Название | Geschichten aus der Murkelei |
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Автор произведения | Ханс Фаллада |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783752978445 |
»I du dummes Ding!« schrie der Zauberer wütend und warf die Flasche gegen die Wand. »Wie kannst du dich so verkehrt aufführen!« An der Wand zerbrach die Flasche, das Hexlein fuhr heraus wie ein Rauch, und ehe noch der Zauberer ein Zauberwort hatte sprechen können, fuhr es als Rauch empor in die Wolken.
»Weg ist sie!« sagte der Zauberer verblüfft. »Na, hoffentlich macht sie nicht zu viel Unfug.« Damit ging er ins Haus und zog sich die Stiefel an, denn er wollte jetzt doch noch über Land zu seiner Tante, der weisen Kröte. Es würde ja doch nicht regnen.
Das Hexlein aber blieb nicht lange in den Wolken, denn dort war es ihm zu kalt, sondern es fuhr genau dort wieder zur Erde, wo das Haus des großmächtigen Zauberers stand. Dem wollte es zuerst einen Schabernack tun, weil er es in die Flasche gesteckt hatte.
Das Hexlein verwandelte sich aus einem Rauch zurück in seine menschliche Gestalt und sah vorsichtig durch das Fenster ins Zimmer, zu erfahren, was der Zauberer wohl täte. Der Zauberer lag in seinem großen Sessel und schlief ganz fest. Auf seiner einen Schulter saß das Huhn, das silberne Eier, auf der andern das Huhn, das goldene Eier legen konnte, auf dem Kopf aber der stolze, bunte Hahn, und die drei schliefen auch.
›Wo ist denn bloß das Unglückshuhn?‹ fragte sich das Hexlein. ›Wenn ich dem das Herz aus dem Leibe reiße und es aufesse, kann er es nicht wieder lebendig machen und ärgert sich fürchterlich.‹ So ging das Hexlein vom Garten auf den Hof und sah das Unglückshuhn ganz betrübt in einer Ecke sitzen. Das Hexlein fing das Huhn und wollte ihm das Herz aus dem Leibe reißen, aber die Silberhaut war zu fest. Da nahm die Hexe das einzige an dem Huhn, das noch aus Fleisch und Knochen war, nämlich den Kopf, und riß ihn ab. Weil das Hexlein aber den Hühnerkopf nicht selber essen mochte, gab sie ihn einem Hund, der gerade die Straße entlangkam. Der Hund schnappte den Kopf, fraß ihn auf und lief weiter.
»So!« sagte das Hexlein. »Nun kann der Zauberer gewiß sein liebes Huhn nicht wieder lebendig machen.« Damit verwandelte sich die Hexe von neuem in einen Rauch und flog über Land, eine Stelle zu suchen, wo sie neues Unheil stiften konnte.
Der Zauberer schlief sehr fest und hätte noch lange nichts von dem neuen Unheil gemerkt. Aber der stolze, bunte Hahn, der auf seinem Kopfe sah und schlief, träumte davon, daß er einen Regenwurm mit dem einen Ende aus der Erde kommen sah. Er packte den Regenwurm – im Traum – mit einer Kralle. Aber der Regenwurm saß zu fest in der Erde, er ließ sich nicht herausziehen. Da fing der Hahn – im Traum – an, mit dem Schnabel die Erde aufzuhacken, während er weiter mit der Kralle fest am Wurme zog – und davon wachte der großmächtige Zauberer auf und schrie vor Schmerzen. Denn der Hahn hatte ihn bei einer Haarsträhne gepackt, riß mit der Kralle daran und hackte mit dem Schnabel in seinen Kopf.
Der Zauberer schalt: »Ihr seid ein ganz freches Gesindel! So etwas würde das Unglückshuhn nie tun«, und jagte das Geflügel aus der Stube. Doch machte es draußen gleich ein so lautes Geschrei und Gegacker, daß der Zauberer nachsehen mußte, was da wieder geschehen war. Hühner und Hahn aber standen aufgeregt um das silberhäutige Huhn herum, das tot ohne Kopf am Boden lag.
Der Zauberer hob es auf und sprach traurig: »Wer hat denn das nun wieder getan? Sicher deine Feinde, die bösen Elstern, die auf deine Silberhaut gierig waren. Aber warte nur, wenn ich erst deinen Kopf gefunden habe, will ich dich schon wieder lebendig machen!« Aber soviel er auch suchte, er fand den Kopf nicht, und das war kein Wunder, denn der lief ja in einem Hundebauch über Land.
