Название | Drachenkind |
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Автор произведения | . . . |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783742760272 |
Wie auch immer das möglich war, die Narbe an Manous Arm machte deutlich, dass die erste Bekanntschaft mit ihm während des eisigen Schlafes mehr als nur ein Traum gewesen sein könnte. Eric bemerkte die Gewissheit, dass er Manou doch tatsächlich schon in dem Traum hätte töten können. Denn selbst Manou schien das genau zu wissen, Eric hatte es ja gerade in dessen Gedanken gelesen. Also hätte auch er selbst sterben können, durch den Pfeil. Sofort erinnerte er sich an den Baum am See, welcher ebenfalls von Geschehnissen jenseits der Realität beeinflusst schien. Wie konnten Träume und Visionen die Realität … Egal. Nun war er eigens verantwortlich dafür, dass weit über eintausend Menschen und Wesen umgekommen waren oder bald sterben mussten. Familien wären zerstört, unzählig viele zukünftige Leben bereits jetzt vernichtet. Er schloss wieder die Augen. Das nächste Mal, wenn er die Wahl hätte, würde er sich anders entscheiden. Bestimmt.
Unter ihnen rollten die Wellen sanft durch das unbekannte Meer. Eric registrierte eine Veränderung. Vor dem Einschlafen hatte er noch verschiedene Ströme beobachtet, die er selbst aus der sehr großen Höhe hatte sehen können. Jetzt bewegten sich die Wellen fast alle in eine Richtung, ihre Richtung. Gravitation und Atmosphäre waren nahezu exakt so wie auf der Erde, also musste dies definitiv bedeuten, dass sie sich nicht mehr über dem offenen Meer befanden. Er schätzte ihre Höhe. Fast sechs Kilometer. Er drehte die Flügel und sie sanken so schnell tiefer, dass Jack und Mia beinahe schwerelos wurden. Als er langsam ihren Fall abbremste, wachten die beiden auf. Eric achtete nicht auf sie, suchte nach einem Strich, irgendetwas in der Ferne, das an Land erinnerte. Mia rief sich ihre Karte in Erinnerung. Der kleine Punkt schwebte fast über dem Kreuz. Sie dachte:
»Wunderbar, wir sind bald da! Noch drei Stunden vielleicht und wir sind am Ziel!«
Eric freute sich, doch es hielt nicht lange an. Der Traum ging ihm nicht aus dem Kopf. Seine Schuld … Mia konnte seine Gedanken nicht lesen, er hatte sie völlig verschlossen. Nicht einmal eine Horde Wächter hätte diesen Willen durchbrechen können. Falls sie nicht mächtiger würden. Seit dem letzten Angriff, den sie miterlebt hatte, waren erst wenige Wochen vergangen. Es konnte sich vieles verändert haben. Aber im Moment war es Eric, der Mia Sorgen machte. Sie drang nicht zu ihm durch, er schloss ihre Gedanken aus.
»Hey, kleiner Drache, was ist mit dir?«
Eric hörte ihre Rufe, aber er wusste nicht, was er darauf antworten sollte. Sein grimmiger Blick jagte Mia einen Schrecken ein und sie spürte die langsam ansteigende Hitze in ihm, als er seine Gedanken freigab. Mia sah sich alles an, den ganzen Traum. Dann meinte sie mit erdrückter Stimme:
»Es ist nicht deine Schuld. Du konntest das doch nicht wissen, oder? Und …«
Eric unterbrach sie.
»Ich habe ihn in einem Traum gesehen, nachdem mich die Wächter angegriffen hatten. Er versuchte, mich zu erschießen, aber es misslang. Ich konnte spüren, wie er war. Ich konnte klar erkennen, dass er ein grausames Wesen ist! Und ich habe gesehen, was für widerliche Dinge er mit den Menschen in den Dörfern und Städten gemacht hat! Also ist es ja wohl meine Schuld, oder? Ich hätte ihn töten können! Wäre wohl besser gewesen?«
Mia wusste keine Antwort. Sie hatte einen Kloß im Hals und er tat ihr leid, gleichzeitig machte sie sich Sorgen, dass Eric gleich die Kontrolle verlieren könnte. Er schien wieder instabil zu werden, seine Emotionen waren wild und schmerzhaft. Eric stieg höher und beschleunigte so stark, dass Jack ihm eine Warnung zudachte, aber er hörte nicht darauf. Er spürte, dass der Drache ein Maß an Unruhe und Wut gegen Manou und die Situation entwickelte, welches massenhaft überschüssige Energie freisetzte. Er musste diese abbauen, oder sowohl Mia als auch Jack würden verbrennen. Es gab keine Zeit und keinen Sinn für Erklärungen. Ein Kontrollverlust wäre ihr Ende. So gab Eric sich der Hoffnung hin, ihr Ziel noch zu erreichen, bevor etwas passierte, was auch nur annähernd mit dem Traum vergleichbar wäre.
