Zwei Herren aus Verona. William Shakespeare

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Название Zwei Herren aus Verona
Автор произведения William Shakespeare
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783754178379



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edlen, jungen Mann?

      JULIA.

      Warum nicht Proteus, wie die andern Gäste?

      LUCETTA.

      Nun denn, von Guten scheint er mir der Beste.

      JULIA.

      Dein Grund?

      LUCETTA.

      Kein andrer ist's, als eines Weibes Grund;

      Er scheint mir so, nur weil er mir so scheint.

      JULIA.

      So rätst du, meine Lieb' auf ihn zu werfen?

      LUCETTA.

      Ja, glaubt Ihr nicht die Liebe weggeworfen.

      JULIA.

      Er nur allein bewegte nie mich schmerzlich.

      LUCETTA.

      Doch er allein nur liebt gewiß Euch herzlich.

      JULIA.

      Er spricht fast nie: das ist nicht Leidenschaft.

      LUCETTA.

      Verdecktes Feuer brennt mit größrer Kraft.

      JULIA.

      Nicht liebt, wer nimmer offenbart die Liebe.

      LUCETTA.

      Und minder liebt, wer andern zeigt die Liebe.

      JULIA.

      Oh! wüßt' ich, wie er denkt!

      LUCETTA.

      Lest, Fräulein, dies Papier!

      JULIA.

      »An Julia.« Sprich, von wem?

      LUCETTA.

      Der Inhalt sagt es Euch.

      JULIA.

      Doch sprich: wer gab es dir?

      LUCETTA.

      Der Page Valentins, den, denk' ich, Proteus schickte;

      Euch wollt' er's geben selbst, doch ich kam ihm entgegen,

      Empfing's an Eurer Statt; verzeiht, war ich verwegen.

      JULIA.

      Bei meiner Sittsamkeit! Du, Liebesbotin?

      Wagst du, verliebte Zeilen anzunehmen?

      Verschwörung, Fallstrick' meiner Jugend legen?

      Nun, auf mein Wort, das ist ein ehrbar Amt,

      Und du Beamter, schicklich für die Würde.

      Da nimm das Blatt, laß es ihm wieder geben;

      Sonst komm du nie vor meine Augen wieder!

      LUCETTA.

      Der Liebe Dienst soll Lohn, nicht Haß gewinnen.

      JULIA.

      So gehst du nicht?

      LUCETTA.

      Nun könnt Ihr Euch besinnen.

      Lucetta geht ab.

      JULIA.

      Und doch, – hätt' ich den Brief nur durchgelesen!

      Doch Schande wär's, sie wieder herzurufen,

      Bitten um das, was ich Verbrechen schalt.

      Die Närrin! weiß, daß ich ein Mädchen bin,

      Und zwingt mich nicht, daß ich den Brief erbreche.

      Nein sagt ein Mädchen, weil's die Sitte will,

      Und wünscht, daß es der Frager deut' als Ja.

      Pfui! Wie verkehrt ist diese tör'ge Liebe:

      Ein wildes Kindchen, kratzt sie erst die Amme

      Und küßt in Demut gleich darauf die Rute.

      Wie ungestüm schalt' ich Lucetta fort,

      Da ich so gern sie hier behalten hätte!

      Wie zornig lehrt' ich meine Stirn sich falten,

      Da innre Lust mein Herz zum Lächeln zwang!

      Die Strafe sei, daß ich Lucetta rufe

      Und meine vor'ge Torheit so vergüte.

      Heda! Lucetta!

      Lucetta kommt zurück.

      LUCETTA.

      Was befiehlt Eu'r Gnaden?

      JULIA.

      Ist noch nicht Essenzeit?

      LUCETTA.

      Ich wollt', es wär';

      Dann kühltet Ihr den Zorn an Eurer Mahlzeit,

      Statt an der Dienerin.

      JULIA.

      Was nimmst du auf

      So hastig?

      LUCETTA.

      Nichts.

      JULIA.

      Weshalb denn bückst du dich?

      LUCETTA.

      Ich nahm ein Blatt auf, das ich fallen ließ.

      JULIA.

      Und ist das Blatt denn nichts?

      LUCETTA.

      Nichts, was mich angeht.

      JULIA.

      Dann laß für die es liegen, die es angeht!

      LUCETTA.

      Es wird für die nicht lügen, die es angeht,

      Wenn es nicht irgendeiner falsch erklärt.

      JULIA.

      Es schrieb dir ein Verehrer wohl in Versen?

      LUCETTA.

      Daß ich's im rechten Tone singen möge.

      Gebt mir die Weis': Ihr, Fräulein, könnt sie setzen.

      JULIA.

      Für solchen Tand, so leicht als möglich ist:

      Drum sing es in dem Ton leichtsinn'ge Liebe.

      LUCETTA.

      Es ist zu schwer für solchen leichten Ton.

      JULIA.

      Zu schwer? So ist es wohl vierstimm'ger Satz?

      LUCETTA.

      Es ist melodisch nur, singt Ihr's allein.

      JULIA.

      Warum nicht du?

      LUCETTA.

      Es ist für mich zu hoch.

      JULIA.

      Zeig' her dein Lied! – Nun, Schätzchen, was ist das?

      LUCETTA.

      Nein, bleibt im Ton, wollt Ihr's zu Ende singen;

      Und doch gefällt mir dieser Ton nicht recht.

      JULIA.

      Weshalb denn nicht?

      LUCETTA.

      Er ist zu schneidend, Fräulein.

      JULIA.

      Du bist zu vorlaut.

      LUCETTA.

      Nein,