Juwelen, Mörder, Tote - Sechs Extra Krimis Juni 2018. Alfred Bekker

Читать онлайн.
Название Juwelen, Mörder, Tote - Sechs Extra Krimis Juni 2018
Автор произведения Alfred Bekker
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783742734396



Скачать книгу

es abermals 'Plop!' machte. Die erste Kugel hatte den Narbigen in der Brust getroffen, die zweite mitten in der Stirn. Jetzt lag er der Länge nach hingestreckt und mit starren Augen da.

      Elsa hörte Schritte im Flur. Schon bevor diese Schritte das Wohnzimmer erreichten, wusste sie, wer gekommen war. Sie erkannte ihn am Gang.

      „Robert!“, rief sie.

      Robert war an der Tür stehengeblieben. Er warf einen kurzen Blick zu ihr, bevor er sich zunächst einmal dem Toten zuwandte. Elsa sprang auf und kam zu ihm herüber, während er sich über den Narbigen beugte und dessen Taschen durchsuchte. Er fand einen italienischen Pass, blätterte darin und steckte ihn dann ein.

      „Ich dachte, du kommst erst morgen“, sagte sie.

      „Es sollte eine Überraschung sein!“, meinte Robert sarkastisch. Dabei steckte er seine Waffe ein.

      Elsa berührte seine Hand. Sie fühlte sich kalt an. Elsa schmiegte sich an ihn, und er strich ihr mit der Linken über das Haar.

      „Ich bin so froh, dass du wieder da bist“, sagte sie, und sie meinte das auch so. Gleichzeitig aber spürte sie ganz deutlich die Kluft, die plötzlich zwischen ihnen lag. Es war eine merkwürdige Fremdheit. Sie hatte ihren Kopf an seine Brust gelegt und fragte sich auf einmal, was sie dort eigentlich machte. Eine sehr stürmische Begrüßung war das nicht gewesen aber das war beiderseitig.

      Elsa löste sich von ihm, schluckte, rieb sich die Hände und strich sich die Haare aus dem Gesicht.

      Einen Moment nur streifte ihr Blick die starren Augen des Narbigen. Es war eher Zufall, aber Elsa wandte schnell den Kopf und schaute woandershin.

      „Ich bin froh, dass dir nichts passiert ist“, sagte sie - und zwar in erster Linie, weil sie das Gefühl hatte, jetzt irgend etwas sagen zu müssen.

      Roberts Blick blieb an ihr haften.

      Elsa fühlte diesen Blick fast körperlich und erwiderte ihn schließlich.

      „Woran hast du gemerkt, dass hier etwas nicht stimmt?“, fragte sie.

      „Ich wusste es nicht“, erwiderte er.

      „Aber, wenn du es nicht gewusst hast...“

      „Ich habe es eher geahnt. Ich weiß nicht, vielleicht war es irgend etwas an der Geräuschkulisse beim Telefonanruf gestern, was nicht stimmte. Vielleicht auch, weil du so verändert wirktest.“

      „Wenn ich dich gewarnt hätte, hätten sie mich erschossen“, sagte Elsa. Und dann berichtete sie in knappen Worten, was sich zugetragen hatte. Sie hatte Mühe, die Tränen zurückzuhalten.

      Mit regungslosem, aber aufmerksamen Gesicht hörte Robert ihr zu.

      „Sie sind zu zweit“, sagte Elsa. „Der andere ist in die Stadt gefahren, um einzukaufen. Allzulange kann es nicht mehr dauern, bis er zurückkehrt...“

      Robert nickte.

      „Gut“, murmelte er.

      „Was sollen wir machen?“, fragte Elsa. Sie überlegte. Dann meinte sie: „Du bist mit einem Taxi gekommen, nicht wahr?“

      „Ja.

      „Aber in der Garage steht Aziz' Wagen. Sie haben ihn erschossen, weißt du?“

      „Nein, das wusste ich nicht.“

      „Seine Frau auch und auch den Mann, mit dem sie gekommen war, um sich nach Aziz zu erkundigen, nachdem er die Nacht über nicht nach Hause gekommen war.“ Sie schluckte. „Sie hätten mich auch erschossen, wenn ich meine Rolle als Lockvogel zu Ende gespielt hätte, nicht wahr?“

      „Das ist zu vermuten!“

      „Lass uns von hier verschwinden, Robert! So schnell es geht! Ich bitte dich!“

      Um Roberts Mund zuckte es. Er schüttelte den Kopf.

