Auf zwei Planeten. Kurd Laßwitz

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Название Auf zwei Planeten
Автор произведения Kurd Laßwitz
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783754187135



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      Jener schwebende Ring war nichts anderes als der Marsbahnhof der Erde. Er war eine Station in der Nähe der Erde, durch deren Erbauung es den Bewohnern des Planeten Mars möglich geworden war, zwischen ihrem Planeten und der Erde eine regelmäßige Verbindung herzustellen. Die Fahrgäste des Flugwagens waren Martier, die nach ihrer Heimat zurückkehren wollten.

      4. Kapitel

      Der Sturz des Ballons

      Die Regulierung des abarischen Feldes hatte von der Ringstation aus stattgefunden, um den emporsteigenden Flugwagen mit der nötigen Geschwindigkeit zu leiten. Der Wechsel von Gegenschwere und Erdschwere erstreckte sich aber auf das ganze Feld und hatte natürlich zur Folge, daß auch der verunglückte Ballon den Schwankungen der Schwere unterlag. So wurde er zuerst in seinem Fluge nach oben gemäßigt, durchlief dann eine kurze Strecke mit unveränderter Geschwindigkeit, und von dem Augenblicke an, in welchem der Flugwagen den Ring erreicht hatte, begann der Ballon wieder mit immer zunehmender Geschwindigkeit zu fallen. Da in diesen Höhen von einem Widerstand der Luft nicht die Rede war, so fielen auch jetzt Ballon und Gondel mit gleicher Geschwindigkeit. Der stark zusammengesunkene Ballon, der einen großen Teil seiner Gasmenge verloren hatte, bedeckte in dichten Falten den Korb.

      Dieser Umstand hatte die Luftschiffer vor einem sofortigen Tod bewahrt. Zunächst schützte sie die Einhüllung in den Ballon vor dem Erfrieren; ja merkwürdigerweise stieg die Temperatur im Inneren des Korbes wieder, als die Atmosphäre der Erde durchflogen war. Dies rührte von der Sonnenstrahlung her, welche jetzt in voller Stärke, durch die Luft nicht mehr aufgehalten, den Ballon traf. Sie wurde durch die Hülle des Ballons absorbiert und erwärmte alles, was sich in derselben befand.

      Ein glücklicher Zufall hatte es aber auch so gefügt, daß sich noch ein Teil des Gases im Ballon hielt, dessen Stoff von so vorzüglicher Beschaffenheit war, daß er die Diffusion des Wasserstoffs selbst gegenüber dem leeren Raume fast völlig aufhob. Das Gas konnte nur durch das Landungsventil entströmen. Das Versagen der Zerreißvorrichtung, das ihr Verderben schien, wurde jetzt die Rettung der Luftschiffer.

      Durch die Einstülpung, welche der Ballon im abarischen Felde erfahren hatte, war der untere Teil des Ballons so in den oberen hineingetrieben worden, daß das Ventil zwischen den Falten zusammengepreßt lag und ein weiteres Ausströmen des Gases verhindert wurde. Freilich hätte auch dies nicht lange vorgehalten, aber der ganze Vorgang, von dem Augenblick, in welchem Grunthe die Reißleine ergriff, bis zum Zusammenklappen des Ballons und dann zum Abstellen des abarischen Feldes durch die Martier hatte nur wenige Minuten betragen.

      Da es sich bei dem Niedergang des Ballons im abarischen Feld um einen herabsteigenden Körper handelte, hatten die Ingenieure der Insel die Regulierung der Bewegung zu besorgen. Sie konnten denselben zwar der eingetretenen Bewölkung wegen nicht sehen, aber ihre Instrumente zeigten ihnen genau die Stelle, an welcher er sich befand, und die Geschwindigkeit, mit welcher er fiel. Sie gaben nun im geeigneten Moment dem Feld eine so starke Gegenbeschleunigung, daß der Ballon in der Höhe von etwa dreitausend Meter über der Erde zur Ruhe kam, gerade in dem Augenblick, in welchem er die Wolkendecke durchbrochen hatte und der Beobachtung durch das Fernrohr zugänglich geworden war. Der Ballon war jetzt den gewöhnlichen Verhältnissen der Atmosphäre überlassen. Das abarische Feld wurde nun gänzlich abgestellt, so daß es sich in nichts von den übrigen Teilen der Atmosphäre unterschied. Allerdings hatte der Ballon so viel Gas verloren, daß er sich nicht in der Höhe halten konnte. Aber wenn die Luftschiffer noch am Leben waren, durften die Martier annehmen, daß sie durch Auswerfen von Ballast ihren Abstieg nunmehr verlangsamen und selbständig regulieren konnten.

      Doch was sahen die Martier der Insel durch ihre Fernrohre? Der Ballon hatte sich allerdings über dem Korb wieder erhoben. Dieser selbst aber war gegen den Ring gepreßt und in das Gewirr der ihn tragenden Seile geraten und lag nun vollständig schief zur Seite. Das Schleppseil hing nicht herab, sondern hatte sich um den Ballon herumgeschlungen. Der Verschluß des Korbes war geöffnet. Ein großer Teil des Inhalts der Gondel schien dabei herausgestürzt. Die Last des Ballons war dadurch so stark erleichtert worden, daß die übriggebliebene Gasmenge, so gering sie auch war, sie doch noch zu tragen vermochte. Der Ballon sank nur ganz allmählich und wurde, da das abarische Feld außer Tätigkeit gesetzt war, vom Wind ergriffen. So trieb der Ballon von der Insel fort über das Binnenmeer hin, nahezu in der entgegengesetzten Richtung als in derjenigen, aus welcher die Luftfahrer gekommen waren.

