Название | Tod auf dem Sockel |
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Автор произведения | Günther Seiler |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783738019766 |
Sie trank einen Schluck Rotwein, nein sie nippte wie immer an dem Glas, wartete etwas, wahrscheinlich wie sich der Wein im Mund anfühlte und sie sah ihn aufmerksam an. Wie auch sonst war ihr Rat kurz und knapp: „Deine Pension ist sicher, du hast keine Abzüge zu erwarten und reiche doch einfach deine Versetzung zu höheren Aufgaben in dem Hotelgewerbe nach Worpswede ein, denn ich brauche hier dringend einen guten Portier und Kofferträger.“ Sie lachte und ihre Grübchen sahen aus wie früher. Er musste in solchen Fällen immer auf ihre Grübchen schauen, wie seinerzeit, als er sie kennenlernte. Damals sagte sie: „Wo starren Sie hin? Sehen Sie mir ruhig in die Augen.“ Er wurde damals sicher das erste Mal in seinem Leben richtig rot im Gesicht. Nun gut sagte er wieder, hielt sein Rotweinglas in der Hand: „Warum auch nicht, aber ich setze als Page kein Käppi auf, eine Uniform habe ich ja vom Dienst her im Schrank hängen.“ Sie mussten beide herzlich lachen. Sie stießen mit den Gläsern an und ein leises klingendes Geräusch war zu hören. „Auf den neuen Pagen für den Fahrstuhl ohne Käppi“, sagte sie weiter lachend. Sie beugte sich nach vorne und gab ihrem Mann einen Kuss auf die Wange.
Durch eine gute berufliche Zusammenarbeit kamen sich Enno und Theo freundschaftlich näher. Auch die Malschule seiner Ehefrau fand Enno sehr interessant. Er hörte sich einige Vorträge über die Kunst des Malens und der Bildhauerei an. Manchmal musste einer einem die Schleier von den Augen nehmen und man war sehr erstaunt, welche Interessen jemand plötzlich entwickeln konnte oder welche Neigungen zur Malerei in einem steckten. Wenn man dann von Bekannten nach einem Mallehrgang bei der Besichtigung seines Werkes hörte, oh, das hast du gemalt, das finde ich ja richtig gut. Man fühlte sich schon wie ein kleiner Künstler. Enno nahm sich vor, auch einmal bei ihr einen Mallehrgang zu belegen. In langen und vielen Nächten diskutierten sie bei einem guten Tropfen Wein über die Kunst und mit Theo diskutierte er viele Gespräche über die Kriminalistik. Die Familie Brunckhorst war auch schon oft bei Enno auf dem Anwesen in Trochelwarft eingeladen. Auf Partys lud man sich gegenseitig immer wieder ein. Es stimmte schon, man kam sich freundschaftlich näher und sie fühlten sich miteinander verbunden. Seit der damaligen Entscheidung, den Polizeidienst zu quittieren und das mühselige Leben, wie Theo lachend Freunden gegenüber einmal bemerkte, das Leben eines Pensionärs, natürlich nicht als Rentner, das sind die anderen, zu beginnen, war schon einige Zeit vergangen. Theo musste sich neu sortieren, denn er wollte um alles in der Welt nicht auf einer Parkbank mit Taubenanschluß zum Füttern enden. Er stellte sich auch vor, wie er auf einer Parkbank in Worpswede saß, um einmal den Touristen in der Hauptstraße wehmütig nachzublicken. Wenn keine Touristen in Worpswede vorhanden waren, würde er mit seinen neuen gefiederten Freunden reden und sie füttern. Ihr seid alles, was ich habe und ihr versteht mich mit meinem gebrochenen Herzen, keiner mag mich. Keiner hat mich richtig lieb. Was er von seiner Frau erntete, war ein nachdenklicher und sorgenvoller Blick für seine Zukunft als Pensionär.
Also, es wurde als Pensionär kräftig in die Hände gespuckt und angepackt. Das Hotel sollte erweitert werden und dazu sprachen sie einen befreundeten Architekten an. Die Zeichnungen sowie die Hotelerweiterung wurden unter der Aufsicht des Herrn Baurates Theo Brunckhorst vorgenommen. Auch wenn beim Haare raufen die letzten Büschel bei Theo für den Neuanbau zum Opfer fielen, weil nicht alles auf Anhieb klappte, war er zum Abschluss recht zufrieden. Das Hotel war noch schöner und heller als vorher. Das großzügige neue Atelier war schon ein Hingucker für sich. Die angereisten Gäste für die Malkurse blieben erst einmal staunend in der Tür zum Atelier stehen. Das ganze Ambiente des Hotels und auch die Außenanlage mit den alten großen Bäumen, die ausreichend Schutz vor der Sonne gaben, waren einfach ein Genuss. Hier konnte man in Ruhe ungestört malen sowie bildhauerisch unter einer Anleitung von Fachleuten tätig werden. In der neuen angebauten Werkstatt wurden auch qualifizierte Töpferkurse angeboten. Hier war ein kreatives Auftanken möglich, denn nur an einem sonnigen Strand zu liegen, konnte auch für eine gewisse Zeit schön und erholsam sein. Doch viele Leute hatten eine innere Freude und Zufriedenheit daran, wenn sie ihr Meisterwerk betrachteten und zuhause zeigen konnten. Einige angehende Künstler und auch richtige Künstler hatten ihre Werke hier aufgehängt. Im Skulpturengarten auf dem Anwesen standen schon einige ansehnliche Kunstwerke, die auch von der Fachwelt durchaus bewundert wurden.
Am nächsten Tag stand Enno sehr spät auf, nach dem Frühstück ging er in seine Bibliothek und vorher sagte er Heinrich Bescheid, dass er die Einladung von Frau Brunckhorst annehmen wollte. Heinrich möchte ihn bitte gegen Nachmittag zu den Brunckhorst fahren. Das Mittagessen und das Abendbrot für ihn fielen demnach aus, das möchte er bitte der Köchin Hiltrud mitteilen. Durch die Abwesenheit von einigen Tagen war eine Menge an Post eingegangen und Enno wollte bis zur Abfahrt noch einiges aufarbeiten. Auch wollte er wichtige Notizen