Mit heftigen Flügelschlägen trieb Eric sie höher und sie wurden so schnell, dass der Wind Mia und Jack fast flach auf seinen Rücken presste. Die Lehnen der Sättel klappten nach hinten und waren letztlich alles, was sie vor den harten, scharfen Stacheln bewahrte. Eric kalkulierte, die Sättel würden halten. Jack wurde schlecht. Eric ging wieder tiefer, damit sie nicht erstickten, dann legte er all seine Gedanken und Kraft in die Geschwindigkeit. Sie wurden immer schneller, flogen jetzt nur noch etwa hundert Meter über dem Wasser. Als sie in eine Nebelwand rasten, zog er einen Schweif hinter sich her, die winzigen Wassertröpfchen wirbelten laut um ihn herum, durchnässten Mia und Jack in wenigen Sekunden. Sie brannten auf ihrer Haut und fühlten sich kälter an als alles, was sie kannten. Ohne die Hitze aus Erics Inneren wären beide spätestens jetzt in großen Schwierigkeiten gewesen, doch da diese Hitze mit jedem Flügelschlag heftiger wurde, hielt die Kälte nicht lange an.
Eric schloss die Augen. Er sah ja trotzdem was, aber so konnte er sich besser konzentrieren. In Gedanken schützte er Mia und Jack fast instinktiv mit einer Hülle aus Licht, damit sie nicht zerdrückt würden. Sekunden später stellte er fest, dass sie tatsächlich gerade von einer Art Kraftfeld umgeben wurden, welches sich wie eine dicke und kaum sichtbare Luftblase um die beiden herum aufbaute. So ließ er alle Dämme brechen und überließ sich dem stürmischen Trieb, schneller zu werden als er Energie würde nachlegen können, als wollte er durch Manou hindurch fliegen und ihn so schlichtweg zerfetzen. Als er ein merkwürdiges Brennen in den Flügeln spürte, legte er sie etwas mehr an und erkannte, dass die Luft um sie herum sehr heiß wurde. Es war nicht schmerzhaft und Eric ließ sich von jener Kraft, welche ihn fortbewegte, immer weiter antreiben. Es waren längst nicht mehr seine Muskeln, sondern etwas direkt in seinen Flügeln, was ihn beschleunigte. Kurz darauf spürten sie eine heftige Erschütterung und es wurde ruhiger. Die Schallmauer war durchbrochen, doch sie wurden noch schneller.
Die Umgebung verschwamm langsam, sie hatten die Nebelwand hinter sich gelassen und abrupt ließ der Widerstand der Feuchtigkeit nach. Da spürte er das Land, die Küste. Und einen unendlichen Wald. Nach kurzer Zeit konnte Eric kaum noch etwas erkennen und öffnete wieder die Augen, welche mittlerweile von einer dicken, zweiten Haut geschützt wurden, welche alles leicht golden einfärbte. Es sah aus, als ob er auf eine mit Ölfarbe gemalte Landschaft hinabblicken würde, über die jemand einen nassen Lappen gezogen hätte. Alles, was nicht mindestens einen Kilometer entfernt war, wirkte so verschwommen, dass er gerade noch die verschiedenen Bäume erkannte. Er spürte, wie seine Augen sich daran gewöhnten und die Sicht immer schärfer wurde, doch es war ihm egal. In Mias Gedanken sah Eric nichts weiter als einen fast einfarbigen Untergrund und Jack sah gar nichts mehr. Ihre Augen waren zu träge. Vor Wind und Hitze geschützt durch jene flimmernde Schicht einer unbekannten Energieform hielten sie sich fest, waren wie berauscht und hatten keinen Einfluss auf das, was geschah.
Eric stellte sich die Karte vor und bemerkte, dass er bei dem Tempo in Windeseile zig Kilometer zu weit fliegen würde. Er beschleunigte noch immer, spürte so etwas wie einen merkwürdigen Druck in seinem Bauch. Dünne, haarfeine Leuchterscheinungen zuckten durch seine Flügelhäute, sein Maul war wie zugenagelt und jeder Muskel steinhart gespannt, Nüstern und Atemlöcher fast verschlossen. Die zweite, dicke und schützende Haut über den empfindlichen Augen wurde langsam angenehm warm. Wie ein riesiger, stählerner Pfeil schoss er starr durch die Luft, welche um sie herum langsam zu glühen begann.
Eric strengte seine Sinne an und entdeckte eine riesige Lichtung, auf der das Zentrum jener Stadt war, von der er vor Kurzem geträumt hatte. Kurz scannte Eric die Umgebung, beobachtete mit einem Anflug von Neugier, dass sich noch mindestens einen Kilometer in jede Richtung Wiesen, Plantagen und Gebäude versteckt unter den Baumkronen befanden. Nach wenigen Sekunden richtete er die Aufmerksamkeit wieder auf den Flug und schoss in einem Kilometerlangen Bogen aufwärts, sah in diesem Manöver die einzige Chance, ihre Geschwindigkeit aufzufangen und am richtigen Ort zu landen. Er erkannte, dass die nun auftretenden Fliehkräfte für Mia und Jack noch eher verkraftbar waren als ein gewaltsames Abbremsen auf kurzer Strecke, was ohnehin zunehmend