      Die Martier erkannten nun wohl, daß die Insassen des Ballons die Kontrolle über ihn verloren hatten. Was konnten sie aber zu ihrer Rettung tun? Sie hätten zwar durch Herstellung des abarischen Feldes bewirken können, daß sich der Ballon dem Zentrum wieder nähern mußte, doch sie wollten ihn ja gerade von der Insel entfernen. Denn sie durften durch diesen fremden Körper nicht länger ihren Verkehr mit der Ringstation stören lassen.

      Während die Martier sich berieten, hatte der Ballon bereits die Insel überflogen und befand sich über dem Meer. Zugleich war er auf etwa zweitausend Meter gesunken. Würde er das gegenüberliegende Ufer erreichen? Würde er in das Meer stürzen? Oder würde er an der Felswand des steil abfallenden Ufers zerschellen? Das letzte schien das Wahrscheinlichste, wenn es nicht gelang, den Ballon entweder zu heben oder zu schnellem Sinken zu bringen.

      In der halb umgestürzten Gondel des Ballons sah es wüst aus. Die Instrumente zum Teil zertrümmert, die Körbe und Kisten zerbrochen, Vorräte und Menschen in einem wirren Knäuel, nur durch das Netz der vielfach verschlungenen Stricke am Herausstürzen verhindert.

      Von einem stechenden Schmerz im rechten Fuß erweckt, öffnete Grunthe die Augen. Er sah sich zu seinem Erstaunen am Rande des Korbes, der sich auf der einen Seite mit dem Ringe verfangen hatte, zwischen dem Geflecht desselben und einem der Anker des Ballons eingeklemmt. Dieser hatte ihn am Fuß verletzt. Schnell kam Grunthe wieder zu vollem Bewußtsein. Er konnte nur seinen Oberkörper und die Arme bewegen. Ein Blick auf den Zustand des Ballons ließ ihn befürchten, daß es unmöglich sein würde, die Höhe des Gebirges jenseits des Sees zu gewinnen. Unter ihm aber lag die Fläche des Meeres. Besorgt blickte er sich nach seinen Gefährten um. Torm vermochte er nirgends zu entdecken. Aber nun sah er, wie unter einem zerbrochenen Korb und einem Haufen von Decken sich etwas bewegte und ein Kopf mit dunkelbraunem, lockigem Haar zum Vorschein kam. Es war Saltner, der ebenfalls aus seiner Ohnmacht erwachte. Saltner, der keine Ahnung von dem Zustand des Ballons hatte, suchte sich aus seiner unbequemen Lage zu befreien. Grunthe aber erkannte, in welcher Gefahr der Reisegenosse schwebte. Jede weitere Bewegung konnte ihn aus dem Korbe herausschleudern und hinabstürzen lassen.

      »Liegen Sie still«, rief er ihm zu, »verhalten Sie sich ganz ruhig – der Korb ist gekentert – halten Sie sich fest!«

      »Sackerment«, brummte Saltner unter der Decke, »liegen Sie doch einmal still, wenn Sie auf einer zerbrochenen Champagnerflasche sitzen! Hätten wir nur das ganze Zeug gleich ausgetrunken und die leere Flasche hinausgeworfen!«

      Dabei warf er sich mit einem Gewaltruck zur Seite, zugleich aber geriet er ins Rollen –

      Grunthe stieß einen Schrei des Schreckens aus. Er sah den Gefährten am äußersten Rande der Gondel schweben – Saltner fuhr mit den Armen in die Luft, jedoch er fand keinen Halt – der Körper stürzte hinaus – seine Knie hingen in der Schlinge eines Seiles – in dieser furchtbaren Lage, den Kopf nach unten, schwebte Saltner mehr als tausend Meter über dem Spiegel des Polarmeeres.

      In der Aufregung des Augenblicks wandte Grunthe, mit beiden Händen sich festhaltend, seinen Körper so gewaltsam, daß es ihm gelang, den Fuß unter dem Anker herauszureißen. Er achtete den Schmerz nicht; so schnell wie möglich, obwohl mit großer Vorsicht, kletterte er an den Tauen des Korbes nach Saltner hin. Er suchte nach einem Seil, das er ihm zuwerfen konnte, um ihn wieder in die Gondel zu ziehen. Aber wo war in diesem Gewirr von Stricken sogleich ein passendes Tau zu finden? Hier hing eine weite Schlinge herab. Er versetzte sie in Schwingungen, er zerrte daran, und jetzt gelang es ihm, das Tau bis in Saltners Nähe zu bringen.

      Zum Glück hatte dieser keinen Augenblick seine Geistesgegenwart verloren. Als er das Tau im Bereich seiner Hände sah, griff