      „Nein“, sagte er. „So geht das nicht!“

      „Aber der Zweite wird zurückkommen! Und er wird dich nach wie vor töten wollen! Und mich wahrscheinlich auch!“

      Robert machte eine unbestimmte Geste.

      „Wahrscheinlich hast du recht!“, sagte er. „Aber davonzulaufen hat in dieser Situation keinen Sinn. Ich werde hier auf ihn warten.“

      „Und dann?“, fragte Elsa.

      Er bedachte sie mit einem verständnislosen Blick. Seine Augen hatten sich ein wenig verengt, und Elsa empfand wieder dieses seltsame Gefühl der Fremdheit.

      „Was soll das heißen - 'Und dann?'“ fragte Robert zurück.

      „Was wirst du tun, wenn er zurückkehrt?“

      „Ihn erschießen. Was sonst?“

      „Robert, gibt es denn keine andere Lösung?“

      Er zuckte mit den Schultern.

      „Sag mir eine! Meinst du vielleicht, es wäre besonders intelligent, zur Polizei zu gehen und denen dieses Haus voller Leichen zu präsentieren?“ Er schüttelte den Kopf. „Ich habe keinen Vetter bei der hiesigen Justiz! Außerdem wird dieser Bluthund nicht aufgeben! Er wird versuchen, mich zur Strecke zu bringen. Der Kerl hat es geschafft, mich hier aufzutreiben. Er wird es auch an jedem anderen Ort irgendwann schaffen.“ Robert schüttelte den Kopf. „Nein“, murmelte er. „Es ist das Beste, wenn ich die Sache hier und jetzt zu Ende bringe!“ Er zuckte mit den Schultern. „Zumindest zu einem vorläufigen Ende!“

      Elsa taumelte ein paar Schritte zurück und ließ sich auf die Couch fallen.

      Robert ging unterdessen in die Küche und holte sich eine Flasche Mineralwasser aus dem Kühlschrank. Er nahm kein Glas, sondern trank gleich aus der Flasche und schloss dabei die Augen.

      Elsa sagte: „Es macht dir nichts aus, nicht wahr?“

      Es war eher eine Feststellung, als eine wirkliche Frage. Und ihr Ton war sehr ernst.

      Er nahm noch einen tiefen Schluck und setzte die Flasche dann auf dem flachen Wohnzimmertisch ab.

      „Was?“, fragte er. „Was scheint mir nichts auszumachen?“

      „Einen Menschen umzubringen!“

      „Willst du mir jetzt eine Predigt halten, Elsa?“

      „Nein. Auf diesen Gedanken käme ich nicht. Ich bin kein kein Pastor.“ Und dann, nach einer kurzen Pause setzte sie hinzu: „Ich bin nicht dein Vater!“

      Robert atmete tief durch.

      „Wenn ich am Leben bleiben will, muss ich ihn umbringen. So einfach ist das.“

      „Ich weiß das, Robert!“

      „Auch wenn es in deinen Augen hart klingt, so ist es nun einmal. Du brauchst kein Mitleid mit diesen Leuten zu haben. Sie hätten auch keines mit dir gehabt!“

      Plötzlich schien es Elsa, als würde Robert sie mit seinem Blick förmlich durchbohren. Verzweifelt schien er in ihren Zügen lesen wollen. Sie erwiderte den Blick, fürchtete aber insgeheim, dass er bei seinem Bemühen, in ihr zu lesen, Erfolg haben könnte.

      „Was haben dir diese Kerle über mich erzählt?“, fragte er kühl.

      „Einiges“, flüsterte sie. Nachdem sie sich dann geräuspert hatte, setzte sie hinzu: „Und das meiste hat mir nicht gefallen!“

      Er lächelte schwach.

      „Du bist eine schnelle und harte Richterin“, murmelte er. „Du hast den Stab über mich gebrochen, ohne mich anzuhören.“

      Elsa vermied es, ihn direkt anzusehen.

      „Sie haben gesagt, du seist ein Killer!“, sagte sie. „Ein Mann, der für Geld Mordaufträge ausführt!“

      „So, haben sie