Delikatessen weltweit: 99 Spezialitäten, die Sie (lieber nicht) probieren sollten. Julia Schoon

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Dass sie sich von einem typischen Produkt der Region hatten inspirieren lassen, überzeugte die Jury. Wer Artischocken mag, nur nicht ganz so bitter, kann auch seine eigene Mixtur ansetzen. Man sollte jedoch der Versuchung widerstehen, den Likör zu süß zu machen: Zucker hemmt nämlich wiederum die Verdauung.

      Ein Artischocken-Mixgetränk hat es allerdings selbst in Italien nicht sehr weit gebracht – dafür wiederum unter Nachtschwärmern in Deutschland und den USA. Der Funktionsdrink mit dem seltsamen Namen Security Feel Better wirbt damit, Magen und Kopf zuverlässig aufzuräumen. Man kann also ungehemmt bechern und sich auch spät abends den Wanst vollschlagen – wenn man den Drink aus dem praktischen 3-cl-Fläschchen hinterher kippt, fühlt man sich am nächsten Tag wie neu geboren. In Italien wurde sogar damit geworben, der Zaubertrank mache Betrunkene innerhalb kürzester Zeit wieder fahrtauglich. Wenn etwas zu gut klingt, um wahr zu sein, dann ist es das meistens auch.

      11 Känguruh: Wildgericht vom roten Kontinent

       Name: Kangaroo, Kere aherre

       Region: Australien

       Verzehr: Gebraten, gegrillt, als Burger, ...

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       (c) Alpha unter CC Lizenz

      Aus Australien kommt ein neuer Ernährungstrend, der sich »Kangatarianism« nennt. Anhänger dieser Bewegung ernähren sich vegetarisch, jedoch mit einer Ausnahme: Sie essen auch Kängurufleisch. Ihre Begründung: Kängurus sind einheimische Tiere des australischen Kontinents, die an die dortigen Lebensbedingungen perfekt angepasst sind. Mit ihren Pfoten zertreten sie, anders als Huftiere, nicht die Grasnarbe, sie müssen nicht gefüttert oder getränkt werden und erzeugen nur einen Bruchteil des klimaschädlichen Methangases, das Rinder und Schafe in die Atmosphäre pupsen und rülpsen. Letztere werden in Australien in großem Maßstab gezüchtet und sind dort für über 10 Prozent des Klimagasausstoßes verantwortlich.

      Und nicht zuletzt leben Kängurus wild, statt in Mastbetrieben. Sozusagen eine nachwachsende Ressource. Von den rund 60 Arten, die in allen Vegetationszonen des roten Kontinents heimisch sind und vom Mini-Roo, das weniger als ein Kilo wiegt, bis zum 90-Kilo-Kawenzmann reichen, stehen alle bis auf vier unter strengem Schutz. Und auch diese sich üppig vermehrenden Vier dürfen nur von lizensierten Jägern innerhalb festgelegter Quoten geschossen werden. All das mache Kängurufleisch zu einer ethischen Ernährungs-Option, argumentieren die Kängutarier. Allerdings erwischen die Jäger auch immer wieder Muttertiere, deren ein bis zwei Jungen dann als trauriger Kollateralschaden in der Statistik auftauchen.

      Die Aborigines essen das Fleisch der Beutelträger bereits seit tausenden von Jahren. Die ersten weißen Siedler machten es ihnen aus Mangel an Alternativen nach, doch als sie sich auf dem Kontinent eingelebt hatten, aßen sie bald wieder das, was sie aus der alten Heimat kannten, und schließlich wurde der Känguru-Verzehr sogar verboten. Das änderte sich auch nicht, als Australien 1959 begann, das Fleisch der einheimischen Hüpfer zu exportieren. Erst 1980 wurde es im Bundesstaat South Australia wieder als Lebensmittel zugelassen und 1993 dann im ganzen Land. In der Zwischenzeit hatte sich das putzige Springtier, das seine Jungen im Bauchbeutel herumträgt, als Markenzeichen Australiens etabliert und als Maskottchen der Fluggesellschaft Qantas Karriere gemacht.

      Bis heute werden rund zwei Drittel des Fleisches exportiert, vor allem nach Europa, und einer der größten Abnehmer ist mit rund 6.500 Tonnen jährlich Deutschland. In Australien findet man es in den Kühltruhen nahezu jedes Supermarktes: als dickes Steak oder, bei der Barbecue-Nation besonders beliebt, als Kanga-Banga-Wurst. Denn darüber, ob Kängurufleisch ethisch korrekt ist oder nicht, lässt sich streiten. Fest steht jedoch: Es ist sehr mager und kalorienärmer als beispielsweise Rind- oder Lammfleisch. Es enthält reichlich Eisen, Zink und Eiweiß, aber nur wenige gesättigte Fettsäuren und vor allem keine Antibiotikarückstände, die bei industriell gezüchteten Tieren inzwischen zur Regel geworden sind. Und wie schmeckt es? Die Zubereitung ist nicht einfach, da das Fleisch leicht zäh oder trocken wird. Profis empfehlen daher, es zu marinieren und nicht zu lange zu garen, dann schmeckt es zart und saftig und erinnert an Rindfleisch, allerdings mit einer ganz leichten Wildnote.

