden mit Zahnpasta, Lampenöl, Eiern, Kartoffeln, Nudeln, frischem Ingwer und Orangen ein, bevor sie wieder zurück zum Landhaus strampelt. Den Großeinkauf macht sie lieber an einem etwas wärmeren Tag.
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