Название | Reisen Band 2 |
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Автор произведения | Gerstäcker Friedrich |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783753132471 |
Durch das Ausmieten an Einwanderer oder ärmere Leute, die eben mit der Landwirtschaft beginnen wollen, bekommt er sein Land nach und nach urbar gemacht, und die Pächter selber stehen sich vollkommen gut dabei, da sie wenig Auslagen haben und die ersten zwei Jahre den gemieteten Platz, den sie freilich auch erst urbar machen müssen, rentenfrei erhalten. Die spätere Pacht ist dann ebenfalls mäßig genug und der Ansiedler stets im Stande, sich nach und nach Geld genug für sich selber zu verdienen, um auf eigenem Grund und Boden anzufangen. Ebenso brauchte in damaliger Zeit der arme ordentliche Arbeiter, der australischen Boden betrat, selbst wenn er ohne Pfennig da ankam, nie zu fürchten, daß es ihm an Beschäftigung fehlen werde. - Arbeiter waren im Gegenteil das, was gerade fehlte, und Alle fanden ohne Unterschied - der Eine allerdings besser als der Andere - ein Unterkommen. - Das war freilich vor der Entdeckung des Goldes, und die Verhältnisse haben sich in der Hinsicht bedeutend geändert - doch auf alles Das komme ich später zurück. /59/Ich fand hier zwei deutsche Familien, welche von Regierungsgeldern, mit vielen anderen zu derselben Zeit, nach Australien gerufen waren, und hier nun ihr Passagegeld durch einen zweijährigen Contract mit den Ansiedlern hatten abarbeiten müssen. Sie sprachen sich sehr günstig über das Land ans und versicherten mir, wer hier nur arbeiten wolle, komme durch, und könne sich dabei ganz wohl befinden. Freilich gefiel ihnen das stille „Buschlcben" nicht besonders - wer in Deutschland das Geräusch oder auch nur das geselligere Leben der größeren oder kleineren Städte gewohnt war, und dessen Herz vielleicht gar etwas stark an den dortigen Vergnügungsplätzen hing, der wird in a l l e n Ländern, wohin er auswandert und wo sich, eben nur deshalb, seine Verhältnisse so viel besser gestalten als im alten Vaterland, weil es gerade an Arbeitern - also auch an Menschen und deren geselligem Treiben - fehlt, das stets vermissen. Das Waldleben ist eine eigene Sache und muß, wie jedes Andere, erst erlernt, jedenfalls aber auch verstanden werden, und Der, welcher sich, nicht selbst genug sein kann, wird sich selten wohl darin fühlen. Der Einwanderer braucht es ja aber auch nur als eine Vorbereitung zu besseren Verhältnissen anzusehen, denn sein eigener Fleiß ruft ihm Nachbarn herbei, und mit der Zeit bildet sich die „Gesellschaft" eben von selber.
Es ist versucht worden, von China Arbeiter einzuführen, und in manchen Gegenden, am Clarenceriver zum Beispiel und noch an mehreren anderen Orten, haben die Farmer wirklich schon Chinesen in den Wäldern zu Schäfern und anderen Arbeiten. Mit Einigen scheinen sie auch vollkommen zufrieden zu sein, im Ganzen aber glaub' ich nicht, daß ihnen die Chinesen - mancher Eigentümlichkeiten, ja sogar Laster wegen - gefallen, und Alles sehnt sich nach Einwanderern von Europa. Die Deutschen sind ganz besonders gern gesehen.
Ich hatte noch im Sinn, das weiter oben am Fluß liegende Maitland und einige dort in der Nähe wohnende Farmer zu besuchen, wohin mich Herr King sehr freundlich mit einem Einführungsschreiben versah; leider versäumte ich aber das an diesem Morgen durch eine scharfe Brise außergewöhn-/60/lich begünstigte Dampfboot aufwärts, und da mir meine Zeit ein wenig knapp zugemessen war und das Weiter unverkennbar zum Regen einsetzte, so beschloß ich, lieber mit dem gleich darauf stromab kommenden Dampfer nach Sidney zurückzugehen.
