Die Geschichte des Institutes für Ur- und Frühgeschichte an der Universität zu Köln. Martina Dr. Schäfer

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Название Die Geschichte des Institutes für Ur- und Frühgeschichte an der Universität zu Köln
Автор произведения Martina Dr. Schäfer
Жанр Документальная литература
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Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783745017182



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getönter Denunziation in den «Studien zum autoritären Charakter»: Schliesslich gibt es Belege in unserem Material, dass das Aggressivitätsklischee verdrängter Sexualität entspringt. Hier glaubt man die Juden unbehindert von Massstäben puritanischer Moral; je strenger man aber selbst an diesen festhält, desto begieriger lässt man sich über die vermeintlich schmutzigen Sexualgewohnheiten der Juden aus. Wenn das »üppige Essen» der Juden noch unbeanstandet bleibt, in der sexuellen Sphäre wird die angeblich ungehemmte und daher abstossende Sinnlichkeit nicht toleriert. (ADORNO 1999, 156)

      «Orgien», sexuelle Ausschweifungen und, wie weiter unten noch zu lesen ist, «Geschäftigkeit» sind Stereotypen antisemitischer Hetze, unter denen dann auch anscheinend jene Leute zu leiden hatten, die «nur!» mit jüdischen MitbürgerInnen verheiratet waren. Desweiteren wurde abermals auf Herbert Kühns Interpretation des Hakenkreuzes hingewiesen: Jetzt sollte er gesagt haben, dass dieses von den Juden stamme. (Wöhrmeyer an Frielingsdorf, 29.5.1934 UAK Zug 17/3213)

      Was wahrscheinlich auf jeden Nationalsozialisten wie ein rotes Tuch wirken musste. Man warf ihm kritische Bemerkungen über den Nationalsozialismus vor und den Kontakt mit jüdischen Bürgern.

      In das gleiche Horn blies am 7. März 1935 der Gauleiter und Staatskommissar bei der Universität Köln in einem Schreiben an den Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung. Darüberhinaus verwies er noch einmal auf Herbert Kühns ehemalige Mitgliedschaft in der Sozialdemokratischen Partei und beantragte, dass Herbert Kühn entlassen werden sollte, da bei ihm die weltanschaulichen und politischen Voraussetzungen fehlen, welche für dieses Wissensgebiet unerlässlich sind. (UAK Zug. 17/3213)

      An diesem Beispiel ist zu ersehen, wie aus der Mischung von wissenschaftlicher und politischer Aussage die Instrumentalisierung der ersteren kenntlich wird.

      Im September 1934 hatte der Dekan an den Rektor der Universität, Geldmacher auf eine Unterredung zwischen den beiden schriftlich in einer seltsam widersprüchlichen Art und Weise geantwortet: Der Fall K. hat mich in der Nacht nicht zur Ruhe kommen lassen. ... Er schlägt weiter den Entwurf eines Schreibens an den Minister vor: Aus den Personalakten des nichtbeamteten a.o. Professors Dr. Kühn gewinnt man den Eindruck eines Mannes, der ganz abgesehen von den persönlichen Veranlagungen durch seine Geschäftigkeit unsympathisch wirkt. Ich verstehe es, wenn so zeitweise der irrige Eindruck entstehen konnte, K. sei Nichtarier. Da aber in der kurzen Zeit bis zum 1. Oktober eine objektive Prüfung der gegen K. sachlich erhobenen Vorwürfe nicht mehr möglich ist, … so vermag ich...nicht zu verantworten, dass ... Massnahmen gegen K. erfolgen m ü s s e n. (UAK Zug. 197/769) Ich habe diesen ungeheuer verklausulierte Satz auf seine wichtigste Aussage hin verkürzt. «Müssen» ist im Original gesperrt gedruckt.

      In dieser Haltung bestärkt mich der Ton, in dem einzelne Beschuldigungen vorgebracht werden, der m. E. mehr eine Voreingenommenheit gegen K. als ein aufrichtiges Interesse für die Sache verrät. (UAK Zug. 197/769)

      Und eine Fussnote im selben Schreiben: ...Zudem wird die Vorlesungstätigkeit des Herrn K. von zuverlässiger Seite auch positiv bewertet. (UAK Zug. 197/769)

      (Weitere Erläuterungen zur Entziehung der Lehrbefugnis von Herbert Kühn siehe auch: GOLCZEWSKI 1988, 183 f.)

      Am 11.4.1935 suchte der Reichs- und Preussische Minister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung beim Universitätskuratorium Köln um eine Stellungnahme an. Es war das die Antwort auf das Denunziationsschreiben des Gauleiters und Staatskommissars vom 7.3.1935. Ausserdem wollte man wissen, wann Herbert Kühn der Lehrauftrag erteilt wurde. (UAK Zug 17/3213)

      Man liess sich erst einmal Zeit mit einer Antwort, denn das Ministerium musste am 1. Juli seinen Erlass vom 11.4. anmahnen: Sollte Berichterstattung nicht innerhalb 8 Tagen möglich sein, so sind Hinderungsgründe anzugeben. (UAK Zug 17/3213)

