Название | Das Kim-Protokoll |
---|---|
Автор произведения | Christian Röder |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783752904048 |
Irgendwann schlug Jasper vor, in seine Galerie zu gehen. Sie war nicht weit entfernt. Ich plumpste in einen Sessel. Jasper war entsetzt und meinte, das sei ein teures Ausstellungsstück. Ich wollte sofort wieder aufstehen. Kleiner Scherz, meinte Jasper dann, der sei von Ikea. Kathi betrachtete Jasper und mich mit demselben Blick, mit dem sie sich die Bilder an den Wänden ansah. Für sie gab es anscheinend nur eine Welt. Und nichts in dieser Welt stach hervor. Ich erzählte ein bisschen von meinen Erlebnissen. Sie sah zwischen den Bildern und mir hin und her. Na ja, endete ich dann, es sei ja auch nichts Besonderes, viele Menschen hätten sicher ähnliches erlebt. Doch, doch, meinte Kathi, während sie statt zu mir auf eine schneebedeckte Landschaft sah, das sei es. Ich fragte mich, was sie dort sah.
Jasper war in einem hinteren Raum verschwunden, anscheinend gab es dort eine Küche. Er kam mit einem Tablett und Sektgläsern zurück. Jasper trank ungezügelt. Ich nippte kontinuierlich. Kathi schien das Glas in ihrer Hand gar nicht zu bemerken. Wir unterhielten uns über die Bilder, ich verstand nicht besonders viel. Ich war allerdings auch der Ansicht, dass es bei den meisten nicht viel zu verstehen gebe und bemühte mich, dies diplomatisch auszudrücken. Natürlich wollte Jasper zu allem meine Meinung wissen, was ohne Grundlage ein bisschen anstrengend war. Kathi meinte plötzlich, er habe mir das Leben gerettet. Jasper machte eine relativierende Geste. Ich bestätigte Kathi jedoch, ja, es habe gefährlich gewirkt. Jasper meinte, so etwas könne zwar immer und überall mal passieren, sei hier aber nicht gerade üblich. Ich sagte, ich hätte mich gefühlt, als wollte mich der gesamte Ort ausstoßen. Aber nein, meinte Jasper, das sei doch Unsinn, man sei hier sehr aufgeschlossen gegenüber fremden Menschen und bemühe sich, sie aufzunehmen. Was denn genau passiert sei, wollte er dann wissen. Ich sei angegriffen und zu Boden gestoßen worden. Ob es keinen erkennbaren Grund gegeben habe, fragte Jasper. Nein, sagte ich. Das sei seltsam, meinte Jasper. Mag sein, antwortete ich. Sehr seltsam, bekräftigte er. Ich könne nicht mehr dazu sagen, wiederholte ich, ob ich das denn müsse, damit er mir glaube. Nein, erwiderte Jasper, um Himmels Willen, so habe er das nicht gemeint. „Der Himmel ist rot“, sprach Kathi, die hinter uns stand und wieder in den Anblick eines Bilds vertieft war. Ja, sagte Jasper. Das sei ein Ausdruck von Bedrohung, den der Künstler mit dem roten Himmel schaffen wollte. Ein nahendes oder mögliches Unheil, das über allem schwebe.
Jasper referierte dann noch über dies und das. Unter anderem bezeichnete er einen Künstler als „unseren Schwarzwald-Hopper“. Ich verstand nicht. Er erläuterte, dass seine Bilder sehr stark an Edward Hopper erinnern würden. Ich tat ihm den Gefallen und gestand meine Unkenntnis.
Bald darauf verabschiedete ich mich, wir tauschten Telefonnummern. Kathi umarmte mich. Ich war so überrascht, dass ich aus Versehen ihre Wange mit dem Mund berührte, was wie ein versuchter Kuss gewirkt haben konnte. Anscheinend hatte sie das jedoch nicht so wahrgenommen. Sie meinte, das Pfefferspray hätte sie irgendwann spontan gekauft, aber nie geglaubt, es mal gebrauchen zu können. Ich wies darauf hin, dass es immer gut sei, verteidigungsbereit zu sein. Kathi lachte. Jasper klopfte mir auf die Schulter: „Na dann, herzlich willkommen! Die Begrüßung hast du ja schon mal überlebt.“ Wir lachten. Ich sah in Kathis Augen. Ich fragte mich, wie ihr Bild von mir aussah.
13.09.2014
„Ich will Ihnen etwas zeigen, Kim.“
„Park, mein Name ist Park. Bitte nennen Sie mich Herr Park!“
„Natürlich, Kim. Ich respektiere, dass Sie nicht zu sich stehen. Im Grunde ist das ja eine Phase, die jeder mal hat, oder? Wie auch immer. Hinter meinem Rücken verbirgt sich Wahrheit. Und Sie wissen mittlerweile, oder Sie können es sich zumindest denken, wie kritisch ich gegenüber den Medien bin. Denn wenn die Medien grundsätzlich auf Täuschung aus sind, dann muss das meiste von dem, was sie berichten, falsch sein. Logisch, nicht wahr?“
Kim sah mich ausdruckslos an. Klar, dachte ich. Gerade ihm als Diktator erzähle ich damit ja wirklich nichts Neues. Es war sinnlos und gar nicht notwendig, so geheimniskrämerisch zu sein. Irgendwie hatte ich aber gerade Spaß daran.
„Nun, das wissen Sie ja besser als ich. Entschuldigen Sie bitte, wenn ich altklug erscheine. Jedenfalls befindet sich hinter meinem Rücken eine der wenigen Ausnahmen. Aber sehen