Besonderes Interesse erregte damals unseres Landmanns, des Doktor Leichhardt, Schicksal, der auf seiner zweiten Entdeckungsreise - die erste machte er, wie bekannt, unter unsäglichen Gefahren von Moretonsbai nach Port Essington - von demselben Punkt aus gen Westen vordrang, um einen Communicationsweg zu Land nach dem westlichen Teil Australiens aufzufinden, und dessen Zeit zur Rückkehr schon so lange verflossen war, daß man fast fürchten mußte, cs sei ihm in der traurigen Öde des innern Landes ein Unglück zugestoßen. Leichhardt war aber in Sidney viel zu bekannt und zu beliebt, um ihn jetzt seinem Schicksal so ruhig zu überlassen, und mehrere Meetings wurden gehalten, in denen sich die Bürger auf das Energischeste dafür aussprachen, daß eine Petition an die Regierung aufgesetzt würde, um sich der Sache anzunehmen. Se. Excellenz der Generalgouverneur Australiens, Sir Fitz Roy, bewilligte auch 200 Pf. Sterl. zu diesem Zweck, um eine neue Expedition auszurüsten, und ihn entweder aufzusuchen oder über seinen Tod gewisse Kenntniß zu erlangen. Natürlich sollten nur Freiwillige dazu genommen werden, und ich würde mich ungemein gern einem solchen Zuge angeschlossen haben, hätte ich überhaupt noch eine so lange Zeit aus meine Reise verwenden können. Die Expedition konnte kaum unter achtzehn Monaten vollendet sein, mußte dabei erst vollzählig gemacht werden und dann auch noch eine günstigere Jahreszeit abwarten, da die lange anhaltende Dürre im Innern den Tieren jedenfalls verderblich gewesen wäre. Nach Anbruch und wirklichem Eintreten der Regenzeit - denn das vorige Jahr hatte bewiesen, daß im Innern Beides nicht stets zusammen eintrifft - war dann schon besseres Futter zu erwarten.
Überhaupt hat dieser Teil Australiens in den letzten Jahren sehr an Dürre gelitten, was nicht allein dem Ackerbau und den Weiden ungemein nachteilig war, sondern auch /61/ eine Krankheit des Rindviehs zur Folge hatte, die Tausende hinraffte und sogar den Menschen schädlich wurde.
Der Port-Philipp-District wurde dazu noch von einem Waldbrand heimgesucht, der, ich weiß nicht wie viele tausend Acker Busch und Felder, wie Fenzen und Wohnungen niederbrannte und sogar mehrere Menschenleben vernichtete. Eine Menge Vieh ging mit der ganzen diesjährigen Ernte dadurch verloren, und es mußte jetzt von hier aus Getreide hinuntergeschafft werden, von wo es sonst nach Sidney verschifft wurde.
In Sidney fing mir übrigens die Zeit an laug zu werden, es war das einzig kaufmännische Treiben, um das sich hier Alles drehte, und so beschloß ich denn, mit meiner Reise durch das Innere nicht länger zu zögern, stellte meinen Koffer zu Herrn Consul Kirchner ein, der sich freundlich erboten hatte, ihn mit einem in wenigen Tagen nach Adelaide bestimmten Schoner dorthin vorauszuschicken, und frug keinen Menschen mehr über den Marsch selber und die dortigen Indianer - ich hatte die Schaudergeschichten satt, mit denen mich die Leute von meiner Tour zurückhalten wollten. - Es war nichts als Mord und Totschlag und Nierenfettausschneiden, und kommt man nachher an Ort und Stelle, so sind die Gefahren in das Unglaubliche hinein übertrieben gewesen. Es war ja so auf allen den nur etwas außergewöhnlichen Märschen, die ich bis dahin noch gemacht.
Mit Waffen war ich übrigens vollkommen gut versehen, um wenigstens von meiner Seite nichts zu versäumen, und fest entschlossen dabei, mich mit den wilden Stämmen, die, wie ich recht gern glauben wollte, verräterisch genug sein mochten, so wenig als möglich einzulassen. - Das Übrige fand sich an Ort und Stelle. /62/
2.
Postfahrt von Sidney nach Albury.
Die Beförderung von Passagieren und Briefen ist hier in Australien ganz in den Händen von Privatpersonen, die sich kontraktlich verpflichten, die „Mail“, das heißt die Briefsäcke, zu gewissen Stunden an Ort und Stelle zu liefern, und die Passagiere, die ihnen aus Gnade und Ungnade übergeben sind, als eine zwar lästige, aber doch des Gewinnes wegen nötige Zugabe betrachten. In diesem Sinne und von diesem Princip ausgehend, ist auch die ganze Posteinrichtung getroffen, und ein Passagier, der sich auf der „Royal-Mail", wie die Karren prunkvoll genug heißen, einschifft, mag nur seine Seele einstweilen Gott empfehlen und sich ganz und gar mit seinem Körper beschäftigen, denn dessen Mißhandlung wird sicherlich seine ganze Zeit und Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen. Doch zur Sache.
Dienstag, den 22. April, Nachmittags vier Uhr, ging die Post ab. Am Tage vorher hatte ich meinen Passagierschein genommen - das heißt mein Geld gezahlt, denn ein Schein wurde dafür nicht ausgegeben