      Die gab es tatsächlich, denn man schrieb am 26.7. des Jahres dem Ministerium, dass der Dekan der Philosophischen Fakultät in Ferien sei, aber baldmöglichst zurück erwartet würde. Am 30.7. lies dann der Dekan durch Rektor Haberer und das Kuratorium mitteilen, dass Herbert Kühn keinen Lehrauftrag besitze, nur in Erfüllung seiner venia legendi liest. (UAK Zug 17/3213)

      Weiter fuhr er fort: Den Bedenken, welche gegenüber seiner gesinnungsgemässen Geeignetheit, die Frühgeschichte unseres Volkes zu behandeln, geäussert worden sind, muss zugestimmt werden. (UAK Zug 17/3213)

      Und Rektor Haberer setzt noch die Bemerkung darunter: Ich teile die Bedenken, die durch den Herrn Staatskommissar ausgesprochen wurden, vollkommen. (UAK Zug 17/3213)

      Am 31.7.1935 ergänzte das Kuratorium, besser Peter Winkelnkemper, dass man sich den Ausführungen des Dekans und des Rektors anschlösse und bat den Minister Herbert Kühn die venia legendi zu entziehen. (UAK Zug 17/3213)

      Am 1.11.1935 wurde aufgrund des §18 der Reichs-Habilitations-Ordnung vom 13.12.34 Herbert Kühn mit sofortiger Wirkung die Lehrbefugnis an der Universität Köln entzogen. (UAK Zug 17/3213)

      Angesichts dieser Ereignisse wirkt Herbert Kühns Bemühen, in jenen Monaten irgendwie den Anschein der Normalität aufrecht zu erhalten fast tragisch. Über die Verfassung und Gefühlslage Herbert Kühns in dieser durch Verrat und Denunziation geprägten Situation können Akten alleine keine Antwort geben.

      Das Ziel dieser Arbeit, eine erste Bestandsaufnahme der Geschichte des Institutes für Ur- und Frühgeschichte in Köln zu schreiben, lässt es nicht zu, hier weitere Recherchen in Herbert Kühns Nachlass oder biografischen Schriften zu veranstalten.

      Noch am 28.10.1935 reichte Herbert Kühn die Anschlagszettel für seine Veranstaltungen im Wintersemester 1935/36 ein. (UAK Zug 197/768)

      Am 7.11.1935 fragte er an, ob eine Studentin, die ihre Arbeit bereits abgeschlossen habe, noch bei ihm promovieren könne. Am 13.11.1935 antwortete ihm der Dekan, dass das nun doch nicht möglich sei. (UAK Zug 197/768)

      Am 5. Mai 1936 machte Herbert Kühn eine Eingabe, den Erlass vom 1.11.1935 abzuändern, was ihm am 4.6.1936 vom Ministerium abschlägig beschieden wurde.

      Während sich sonst die Universität hier und da für ihre angegriffenen Hochschullehrer einsetzte, erfolgte dies im Falle A2 nicht. Im Gegenteil, man unterstützte Grohés Antrag, obwohl das Verhältnis zwischen den Wissenschaftlern und dem Gauleiter bestenfalls korrekt zu nennen war. ... es drängt sich aber der Verdacht auf, dass die oben zitierte Denunziation, 38 die in die Personalakten aufgenommen worden war, ohne Rücksicht auf die Richtigkeit der Verleumdung wirksam geworden ist. (GOLCZEWSKI 1988, 183)

      F.GOLCZEWSKI (1988) nimmt weiter an, dass diese Denunziation schwerer wog, als die politisch begründeten Argumente. «Jüdisch versippt» hätte zum Zeitpunkt von Herbert Kühns Entrechtung alleine als Argument nicht genügt. (GOLCZEWSKI 1988, 183)

      Glücklicherweise lebte Herbert Kühn, da kein Ordinarius, nicht von seinen Hörergeldern. Seine Ehe war eine sogenannte «priveligierte Mischehe», die einzige Rechtsform, in welcher jüdische Bürger, zumindestens bis 1943, halbwegs ungefährdet leben konnten. (GOLCZEWSKI 1988,184) Man erlaubte Herbert Kühn eine Existenz als Privatgelehrter, dem Vorträge, Veröffentlichungen und Auslandsreisen erlaubt waren. (SCHWABEDISSEN 1967/68, 183)

      Hermann Schwabedissen schrieb 1968 einen Aufsatz über die «Ur- und Frühgeschichte an der Universität zu Köln». Im Rahmen seiner diesbezüglichen Recherchen wandte er sich auch an Herbert Kühn in Mainz mit der Frage: Haben Sie eine Vorstellung davon, worin der letzte (unausgesprochene) Grund für Ihre Entlassung durch die Nationalsozialisten zu suchen ist? (G UFG LA 31 Schwabedissen an Kühn 18. April 1968)

      Wohl die Antwort zitierend, stellte es SCHWABEDISSEN (1967/68) dann folgendermassen dar: Die in Berlin mündlich erteilte Begründung war die, dass Kühn sich den nationalsozialistischen Thesen nicht anschliesse und dass er nicht bereit gewesen sei, zu erklären, dass die Kultur aus dem Norden komme. (SCHWABEDISSEN, H. 1967/68, 183)

      Herbert Kühn lebte als Privatgelehrter und gab weiterhin die Zeitschrift IPEK heraus. Am 28.8.1945 bat Herbert Kühn in einem Schreiben an den Oberbürgermeister von