Provence forever. Massimo Cereso

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Название Provence forever
Автор произведения Massimo Cereso
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783753185538



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Durch harte Arbeit hatte ich mir abermals eine zukunftsreiche Existenz gesichert, mein überdurchschnittliches Einkommen und die Harmonie in meiner Ehe mit Anuschka bildeten die Grundpfeiler für meinen weiteren Erfolg.

      Durch die Teilnahme an diversen Messen, vor allem in Osteuropa, und weitere Auslandsbesuche bei Industrieunternehmen konnte ich meine Geschäftsbeziehungen erweitern. Trotz meiner Vergangenheit war der Gedanke an eine eigene Firma noch immer in meinem Kopf, denn dieses verborgene und vom Teufel besessene Gespenst gibt niemals Ruhe. Ein Leben als Angestellter war nie mein Leben, denn es schränkte meine Freiheit ein. Die Gestaltung eines erfüllten Lebens war für mich unmöglich, solange ich nur Diener war, auch wenn ich als solcher gut bezahlt wurde. Ich empfand die täglichen Befehle und Instruktionen Anderer, besonders der Vorgesetzten, als Erniedrigung; ich war weder Sklave noch Leibeigener und konnte diesen Zustand auf Dauer nicht ertragen. Täglich etwas zu tun, was ich nicht wollte, war wie eine Erpressung; Vorschriften und Bedingungen meiner Arbeitgeber akzeptieren zu müssen, eine Qual. So war auch meine innere Unruhe nicht mehr länger zu ertragen und ich musste meine Selbstachtung wiederherstellen.

      8

      Die Gefahren des Wachstums

      Alle sich ergebenden Möglichkeiten, wieder eine selbstständige Tätigkeit auszuführen, verfolgte ich mit einem unbeschreiblichen Drang, damit ich mein Leben wieder vollkommen nach meinen Vorstellungen und in absoluter Unabhängigkeit gestalten konnte. In den Jahren der Hochkonjunktur hatte ich infolge meiner guten Geschäftsbeziehungen nach Osteuropa von einem größeren Schweizer Industrieunternehmen eine Anfrage bezüglich der Lieferung großer Mengen von Gussteilen aus Leichtmetall erhalten. In jener Zeit war es jedoch sehr aufwendig und zeitraubend, solche Projekte mit osteuropäischen Staaten zu realisieren, außerdem bestanden sehr große Diskrepanzen, was die Qualitätsansprüche betraf. Mein Arbeitgeber war aus diesen und anderen Gründen nicht weiter an dieser Angelegenheit interessiert und so begann ich, mich selbst nach Kräften um die Umsetzung dieses Geschäft zu bemühen. Nach langwierigen Verhandlungen unter Einbeziehung des Außenhandelsministeriums fand sich schließlich ein ungarisches Gießereiunternehmen, das sich in der Lage sah, die Aluminiumgussteile zu äußerst günstigen Preisen herzustellen. Ich hatte sofort erkannt, dass es sich dabei um ein Millionengeschäft handelte; diese Aluminium-Gussteile mussten unter allen Umständen und trotz der erschwerten Bedingungen hinter dem damals eisernen Vorhang hervorgeholt werden. Dieses Unternehmen musste gelingen, denn es bestand eine immens große Nachfrage nach solchen Gussteilen, die infolge größerer Lieferschwierigkeit der schweizerischen Aluminiumgiessereien nicht befriedigt werden konnte. Zudem verkauften die westlichen Gießerei-Unternehmen ihre Produkte zu unverschämt hohen Preisen an die Industrie. Was lag also näher, als zu versuchen, den Markt mit größeren Mengen günstigerer Produkte zu versorgen. Meine Geschäftsreisen nach Ungarn, von denen mein Arbeitgeber selbstverständlich nichts wusste, waren erfolgreich, denn die langen und höchst komplizierten Gespräche im Außenhandelsministerium und im Herstellerwerk konnten schließlich die Wege für die geplante Zusammenarbeit ebnen. Von diesem zukunftsreichen Vorhaben restlos überzeugt und gleichzeitig immer noch als Angestellter mit einem garantierten Einkommen tätig, gründete ich erneut eine eigene Handelsfirma.

      Die Verkaufspreise, zu denen ich die Gussteile meinen späteren Großkunden anbieten konnte, lagen weit unter den damaligen Konkurrenzpreisen, obwohl sie ein Mehrfaches meines Einkaufspreises betrugen und mir auf diese Weise einen fast schon unverschämten Gewinn garantierten. Diese Preise und meine interessanten Lieferbedingungen bescherten mir einen ersten Probeauftrag in der Größenordnung von vierhunderttausend Franken, der mir bei einem abschließenden Verkaufsgespräch persönlich übergeben wurde. Ich erinnere mich, dass ich den zuständigen Einkaufsdirektor im Anschluss an diese Vertragsunterzeichnung zu einem fürstlichen Mittagessen eingeladen habe. Dieses Gespräch werde ich niemals vergessen, denn die Anschlussaufträge, die mir nach der perfekten Auslieferung meiner Aluminiumgussteile in der geforderten Qualität in Aussicht gestellt wurden, übertrafen alle meine Erwartungen und hätten mir den gewünschten beruflichen Erfolg gebracht. Ich war wie in Trance und konnte mein Glück kaum fassen. Auf dem Rückweg erlitt ich vor lauter Aufregung einen Schwächeanfall, sodass ich mit meinem Auto augenblicklich anhalten musste. Das sündhaft teure Mittagessen, das mich ein kleines Vermögen gekostet hatte, musste ich erbrechen. Ich legte mich abseits der Strasse in eine Wiese und verlor für einen kurzen Moment das Bewusstsein; als ich wieder zu mir kam, musste ich feststellen, dass auch der exzellente Bordeauxwein seinen Weg aus meinem Körper gefunden hatte und als Urin in meiner Hose gelandet war. Die Erfüllung all dessen, was ich mir bis zu jenem Zeitpunkt erträumt hatte, war Wirklichkeit geworden; die dadurch ausgelösten Emotionen hatten schließlich zu jenem Zusammenbruch geführt.

