Название | Der Sucher |
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Автор произведения | Катя Брандис |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783752901467 |
Hübsche Gegend eigentlich, ging es mir durch den Kopf. Nur schade, dass sie dauernd versucht, einen umzubringen!
Als wieder Ruhe eingekehrt war, näherte ich mich vorsichtig einem der Schächte, der nicht zu spucken schien und verglichen mit den anderen etwas harmloser wirkte. Man sah nicht viel, nur dunkles Wasser. Alle paar Momente sank der Wasserspiegel ein Stück, wogte dann wieder nach oben und quoll über die Ränder der Öffnung. Es war, als würde der Schacht mit Kiemen atmen wie ein lebendes Wesen.
Es gab Dinge, auf die ich noch weniger Lust hatte, als dort hineinzutauchen. Zum Beispiel über glühende Kohlen laufen. Aber es kam nicht in Frage, dass ich mich drückte und umkehrte. Wenn man eine Suche angenommen hat, muss man sie zu Ende führen. Das hatte Udiko mir zahllose Male eingeprägt.
Ich steckte einen Zeh in das Wasser des Schachts. Er wurde nicht sofort abgebissen. Immerhin. Schnell stieß ich mich vom Boden ab, sprang mit den Füßen voran in die Öffnung und stieß die Luft aus meinen Lungen, damit mein Körper sank. Der Schacht erwies sich als nicht besonders groß, herumdrehen konnte ich mich darin nicht. Wenn ich die Arme ausstreckte, konnte ich die von Algen glitschigen Seitenwände berühren. Nach einer Weile schien sich der Schacht auszudehnen, ich erreichte die Wände nicht mehr und fühlte mich völlig orientierungslos. Es war dunkel und wurde immer finsterer, je tiefer ich sank. Da ich keine Ahnung hatte, wie weit es bis zum Ziel war und wie lange ich unter Wasser bleiben musste, verlangsamte ich meinen Herzschlag. Dadurch reagierte mein Körper zwar nicht mehr so schnell, sparte aber auch Kraft und Atemluft.
Das stellte sich als schwerer Fehler heraus. Einen Moment später sah ich ein Licht aufblitzen, dann packte mich etwas und wirbelte mich herum. Ich wurde gegen einen Felsvorsprung geschleudert. Au, verdammt! Dann zerrte mich etwas weiter hinab, in die undurchdringliche Dunkelheit der Tiefe. Mein Herz raste wie verrückt, und ich versuchte verzweifelt, mich freizukämpfen. Aber was immer es war, das mich in den Fängen hatte, es hielt mich eisern fest.
Bei meinen Versuchen, freizukommen, stieß ich mit dem Fuß gegen etwas Weiches, Schleimiges und spürte, wie meine Zehen taub wurden und meine Haut brannte. Nesselfäden! Ich hatte es mit einer Qualle zu tun! Wie viel Gift hatte ich abgekriegt? Und noch immer ging es in die Tiefe.
Das Gift wirkte schnell. Ich versuchte an mein Messer zu kommen und erreichte es nicht. Mein Körper gehorchte mir nicht mehr, fühlte sich schwach und kraftlos. Die Zeit schien sich zu verlangsamen. Mein Brustkorb schmerzte, ich brauchte dringend Luft, aber eigentlich war das egal, alles war egal, ich schwebte, nichts war mehr wichtig ...
Im nächsten Moment – oder war es Stunden später? – lag ich auf einem Steinboden und versuchte, schwach zu atmen, kämpfte darum, Luft in meine Lungen zu kriegen. Es war noch immer stockdunkel und roch nach Algen und feuchtem Stein. Die winzigen Pfoten meines Salamanders kitzelten an meinem Ohr. Vielleicht hatte er versucht, mich aufzuwecken.
»Na, das war doch lustig, oder?«, sagte eine hohe, kieksige Stimme. »Sechs, sieben, acht ...«
Es klang weder nach einer Frau noch nach einem Mann. Irgendwo dazwischen. Wer, beim Brackwasser, war das? Irgendwie schaffte ich es, mich auf einen Ellenbogen hochzustemmen. Wo mich die Nesselfäden verätzt hatten, fühlte es sich an, als würde sich die Haut vom Knochen schälen. »Lustig ist nicht ganz das richtige Wort, finde ich«, keuchte ich und krümmte mich vor Schmerzen.
Ein ärgerliches Grunzen. »Sieben ... äh ... äh ... Mist, wieder verzählt ... Du hast mich abgelenkt! Würde es dir was ausmachen, nicht so viel Lärm zu machen, so viel?«
»Tut mir Leid«, stöhnte ich und tastete mühsam nach der Ausrüstung, die an meiner Schwimmhaut befestigt war. Wie durch ein Wunder war alles noch da. Unauffällig nahm ich einen der Leuchtstäbe und murmelte eine Formel, sodass der schwache, grünliche Schein die Umgebung erhellte.