Schließlich gab der Zauberer das Suchen auf. ›Das Unglückshuhn muß ich wieder lebendig kriegen‹, sprach er bei sich, ›und sollte ich mein kostbarstes Eigentum opfern. Denn ich habe in meinen Zauberbüchern gelesen, daß ich aus ihm einmal die Lebenssuppe kochen und dadurch reich und glücklich werde.‹
Als er das gesagt hatte, fiel ihm ein, daß er in einer Lade noch einen herrlichen großen Edelstein von seinem Vater her hatte. Er ließ einen kunstreichen Steinschneider kommen, und der mußte ihm aus dem Edelstein den schönsten Hühnerkopf von der Welt schleifen und schneiden. Dann wurde dieser Kopf geschickt auf die Silberhaut gepaßt, angezaubert – und schon stand das Unglückshuhn wieder lebendig!
Aber es sah gar nicht mehr wie ein Unglückshuhn aus, es glänzte und gleißte herrlich, und der diamantene Kopf schimmerte in allen Farben von der Welt, und war dabei so hart, daß man mit einem Hammer hätte draufschlagen können, er hätte nicht den kleinsten Riß bekommen. – »So«, sagte der Zauberer zufrieden, »nun bist du so fest gepanzert, daß kein Feind dir etwas tun kann. Geh nur hinaus, Unglückshuhn, und hör dir an, was die Neidhammel sagen!«
So ging das Huhn hinaus auf den Hof, und als die andern Hühner dies Geglänze und Gestrahle sahen und merkten, daß sie mit ihren Schnäbeln gar nichts mehr ausrichten konnten, daß aber das Unglückshuhn einen diamantenen Schnabel hatte, schärfer als ein Messer, da sprachen sie wütend: »Das ist doch höchst ungerecht! Wir legen dem Zauberer alle Tage ein goldenes und ein silbernes Ei, und für uns tut er gar nichts. Aber diese faule Nichtsnutzige schmückt er, als sei sie Kaiserin aller Hühner. Nein, nun wollen wir tun, als sähen wir sie gar nicht, und nie mehr ein Wort mit ihr sprechen.«
Und der Hahn war erst recht wütend, denn sein stolzes buntes Kleid sah neben Silberhaut und Diamantkopf des Unglückshuhns völlig blaß und schäbig aus, und er sprach zornig zu dem Unglückshuhn: »Sprechen Sie mich bloß nicht an, Sie aufgedonnerte Person! Der Wurm krümmt sich einem ja im Magen, wenn man solch eitles Geprahle sieht! Mit Ihnen rede ich überhaupt kein Wort mehr!«
Da war das Unglückshuhn ebenso allein und traurig wie vorher. Kümmerlich saß es in den Ecken herum und seufzte: »Ach, spräche doch einmal ein nettes Huhn ein paar freundliche Tucktuck mit mir. Ach, sähe mich doch einmal der stolze, bunte Hahn liebevoll an! Ach, könnte ich doch einmal ein ganz gewöhnliches Hühnerei legen! Puttputtputt, ich bin ein rechtes Unglückshuhn!«
Unterdessen war das Hexlein weiter über Land geflogen, bis es zu dem kaiserlichen Palast kam. Da saß die Tochter des Kaisers am Fenster und stickte. Das Hexlein sah sie sitzen und merkte, wie schön und lieblich sie war, und es dachte in seinem bösen Herzen: ›Das wäre doch das größte Unheil, das ich anrichten könnte, wenn ich des Kaisers Tochter krank machte.‹ Und das Hexlein verwandelte sich flugs in ein Marienkäferchen und setzte sich auf den Stickrahmen der Kaiserstochter.
Die sah das Marienkäferchen und sprach: »Liebes Käferchen, flieg wieder auf ein grünes Blatt. Hier auf meinem Stickrahmen steche ich dich noch gar.«
Als sie aber beim Sprechen den Mund aufmachte, flog ihr das Marienkäferchen direkt in den Mund hinein. Davon, weil das Hexlein so giftig und böse war, wurde die Prinzessin auf der Stelle todsterbenskrank. Sie sank von ihrem Stuhle und war so blaß wie ein Laken auf der Bleiche.
Da ließ ihr Vater, der Kaiser, alle Ärzte zusammenrufen. Und sie klopften und horchten an der Prinzessin herum, sie gaben ihr süße und saure und bittere Medizinen, sie machten ihr trockene Umschläge und packten sie in nasse Tücher, sie ließen sie schlafen und weckten sie wieder auf, sie gaben ihr zu essen und verboten ihr alles Essen, sie machten ihr Zimmer dunkel und trugen sie dann wieder in die Sonne, sie maßen Fieber und zählten ihr den Puls – kurz, sie taten alles, was Ärzte nur tun können. Bloß auf das eine rieten sie nicht, daß die Prinzessin ein Marienkäferchen verschluckt hatte, das eine böse Hexe war.
Darüber wurde die Prinzessin kränker und kränker, und es ging mit ihr bis nahe an den Tod. Ihr Vater, der Kaiser, geriet in große Sorge um seine Tochter, sein geliebtes Kind, und er ließ im ganzen Lande bekanntmachen, wer seine Tochter von ihrer Krankheit heile, solle die Hälfte seines Königreichs