      Als ich wieder zu mir gekommen war und mir diese neue Situation in allen Konsequenzen bewusst gemacht hatte, fuhr ich nicht besonders wohlriechend, dafür aber voller Tatendrang nach Hause. Trotz meines Zustandes, der meine Ehefrau Anuschka im ersten Moment nur das Schlimmste befürchten ließ, war Anuschka zunächst von dieser neuen Situation nicht sonderlich begeistert, denn meine damalige Anstellung, die für unsere Familie ein solides Fundament und damit Ruhe und Frieden in geordneten Verhältnissen bedeutete, war einmal mehr in größter Gefahr. Gegen den Willen meiner Frau und trotz energischer Proteste kündigte ich anschließend bei meinem Arbeitgeber meine aussichtsreiche Anstellung als Geschäftsführer und damit begann das große Abenteuer, als selbstständiger Unternehmer tätig zu sein, von neuem. Die Lieferverträge mit meinem ungarischen Geschäftspartner unterzeichnete ich anschließend persönlich in Budapest und mit der Anzahlung, die ich von meinem Kunden erhalten hatte, war es mir möglich, den gesamten Auftrag zu finanzieren. In Begleitung eines Gießereitechnikers, den ich speziell für dieses Projekt angestellt hatte, verbrachte ich in regelmäßigen Abständen jeweils mehrere Tage in Ungarn, um die Herstellung der Gussteile in der gewünschten Qualität sicherzustellen, denn die Qualität der ersten Ausfallmuster, die ich von meinem Hersteller erhielt, war erschreckend schlecht und entsprach in keiner Weise den gestellten Anforderungen.

      Weitere Besuche in Ungarn wurden notwendig, doch erst durch eine spezielle technische Beratung und die zusätzliche Lieferung von spanabhebenden Werkzeugen, die im Osten damals nicht erhältlich waren, konnte endlich die verlangte Qualität erreicht werden. Anschließend konnte dieser erste Auftrag an meinen Kunden in der Schweiz zwar mit einer unbedeutenden Lieferverzögerung, dafür aber zur größten Zufriedenheit meines Auftraggebers ausgeliefert werden.

      Der Grundstein für das Gelingen meines Unternehmens war somit geschaffen und ich erhielt mehrere Anschlussaufträge, die ebenfalls in einwandfreier Qualität an meinen Kunden ausgeliefert werden konnten. Noch immer war mein Büro in unsere Vierzimmerwohnung integriert und zusätzlich gemietete Autoboxen und Hobbyräume in unserer Nachbarschaft dienten als Lagerräume. Jede Woche kamen Gussteile in mehreren Güterwagen per Bahn; diese mussten entladen und anschließend in unserem Lager liefergerecht umgepackt werden. Meine Frau Anuschka und ich arbeiteten nächtelang durch, damit die Lieferungen an meinen Kunden termingerecht ausgeführt werden konnten. Jedes Gussteil wog etwa 200 Gramm; jeweils 500 Stück mussten einzeln in angelieferte Transportbehälter umgepackt werden. Da wir aber an jedem Stück zwei Franken verdienten, war diese Schwerstarbeit geradezu erfreulich und wohltuend, denn für diesen Gewinn wäre ich auch bereit gewesen, bis zum vollkommenen Zusammenbruch zu arbeiten. Müdigkeit, Rückenschmerzen und aufgescheuerte Hände bedeuteten mir nichts angesichts der Tatsache, alle zehn Sekunden zwei Franken zu verdienen; allein der Gedanke daran führte mich in eine vollkommene Ekstase.

      Dann zwangen mich weitere Großaufträge, neue Geschäftsräume anzumieten, außerdem musste ich wegen Arbeitsüberlastung eine Büroangestellte und einen Mitarbeiter für das Lager und die Spedition anstellen. Meine Firma entwickelte sich durch zusätzliche Kunden aus der Industrie zu einem bedeutenden Unternehmen und ich hatte in der Zwischenzeit mit meinem ungarischen Partner einen mehrjährigen Vertrag als Generalvertreter für die Schweiz abgeschlossen. Damit bildeten meine bis dahin geleistete Arbeit und mein ganz individuelles unternehmerisches Denken ohne Wenn und Aber das Fundament für den Erfolg der nächsten zwanzig Jahre. Trotz des großen finanziellen Gewinnes aus meiner Geschäftstätigkeit blieb ich vorerst bescheiden und wir wohnten noch immer in unserer Vierzimmerwohnung in einem bürgerlichen