Vor mir hockte halb im Wasser, halb auf dem Land der größte Krakenmensch, den ich je gesehen hatte – er füllte die kleine Höhle, in der wir uns befanden, beinahe ganz aus. Er hatte ein ledriges, faltiges Gesicht, große, feuchte Augen mit vorwurfsvollem Blick und eine Menge Fangarme, die ständig durcheinander ringelten. Seine Haut hatte die Farbe des schwarzgrün gefleckten Bodens angenommen, anscheinend konnte er sich wie viele Kraken blitzschnell seiner Umgebung anpassen.
»Das war reichlich dumm von dir, durch die Schächte zu tauchen, dumm war es!«, sagte der Krake. Er sprach hervorragend Daresi, anscheinend hatte er viel mit Menschen zu tun. »Ich musste diesen Winter schon vier ... sechs ... nein, mehr ... na ja, jedenfalls eine ganze Menge Leute retten. So langsam reicht es mir! Ich komme vor lauter Arbeit gar nicht mehr zu dem, was mich eigentlich interessiert!«
»Wieso retten?«, protestierte ich schwach. »Ich tauche gerade friedlich vor mich hin, da kommst du, und auf einmal geht alles drunter und drüber ...«
»Du bist gerade friedlich vor dich hin mitten in den Wächterschwarm hineingetaucht, mein Lieber«, sagte der Krakenmensch eingeschnappt. »Hunderte von Quallen so groß wie mein Kopf, so groß, und alle bei weitem nicht so nett wie ich!«
»Oh.« Mir wurde klar, wer mir wirklich den Fuß verätzt hatte. »Vielen Dank auch.«
Der Krake klang noch immer beleidigt. »Heb dir das für den Chef auf, den Chef. Ist alles sein Befehl. Gut, es macht auch oft Spaß, aber im Moment wird es mir wirklich zu viel. Vier, fünf, sechs ...«
Der Chef. O je. »Du dienst dem Herrn der Quallen, richtig?«
»Ja, genau. Geht es dir jetzt endlich besser? Ich muss dich bald hinbringen.«
Tatsächlich, allmählich ließ der Schmerz nach. Aber dass ich direkt vor den Chef geschleift wurde, musste ich unbedingt verhindern! »Sag mal, was zählst du eigentlich die ganze Zeit?«, lenkte ich ab.
»Ich versuche, mehr über mich herauszufinden«, antwortete der Krake würdevoll. »Man kommt im Leben nicht weit, wenn man nicht weiß, wer man wirklich ist.«
Einen Moment lang war ich froh darüber, dass mein Fuß noch so scheußlich brannte. Sonst hätte ich mir das Lachen nicht verkneifen können. »Du zählst deine Fangarme?«
»Allerdings. Und diesmal hätte ich es bestimmt geschafft, bestimmt, wenn du nicht dazwischengekommen wärst!« Einer der Fangarme ringelte sich auf mich zu, um mich wieder zu packen und unter Wasser zu zerren.
»Warte!«, rief ich. »Wie wäre es, wenn ich dir helfe?«
»Du kannst zählen, kannst du das?« Die Haut des Krakenmenschen verfärbte sich vor Aufregung zu einem zarten Korallenrot.
»Ein bisschen«, sagte ich bescheiden. »Für den Hausgebrauch reicht's.«
Es wurde nicht so einfach, wie ich gedacht hatte. Der Krake konnte einfach nicht stillhalten. Außerdem musste ich mich auf die Füße quälen und um ihn herumgehen, um sicher zu sein, dass ich keinen Arm übersah. Doch schließlich hatte ich es geschafft. »Gratuliere«, sagte ich. »Es sind fünfzehn!«
»Fünfzehn! Das sind zwei mehr, als Ri'badur vom Celican-Riff hat!« Es ist kein sonderlich hübscher Anblick, wenn ein Krake übers ganze Gesicht strahlt, aber ich war trotzdem gerührt von seiner Freude. Weil meine Beine sich noch ziemlich wackelig anfühlten, setzte ich mich erst mal. Wir stellten uns gegenseitig vor, und ich erfuhr, dass er Ri'naldus hieß und achtzig Winter alt, also gerade ausgewachsen war.
»Gibt es vielleicht die winzig kleine Möglichkeit, dass du mich einfach freilässt?«, fragte ich vorsichtig. »Irgendwann würde ich deinen Herrn gerne kennen lernen, aber nicht gerade jetzt.«
»Na gut«, sagte Ri'naldus großmütig. »Ich verstehe das. Du bist noch nicht bereit für diese wichtige Erfahrung. Aber du verpasst was!«
Mir fiel wieder ein, warum ich eigentlich hier war. »Sag mal, hast du zufällig vor paar Tagen einen anderen jungen