      In Australien entwickelte sich der Absatz anfangs schleppend. Anscheinend fiel es den Einheimischen schwer, ihr eigenes Nationaltier zu verspeisen. Oder sie mussten an Skippy das Buschkänguru denken, das als Protagonist einer Fernsehserie in den 1960ern ähnlich wie Bambi, Flipper und Fury die Herzen der Aussies eroberte. 2005 schrieb die australische Känguruindustrie daher einen Wettbewerb aus, um einen neuen, unverfänglichen Namen für ihr Produkt zu finden. Die 2.700 Teilnehmer waren überaus kreativ: marsupan, krou oder roujoe wollten sie es gerne nennen, die Humorfraktion schlug jumpmeat (Springfleisch) oder MOM (als Abkürzung für »meat of marsupials«, also: Fleisch vom Beuteltier) vor. Sieger war schließlich: Australus, abgeleitet von Australis, dem lateinischen Wort für Australien. In Deutschland hat sich der Name allerdings nicht durchgesetzt.

      12 Porridge: Red’ doch keine Grütze

       Name: Porridge, Brochan

       Region: Schottland, England

       Verzehr: Als warmer Brei gelöffelt

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       (c) aehdeschaine unter CC Lizenz

      Laut schottischem Originalrezept wird Porridge (auf Gälisch: brochan) aus Haferflocken, Wasser und einer Prise Salz gekocht. Nur Kinder bekommen noch ein bisschen Zucker obendrauf. Wenn man sich jetzt vorstellt, dass Hafer in früheren Zeiten nicht zu solch hübschen Flocken gewalzt wurde, wie wir sie heute kennen, sondern zu feinem Mehl geschrotet, dann ergibt sich aus diesen Zutaten ein Pott voll konturloser, grauer Grütze, die gänzlich frei ist von Geschmack. In einer weiteren Schüssel wurde traditionell Milch oder Sahne dazugestellt, in die die Familie reihum ihren Löffel tauchte, bevor sie damit einen Happs aus ihrer eigenen Porridgeschüssel nahm.

      Das Grauen zu Tisch hielt den Dichter Robert Burns jedoch nicht davon ab, dem »Chief of Scotia’s Food« (Schottlands führende Speise) eine Lobeshymne zu schreiben. Ebenso großen Erfolg hatte der Poet übrigens mit seiner Ode auf Haggis, dem zweiten kulinarischen Kulturgut seiner Landsleute. In früheren Zeiten aß zumindest die ärmere Landbevölkerung ihren Porridge zum Frühstück, zu Mittag und zum Abendbrot. Zu späterer Stunde peppten sie ihn dann mit Kohl oder Rüben auf oder würzten ihn gar mit Bier und Whiskey.

      Die Frühstücksschmiere schaffte bald den Sprung über den Kanal und auch auf deutsche Esstische. Allerdings vor allem in Kinderheime und Sanatorien – zum einen, weil es eine billige Mahlzeit ist, vor allem aber, weil der bekömmliche Haferbrei als Medizin für Magen- und Darmkranke galt. Mit einem Image, das derart unsexy ist, und einem Geschmack, der dem nichts entgegenzusetzen hat, wurde der klumpige Schleim konkurrenzlos zum Kindheitstrauma für ganze Generationen.

      Einige von ihnen dürften noch leben und über die Jugend von heute die Köpfe schütteln. Seit ein paar Jahren feiert der Porridge nämlich, zumindest in Großbritannien, ein sagenhaftes Revival. Wissenschaftler haben herausgefunden, was Mütter und Großmütter früherer Generationen längst wussten und mit mehr oder weniger sanftem Zwang in ihre Sprösslinge hineinlöffelten: Haferbrei sättigt nachhaltig und gibt dem Körper über Stunden Energie, ist dabei jedoch leicht verdaulich. Damit punktet er schon mal bei Sportlern und Outdoor-Aktiven, und die ersten Hersteller bieten bereits spezielle Fitnessnahrung auf Haferbasis an, die die Performance steigern soll. Dabei ist der Brei auch noch kalorien- und cholesterinarm, was ihn wiederum bei Menschen beliebt macht, die Diät halten wollen oder müssen.

      Als dann auch noch Köche damit anfingen, den Porridge so zuzubereiten, dass die Haferflocken ein wenig Biss behielten, und ihn mit Manukahonig, Ahorn- oder Agavensirup, frischem Obst, gehackten Nüssen, Sesam, Zimt, Kardamom, Vanille und anderen Leckereien zu pimpen, waren selbst die urbanen Hippster nicht mehr zu halten. Zumal die Wissenschaftler eifrig nachlegten: Der Haferbrei steigere die Konzentration